Tacitus

[352] Tacĭtus (Cajus Cornelius), einer der berühmtesten röm. Geschichtschreiber, wurde zu Terni, dem alten Interamna in Latium, 57 n. Chr. geboren und gehörte einer plebej. Seitenlinie des in der röm. Geschichte hochberühmten Geschlechts der Cornelier an. Unter dem Kaiser Titus wurde [352] T. zum Quästor oder Ädil ernannt und unter dem Kaiser Domitian wurde er 88 n. Chr. Prätor und Mitglied des Collegiums der Funfzehn zur Besorgung der Opfer. Empört über die schlechte Regierung Domitian's, verließ er Rom einige Zeit und kehrte erst unter der Herrschaft des Nerva zurück, welcher ihn 97 n. Chr. zum Consul erhob. T. war ein ausgezeichneter Redner und Sachwalter, erwarb sich aber bleibenden Nachruhm durch seine Geschichtswerke. Er war sehr glücklich mit einer Tochter des Eroberers von Britannien, Agricola, vermählt, lebte mit dem berühmten Schriftsteller Plinius dem Jüngern in genauer Freundschaft und starb noch vor Hadrian's Regierungsantritt. Die Geschichtswerke, welche wir noch von ihm besitzen, sind: die zum Theil verloren gegangenen Annalen, enthaltend die Geschichte der 54 Jahre vom Tode des Augustus bis zum Tode Nero's; die auch nur noch zum Theil erhaltenen Bücher der Geschichte vom I. 69 n. Chr. bis zum I. 71 n. Chr.; ein wichtiges und interessantes Werk über Deutschland und das Leben des Agricola. Diese Werke haben nicht nur als auf sorgfältige Studien gegründete Geschichtsbücher hohen Werth, sondern auch in künstlerischer Beziehung. Man erkennt in ihnen einen hohen, gebildeten, die verwickeltsten Verhältnisse mit seltener Klarheit anschauenden und darstellenden Geist. Eine ungekünstelte Kürze der Schreibart, eine bewunderungswürdige Unbefangenheit und Parteilosigkeit sind charakteristische Eigenthümlichkeiten. Neuere Ausgaben der Schriften des Tacitus sind die von Imm. Bekker (Berl. 1825), Walther (4 Bde., Halle 1831–32) und von Nik. Bach (2 Bde., Lpz. 1834); die Germania erschien besonders mit einer Übersetzung von Walch (Berl. 1829) und von Kießling (Lpz. 1832). Die Werke wurden übersetzt von Woltmann (6 Bde., Berl. 1811–17), Strombeck (3 Bde., Braunschw. 1816). Rickleffs (4 Bde., Oldenb. 1825–27) und Gutmann (5 Bde., Stuttg. 1829–30).

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 352-353.
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