Schrift

1. Alle Schrift muss durch römisch Sieb und Beutel gehen.Eiselein, 555.


2. An der Schrift erkennt man den Schreiber.

Holl.: Men ziet aan het schrijven wel, wat klerken het zijn. (Harrebomée, I, 414a.)


3. Blosse Schrift ohne Siegel gilt nicht.Petri, II, 48.


4. Die heil. Schrift ist ein sölch wasser, darinnen ein grosser elephant schwimmen muss, aber ein lämmlein mit füssen dadurch gehen kann.Aus einer Handschrift von 1624.


5. Machen der Schrifft ein wächsinn nass, heut ist es diss, biss morgen das.Fischart, Die Gelehrten, die Verkehrten, Bl. 5b.


6. Man muss nicht blos die Schriften führen, man muss sie auch recht allegiren.Körte, 5400.


7. Müsste man jeder Schrift glauben, so könnte ein Mann sich leicht reich schreiben. Graf, 458, 546.

Um zu sagen, dass nicht jedes Schriftstück als glaubwürdige Urkunde zu betrachten sei. So galten einseitige Aufzeichnungen schon nichts, wenn sie ein Geständniss enthielten, noch weniger, wenn sie den Vortheil des Schreibenden zum Zweck hatten.

Altfries.: Schelma een sliucht scrift lyowa, so mochte een man hym selff haest ryck scrywe. (Hettema, XVII, 15 [130].)


8. Schreben Schrift blift.Bücking, 330; Hauskalender, III.

Bei den alten Römern hiess es nach Cicero (ep. 89): Die Schrift erröthet nicht. Auch bei uns wird sie nicht roth, wie oft ihr auch Veranlassung dazu geboten wird.


9. Schrift klivt (klebt, haftet, bleibt). (Oldenburg.) – Eichwald, 1690; Frommann, IV, 143, 365.

Holl.: Het geschrift spreekt, als de mond zwijgt. (Harrebomée, I, 231.)


10. Wenn die Schrifft sagt von katzen, so verstehen die Romanisten Aentvögel.Zinkgref, IV, 75.


11. Wenn man die Schrift (die Heilige) zu sehr drückt, so drückt man statt Milch Blut heraus.Sailer, 314.

Dies Wort wird dem Bischof Ulrich zu Augsburg zugeschrieben.


*12. Da muss die Schrift lügen.

Zu ergänzen: wenn das nicht so ist. Betheurungsformel, besonders kirchlicher Reden.


*13. Der Schrift ein wächsene nuss machen. Fischart, Die Gelehrten, die Verkehrten, 1584.


*14. Die Schrift sammt dem Wachs herauskratzen.

Etwas ganz vertilgen, dass auch keine Erinnerung an das Vergangene übrigbleibt. Von dem frühern Schreiben auf Wachstafeln entlehnt.


*15. Er ist der heil. Schrift so froh, als wenn ich kaute Bohnenstroh.

»Vnd sind der heylgen gschrifft so fro als wenn ich kauwet bonenstro.« (Murner, Nb., in. Kloster, IV, S. 633.)


*16. Ueber die Schrift laufen, wie eine Wasserspinne übers Wasser.


[343]

17. Wer die Schrift nicht kennt, sieht im Buche nichts, wenn er auch gesunde Augen hat. Sanders, 95.


*18. Sie legen sich gegenseitig die Schrift aus.

Wenn zwei in lebhaftem Wortwechsel einander die »Wahrheit sagen«.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Therese. Chronik eines Frauenlebens

Therese. Chronik eines Frauenlebens

Therese gibt sich nach dem frühen Verfall ihrer Familie beliebigen Liebschaften hin, bekommt ungewollt einen Sohn, den sie in Pflege gibt. Als der später als junger Mann Geld von ihr fordert, kommt es zur Trgödie in diesem Beziehungsroman aus der versunkenen Welt des Fin de siècle.

226 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon