Zweiter Auftritt.

[106] Patricio. Don Juan.


DON JUAN.

Ei, Patricio!

PATRICIO.

Euer Gnaden

Zu Befehl.

DON JUAN.

Ich sage dir – – –

PATRICIO für sich.

Was hat er zu sagen? – – Mir

Neues Unglück aufzuladen!

DON JUAN.

Lang ist's her, daß heiß verliebt

Ich Aminta's Gunst begehre;

Und ich brach auch – – –[106]

PATRICIO.

Ihre Ehre?

DON JUAN.

Ja.

PATRICIO für sich.

Die Kunde, die er giebt,

Alles sah ich ja vorher.

Wär' sie nicht in Lieb' entglommen!

Wär' er in ihr Haus gekommen?


Laut.


– – 'S ist ein Weib; was braucht es mehr?

DON JUAN.

Sie verzweifelte beinah;

Und ihr Leid kannst du ermessen,

Als sie sich von mir vergessen,

Eines Andern Weib sich sah.

Eilig sandte sie mir nach;

Sieh den Brief, den sie geschrieben!

Ich versprach, sie stets zu lieben,

Wie sie selber mir versprach.

So geschieht's, wie ich gesagt; –

Und nun sorge für dein Leben!

Denn ich will den Tod ihm geben,

Der mein Glück zu stören wagt.

PATRICIO.

Wenn es euer Herz begehrt,

Denkt nicht, daß ich's euch verwehre.

Wenn man spricht von Weib und Ehre,

Sind schon beide nichts mehr werth.

Ist das Weib im Mund der Leute,

Muß ihr guter Ruf entweichen:

Glocken sind sie zu vergleichen,

Die man schätzt nach dem Geläute;

Hört man's ja von allen Zungen,

Daß das Weib im Werthe fällt,

Wenn ihr Ruf so klanglos gellt

Wie die Glocke, die gesprungen.[107]

Da mein Lebensglück zunichte,

Meid' ich diese Weiberbrut,

Die da zwischen Bös und Gut

Wie 'ne Münz' im Dämmerlichte.

– Mag sie lange Freud' euch geben!

Tragen will ich denn den herben

Schmerz der Wahrheit; lieber sterben,

Als in Täuschung länger leben.


Ab.


Quelle:
Molina, Tirso de: Don Juan, der Verführer von Sevilla oder der steinerne Gast. In: Spanisches Theater, fünfter Band, Leipzig [o. J], S. 106-108.
Lizenz:

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