[350] Schmalspurbahnen (narrow gauge railways; chemins de fer à voie étroite; ferrovia a scartamento ridotto), Eisenbahnen mit kleinerer Spur als der Vollspur (1∙435 m).
Inhalt: 1. Entwicklung der S. 2. Verschiedenheit der Spurweiten. 3. Linienführung der S. 4. Unterbau. 5. Oberbau. 6. Bahnhofanlagen. 7. Betriebsmittel der S. 8. Bauwürdigkeit schmalspuriger Bahnen.
Die kleinere Spur gestattet und verlangt teilweise Abweichungen in der Linienführung, im Bau der Bahn und der Betriebsmittel und wohl auch im Betrieb gegenüber den Vollspurbahnen; nur diese Abweichungen sollen im folgenden besprochen werden, u.zw.:
1. Entwicklung der S. Im Jahre 1832 wurde die Festiniogbahn in England eröffnet, die wegen der geringen Breite des als Unterbau benutzten Schutzdamms in der Bucht von Tremadoe, abweichend von den bis dahin ausgeführten Eisenbahnen, eine Spurweite von 1' 11½ Zoll (engl.) = 0∙597 m erhielt. In Österreich gab man der im Jahre 1832 eröffneten Pferdebahn Budweis-Linz und ihrer in den Jahren 18341836 erbauten Fortsetzung über Lambach nach Gmunden die Spurweite von 3' 6'' (österr.) = 1∙106 m entsprechend der in Böhmen und Oberösterreich üblichen Spurweite der Straßenfuhrwerke, die dem Bau der Pferdebahnwagen als Vorbild dienten. Rein wirtschaftlichen Erwägungen verdankte die Schmalspur ihre Anwendung bei der 50 km langen, vorwiegend dem Personenverkehr dienenden Eisenbahn von Antwerpen über St. Nikolas und Lokeren nach Gent; trotz der günstigen Gestaltung des durchaus ebenen Geländes wählte man statt der Vollspur die Spurweite von 1∙151 m, um die Anlage- und Betriebskosten zu vermindern. In Frankreich war in den Jahren 18371840 die 10 km lange, für den Güterverkehr bestimmte Pferdebahn von Creusot am Zentralkanal mit der Spurweite von 1∙30 m erbaut worden.
Bis zu Anfang der Sechzigerjahre des vorigen Jahrhunderts wurden nur vereinzelt kürzere S. erbaut, bei denen das Bestreben, der schmalen Spur eine Berechtigung im Eisenbahnnetz zu gewähren, also die Anerkennung ihrer großen wirtschaftlichen Bedeutung, nicht zum Ausdruck kam. Nun erst vollzog sich, allerdings langsam, eine erfolgreiche Wandlung.
In Frankreich empfahl Eugène Flachat im Jahre 1861 die umfangreiche Anwendung der schmalen Spur, um hierdurch die Baukosten der Linien in schwierigem Gelände und mit geringem Verkehr herabzudrücken und so die Erfüllung der von 62 Departements begehrten Eisenbahnbauten zu ermöglichen. Das französische Lokalbahngesetz vom Jahre 1865 stellte auch, wenigstens stillschweigend, die Schmalspur für alle in Betracht kommenden Verhältnisse der Vollspur vollkommen gleich; aber die Abneigung der Bevölkerung gegen die Schmalspur wurde nur langsam überwunden; erst 20 Jahre später drängten die ungünstigen wirtschaftlichen Erfahrungen mit vollspurigen Nebenbahnen und das wachsende Bedürfnis nach Aufschluß verarmter und verarmender Gegenden durch Eisenbahnen zur Wahl der Schmalspur, deren Anwendung nun rasche Fortschritte machte.[350]
In Deutschland, wo die im Jahre 1862 mit 0∙785 m erbaute Bröhltalbahn (Rheinprovinz) lange ohne Nachahmung blieb, beleuchtete der spätere sächsische Geheime Finanzrat C. Köpcke auf der Versammlung des Verbandes deutscher Architekten- und Ingenieurvereine in Hamburg (1868) die großen Vorteile der schmalen Spur und regte eine lebhafte Erörterung der Frage in technischen und wirtschaftlichen Kreisen an. Im Jahre 1876 fanden die Eisenbahnen mit 1 m und 0∙75 m Spurweite auch Beachtung in den vom VDEV. aufgestellten »Grundzügen für die Gestaltung der Sekundäreisenbahnen«. Nachhaltig wirkten der Bau der 7 km langen Bahn von Ocholt nach Westerstede (0∙75 m, 1876) und jener der 44 km langen Feldabahn (1 m, 1878); entscheidend aber war der im Jahre 1879 gefaßte Entschluß der kgl. sächsischen Regierung, »diejenigen Nebenlinien, die nur bestimmt sind, neue Landesteile aufzuschließen und mit dem bestehenden Bahnnetz zu verbinden, somit nur als Zuführungsstraßen für die Hauptbahnen zu dienen haben«, mit der Spurweite von 0∙75 m auszuführen.
Nicht minder bedeutungsvoll für die Entwicklung der S. waren die Erfolge der mit 0∙76 m erbauten, 145 km langen Bahn von Bosnisch-Brod nach Zepce (Bosnien) und die umfangreiche Anwendung der schmalen Spur bei dem Ausbau des Eisenbahnnetzes in Norwegen und Schweden.
Bei der Besetzung Bosniens durch die österreichisch-ungarischen Truppen im Jahre 1878 wurde die für die Verpflegung der Truppen dringend notwendige Bahn von Bosnisch-Brod ins Innere des Landes unter Verwendung der vom Bau der Linie Temesvar-Orsova noch vorhandenen und frei verfügbaren Lokomotiven und Wagen mit 0∙76 m Spurweite hergestellt und in Betrieb genommen. Bei dauerndem Ausbau und bei Fortsetzung der Bahn behielt man die schmale Spur bei, während der Unterbau die für Vollspur notwendigen Ausmaße erhielt. Erst in jüngster Zeit wurde der Umbau der militärisch wichtigsten Linien auf Vollspur beschlossen.
In Norwegen und Schweden führte die Bodengestaltung schon frühzeitig zur Aufnahme der Schmalspur als vollberechtigtes Glied in das Eisenbahnnetz. In Norwegen baute der Staat alle Bahnen, die nicht eine Verbindung mit Vollspurbahnen des Nachbarlandes herstellten, aus wirtschaftlichen Gründen mit schmaler Spur, so daß zu Ende des ersten Halbjahrs 1891 hier schon 969 km schmalspuriger Bahnen bestanden. In Schweden sah die Privatbautätigkeit, der der Staat die Zweigbahnen untergeordneter Bedeutung überließ, in der Anwendung der schmalen Spur ein wirksames Mittel zur Herabminderung der Baukosten, so daß im Jahre 1905 schon 30% aller Privatbahnen schmalspurig waren.
Ausgedehnte Anwendung fand die Schmalspur in Belgien seitens der im Jahre 1885 begründeten »Société des chemins de fer«, die unter Mitwirkung des Staates, der Provinzen und Gemeinden Nebenbahnen erbaut (s. Art. Belgische Nebenbahnen), wie auch bei den Straßenbahnen in den Niederlanden und in Italien. Das Eisenbahnnetz Griechenlands besitzt entsprechend den Schwierigkeiten des Geländes mit Ausnahme einer einzigen Linie nur S.; ebenso hat Spanien seit dem Jahre 1880 den Ausbau seines Bahnnetzes durch Anwendung der Schmalspur gefördert. In England ist infolge der großen Entwicklung des Eisenbahnnetzes und in Rücksicht auf seine Bodengestaltung kein lebhaftes Bedürfnis für S. vorhanden.
Über die Länge der S. in europäischen Staaten gibt die nachstehende Übersicht einige Anhaltspunkte; Straßenbahnen sind nicht inbegriffen.
Übersicht der Länge der S. in europäischen Staaten.
Außerhalb Europas hat die Schmalspur überall, wo die Eisenbahn nicht dem unmittelbaren Einfluß Englands unterstand (wie z.B. in Britisch-Ostindien), schon frühzeitig ausgedehnte Anwendung gefunden, namentlich zur Erschließung und Kultivierung unbesiedelter Gegenden. Das war namentlich in den Vereinigten Staaten Amerikas, in Argentinien, Brasilien, Bolivia der Fall, in welchen Ländern auch Gebirgsbahnen mit der Bedeutung von Hauptbahnen, z.B. Bahnen über die Anden, schmalspurig erbaut wurden. In Asien besitzen[351] Japan, Sumatra und Java schmalspurige Eisenbahnnetze. In Afrika hatte Algerien schon 1903 über 1100 km schmalspurige Bahnen neben 1900 km vollspuriger Bahnen. Hier wurden alle neueren Bahnen, so die Beirabahn, die Kongobahn, die Bahnen von Tanga nach Muhasa, von Swakopmund nach Windhoek, von Dar es Salam nach Morogoro und die Togoeisenbahn, mit schmaler Spur hergestellt. In Australien waren die Voll- und Breitspur lange alleinherrschend; später ging man aber doch, durch die großen Geländeschwierigkeiten bedrängt, zur Schmalspur über, die in Queensland, Westaustralien, Tasmanien und Neuseeland, z.T. auch in Südaustralien vorwiegt.
Übersicht der Länge der S. in außereuropäischen Staaten.
2. Verschiedenheiten der Spur. Von der Freiheit, die bei der Wahl der Spur besteht, sobald nur einmal die Vollspur außer Betracht bleibt, ist bisher ausgedehnter Gebrauch gemacht worden. Die Spur der S. schwankt von 0∙50 m an bis dicht an die Grenze der Vollspur. In dem Maße, als sich die Wahl der Spur über den Einfluß des Zufalls und rein persönlicher Anschauungen erhob und technisch-wirtschaftliche Erwägungen sowie Erfahrungen maßgebend wurden, reifte auch die Erkenntnis, daß Unterschiede von einigen Zentimetern in der Spur belanglos erscheinen und mit wenigen Spurmaßen das Auslangen zu finden ist. In diesem Sinne sind jetzt 1 m, 0∙75 m und 0∙60 m die gebräuchlichsten Spurweiten.
Die Spur von 1 m (Meterspur) hat in Belgien, Frankreich (Kolonien), Griechenland, Preußen, in der Schweiz und Ungarn Anwendung gefunden. Die Usambara- und Ugandabahn, die ostafrikanischen Bahnen sowie Bahnen in Ostindien und Südamerika, namentlich Brasilien haben gleichfalls die Meterspur. Der Meterspur nahe verwandt sind die sog. Kapspur, d.i. die Spurweite 1∙067 m (= 37½ englisch), die in den Niederlanden, in Norwegen, Japan, Java, Amerika, Afrika und Australien zur Ausführung kommt, und die Spurweite 0∙95 m, mit der in Italien viele Bahnen gebaut wurden. In den Vereinigten Staaten finden sich hauptsächlich die Spurweiten 1∙068 m und 0∙915 m. Die Spur von 1∙05 m hat die Hedschasbahn.
Die Spur von 0∙75 m (75 cm-Spur) findet sich in Sachsen, wo sie als amtliches Spurmaß aufgestellt ist, in Preußen, Württemberg. In Österreich ist nur die Spur von 0∙76 cm gestattet, seitdem die bosnischen Bahnen mit diesem Spurmaß erbaut worden sind. Serbien hat auch diese Spur gewählt; sie findet sich in Ungarn, Norwegen, Ägypten, bei der Kongobahn, in Mexiko u.s.w. Ähnliche Spuren sind 0∙80 m (in der Schweiz viel angewendet), 0∙725 m (Saarbrückener S.), 0∙785 m (Bröhltalbahn).
Mit der Spur von 0∙60 m (Decauvillespur) wurden früher nur Feld-, Wald- und Arbeitsbahnen erbaut. Decauville zeigte auf der Weltausstellung in Paris (1889) die Verwendbarkeit dieser Spur für Kleinbahnen mit Lokomotivbetrieb und Personenverkehr. Seit dieser Zeit gewinnt sie an Verbreitung auch in Deutschland, namentlich in Preußen (Landkreisbahnen in Bromberg, Znin u.s.w.). Mit dieser Spur sind u.a. die Bahnen in Deutsch-Südwestafrika (s.d.), die Darjeelingbahn (Himalayabahn, s.d.) und Bahnen in Australien erbaut.
Bahnen mit kleineren Spuren als 0∙60 m kommen außer bei Arbeitsbahnen nur selten vor. Vgl. über Spurweite der S.: Robert Sieger, Wegbahn und Spur, Wien 1916.
Die Anwendung einer einheitlichen Schmalspur innerhalb zusammengehöriger größerer Gebiete wie dies z.B. in Sachsen und Österreich der Fall ist bietet die Vorteile einfacher, weil einheitlicher Bauweise der Fahrbetriebsmittel und der gegenseitigen Aushilfe mit solchen auf den verschiedenen Bahnen, ist also namentlich vom militärischen Standpunkt aus empfehlenswert; anderseits wird hierdurch die volle Ausnutzung der wirtschaftlichen Eigenart der Schmalspur, die das innigste Anschmiegen an das Gelände und an die bestehenden Verkehrsbedürfnisse ermöglichen soll, beschränkt. Für kleine Gebiete, in denen die technischen und wirtschaftlichen Verhältnisse weniger verschieden sind (z.B. Königreich Sachsen, Belgien), kann gegen ein Standmaß der Schmalspur kaum ein Bedenken obwalten. Welche Spur gewählt werden soll, hängt wohl von örtlichen Umständen ab und kann nur fallweise entschieden werden. Zumeist treten die Meterspur und die 75 cm-Spur in Wettbewerb.
3. Linienführung der S.
a) Krümmungshalbmesser. Nach den theoretischen Untersuchungen Boedeckers (»Die Wirkungen zwischen Rad und Schiene«, Hannover 1887) bleibt der Krümmungswiderstand unverändert, wenn in gleichem Verhältnis mit der Spurweite auch der Radstand, der Raddurchmesser, der Spielraum im Gleis und der Krümmungshalbmesser des Gleises abnehmen. Wenn nun auch der Raddurchmesser mit der Verminderung der Spurweite nicht gleichmäßig verkleinert wird, so kann doch im Hinblick[352] auf den unerheblichen Einfluß desselben auf die Größe des Krümmungswiderstandes bei gleichmäßiger Verkleinerung des Radstandes mit der Spurweite angenommen werden, daß ein Bogen von 50 m Halbmesser bei 0∙75 m Spur oder von 70 m Halbmesser bei der Meterspur keinen größeren Widerstand bietet als ein Bogen von 100 m Halbmesser bei der Vollspur. Von diesen auf Erfahrungen beruhenden Annahmen ausgehend kann man setzen:
worin wrkg/t den Krümmungswiderstand, sm die Spurweite, rm den Krümmungshalbmesser bezeichnen. Nimmt man wrkg/t = 10kg/t als Grenzwert des zulässigen Widerstands bei der Vollspur für r= 100 m an und läßt diesen Grenzwert auch für die Schmalspur gelten, so erhält man für den kleinsten Krümmungshalbmesser die Formel
rm = 70 sm 1)
Da erfahrungsgemäß der Krümmungswiderstand bei kleineren Halbmessern sehr rasch zunimmt und sich schon bei einem gewissen endlichen Halbmesser dem Wert »unendlich« nähert, so wird der Krümmungswiderstand vielfach auch nach der Formel
2)
berechnet, worin r0 jenen Halbmesser (in m) bezeichnet, für den wrkg/t = ∞ wird; r0 sollte jedenfalls eine Abhängige von dem Achsstand sein, welche Forderung bei S. leichter erfüllbar ist als bei Vollspurbahnen, in deren Zügen doch Wagen mit sehr verschiedenen Achsständen laufen. Die Werte k und r0 sind natürlich für die verschiedenen Spurweiten verschieden; unter Annahme eines zulässigen größten Krümmungswiderstandes wrkg/t kann dann der unterste Grenzwert des Halbmessers rm ermittelt werden.
Nach Formel 1 ergibt sich annähernd genau bei Zulässigkeit eines kleinsten Halbmessers von r1 = 100 m für die Vollspur
für | s = 1 m | 0∙750 m | 0∙600 m |
für | r1 = 70 m | 50 m | 40 m |
für die Werte k und rm in Formel 2 werden von verschiedenen Fachschriftstellern auch verschiedene Werte angegeben; so empfehlen:
für | s = 1 m | 0∙750 m | 0∙600 m | Vollspur | |
Goering: | k = 400 m | 350 m | 200 m | 500 m | |
r0 = 20 m | 10 m | 5 m | 30 m | ||
Haarmann: | k = 400 m | 350 m | 200 m | 600 m | |
r0 = 25 m | 10 m | 5 m | 50 m | ||
Czygan: | k = | 500 m | | | |
r0 = | 6 m | | |
für w = 10 kg/t bei Vollspur ergibt sich sodann:
für | s = 1 m | 0∙750 m | 0∙600 m |
nach Goering: | r = 60 m | 45 m | 25 m |
nach Haarmann: | r = 65 m | 45 m | 25 m |
nach Czygan: | r = | 56 m | |
Alle Zahlenformeln ergeben nur angenäherte Werte, weil es an Versuchen fehlt. Die einzigen Versuche in dieser Beziehung sind jene auf den sächsischen S. (75 cm) bei Verwendung von Wagen mit Lenkachsen. Aus den Ergebnissen leitete Hoffmann die Formel ab:
setzen wir für wrkg/t = 10 kg/t und l = 10 m, so ergibt sich rm = rd. 42 m für s = 75 cm.
In der Anwendung ist man mit den unteren Grenzen des Krümmungshalbmessers mitunter weit herabgegangen; es fehlen aber in der Regel Mitteilungen über die gemachten Erfahrungen. Wegweisend können nur Anlagen sein, die beim allmählichen Ausbau größerer Netze erfolgten, weil in solchen Fällen bei späteren Bauten nicht mehr Halbmesser zur Anwendung kommen, die sich im Betrieb nicht bewährt haben.
[353] Die Grz. erklären für 1 m Spurweite 50 m, für 0∙75 m Spurweite 40 m und für 0∙60 m Spurweite 25 m als zulässige kleinste Halbmesser, gestatten aber auch, bei geeigneter Bauart der Fahrbetriebsmittel (z.B. bei elektrisch betriebenen Bahnen mit Drehgestellwagen) unter diese Grenze herabzugehen. Jedenfalls werden solche kleine Halbmesser aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sicherheit des Betriebs nur ausnahmsweise anzuwenden sein. Bei den nebenbahnähnlichen Kleinbahnen mit Maschinenbetrieb in Preußen soll bei 0∙60 m Spurweite der Halbmesser nicht kleiner als 30 m sein.
b) Steigungsverhältnisse. In gerader, mit s‰ ansteigender Bahn ist die maßgebende Steigung max s = w wg, worin w die Kraft in kg, die zur Fortbewegung einer Tonne Zuggewicht auf geneigter gerader Bahn erforderlich ist, und wg den Widerstand des Zuges auf wagrechter gerader Bahn bezeichnen; w und wg sind Mittelwerte für Lokomotive und Wagenzug.
Ist Lt das Gewicht der Lokomotive, deren sämtliche Achsen als Triebachsen angenommen sind, und Tt das Gewicht der Wagen, so ist die erforderliche Zugkraft
Zkg = wkg/t (Lt + Tt)
Das Gewicht der Lokomotive ist Lt =f ∙ Zkg, wobei im Durchschnitt f = 0∙007; es muß für Vollspur und Schmalspur dasselbe sein, wenn die erforderliche Zugkraft Zkg für beide Spurweiten gleich groß sein soll. Anders liegen die Verhältnisse bezüglich Tt. Es ist Tatsache, daß bei den S. das Verhältnis des Eigengewichts der Wagen zur Nutzlast wegen der gewöhnlich leichteren Bauart der Wagen günstiger ist als bei den Vollspurbahnen; hierzu tritt der weitere Umstand, daß die Wagen schmalspuriger Kleinbahnen vielfach besser ausgenutzt werden können als jene vollspuriger Bahnen (vgl. Ledig & Ulbricht, Die schmalspurigen Eisenbahnen im Königreich Sachsen, Leipzig 1895). Die Verminderung des Eigengewichts der Wagen bei Schmalspur gegenüber der Vollspur wird um so größer, je kleiner die Spurweite ist.
Ist nun die Gesamtlast Lt + Tt bei der Schmalspur für die gleiche Nutzlast kleiner als bei der Vollspur, so kann bei gleicher Zugkraft Zkg und bei deren vollen Ausnutzung der Widerstand auf gerader geneigter Bahn
bei der Schmalspur größer sein als bei der Vollspur und es wird die Größe max s nur von der Größe des Widerstands in gerader Bahn, wrkg/t, abhängen.
Liebmann macht über das Verhältnis des Eigengewichts zur Nutzlast bei verschiedenen Spurweiten in seiner Abhandlung »Normal- oder Schmalspur« (Mitt. ü. Lok.- u. Strbw. 1902) folgende Angaben:
Über den Widerstand in gerader Bahn auf S. fehlt es an geeigneten Versuchsergebnissen. Jedenfalls wächst er mit der Verminderung der Spurweite, infolge seiner Zusammensetzung aus verschiedenen Einzelwiderständen: der Widerstand der rollenden Reibung und der Zapfenreibung, ausgedrückt durch die von der Fahrgeschwindigkeit unabhängige Größe, ist bei den S. wegen der im allgemeinen niedrigen Räder und schwächeren Achsschenkel größer; auch der Luftwiderstand, der mit dem Quadrat der Geschwindigkeit wächst, wird größer, weil in dem diesem Widerstand eigenen Ausdruck die Größe T (Zuggewicht) mit Verminderung der Spurweite rascher abnimmt als die in Betracht kommende Wagenstirnfläche F.
Haarmann gibt in seinem Werk »Die Kleinbahnen«, Berlin 1896, folgende Formeln für den Zugwiderstand in gerader Bahn an:
Hierin bedeuten:
v die Geschwindigkeit in km/Std.,
n die Anzahl der steifgekuppelten Treibachsen der Lokomotiven.
Es ist dann für Lokomotiven mit 3 gekuppelten Achsen
für | v = 10 km | 20 km | 30 km | 40 km |
s | wg | wg | wg | wg |
1∙435 | 7∙02 kg/t | 7∙72 kg/t | 8∙72 kg/t | 10∙13 kg/t |
1∙000 | 7∙18 kg/t | 7∙93 kg/t | 9∙17 kg/t | 10∙93 kg/t |
0∙750 | 7∙22 kg/t | 8∙12 kg/t | 9∙62 kg/t | 11∙73 kg/t |
0∙600 | 7∙27 kg/t | 8∙32 kg/t | 10∙07 kg/t | 12∙53 kg/t |
[354] Für die Wagen ergibt sich
für | v = 10 km | 20 km | 30 km | 40 km |
s | wg | wg | wg | wg |
1∙435 | 1∙60 kg/t | 1∙90 kg/t | 2∙40 kg/t | 3∙10 kg/t |
1∙000 | 1∙83 kg/t | 2∙20 kg/t | 2∙87 kg/t | 3∙78 kg/t |
0∙750 | 2∙15 kg/t | 2∙60 kg/t | 3∙35 kg/t | 4∙40 kg/t |
0∙600 | 2∙37 kg/t | 2∙88 kg/t | 3∙73 kg/t | 4∙92 kg/t |
Der Widerstand wächst mit abnehmender Spurweite; die Zunahme ist um so kleiner, je geringer die Fahrgeschwindigkeit ist.
Wie wir gesehen haben, kann bei gleicher Zugkraft Zkg und gleichem Gewicht Lt der Lokomotive der gesamte Widerstand auf gerader geneigter Bahn wkg/t bei schmaler Spurweite größer sein als bei Vollspur; da aber der Widerstand auf gerader wagrechter Bahn wgkg/t mit der Verminderung der Spurweite wächst, so läßt sich nicht von vornherein ganz allgemein sagen, ob eine schmalspurige Bahn eine größere maßgebende Steigung (max s) erlaubt als eine vollspurige. Dies muß in jedem Einzelfall untersucht werden. Ebenso läßt sich nur bei bestimmten Voraussetzungen angeben, ob eine Erhöhung der Steigung bei Verminderung der Spurweite zulässig ist. Beim Vergleich verschiedener Schmalspuren untereinander bleibt es fraglich, ob die Abnahme des Wagengewichts Tt mit abnehmender Spurweite die Zunahme der Größe wgkg/t in bezug auf den Wert von max s zum Ausgleich bringt. Darüber kann gleichfalls nur im gegebenen Fall entschieden werden.
Die Grenze der unschädlichen Steigung su = wg liegt bei Schmalspur höher als bei Vollspur, weil wg bei ersterer größer ist als bei letzterer. Es sind also bei der Schmalspur größere Steigungen unschädlich, wodurch die Anpassungsfähigkeit derselben an das Gelände erhöht wird.
In Krümmungen vermindert man das Maß der Steigung um die Größe des Widerstands wr, um eine Linie gleichen Widerstands zu erhalten. Da nun wr mit Verminderung der Spur kleiner wird, so können bei kleinerer Spur in den Krümmungen größere Steigungen oder auf größere Steigungen kleinere Halbmesser angewendet werden, ohne daß die Leistungsfähigkeit der Bahn in solchen Strecken gegenüber den geraden und ansteigenden Strekken vermindert würde.
In der Ausführung kommen Steigungen bis zu 50‰, ja ausnahmsweise selbst bis zu 60‰ (belgische Vizinalbahnen) vor. Bei elektrischem Betrieb sind unabhängig von der Spurweite stärkere Steigungen zulässig bis zu den Grenzen, die einerseits die Reibungsgröße des Triebwagens, anderseits die Sicherheit der Talfahrt zieht; der Einfluß der kleineren Spur kommt hier kaum mehr in Betracht.
Nach dem Bericht des Internationalen Eisenbahnkongreßverbands vom Juli 1910 wurden Steigungen über 25 bis 30‰ von 9 Verwaltungen, bis 35‰ von 6, bis 40‰ von 3, bis 45‰ von 3 Verwaltungen angegeben, während je eine Bahnanstalt 58, 80, 70 und 82∙50‰ mitteilt, mit welch 2 letzteren Steigungen wohl das Höchstmaß des im allgemeinen für diese Zwecke praktisch Anwendbaren erreicht sein dürfte.
Große Steigungen vermindern zumeist die Baukosten, verteuern und erschweren aber unter Umständen den Betrieb, gleichgültig, ob eine Bahn vollspurig oder schmalspurig ist; man sollte daher auch bei Schmalspur nur in zwingendsten Fällen außergewöhnlich hohe Steigungen anwenden. Als wirtschaftlich günstige Steigung bei S. elektrischen Betrieb ausgenommen ist 30‰ anzusehen. Die Grz. gestatten für Lokaleisenbahnen Steigungen bis zu 45‰. Nach dem preußischen Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen soll die Längsneigung der Bahn in der Regel das Verhältnis von 40‰ nicht überschreiten.
c) Die große Schmiegsamkeit der Schmalspur ist eine Folge der zulässigen kleineren Halbmesser und der möglichen größeren Steigungen, besonders aber der ersteren. Für den Vergleich zweier Linien mit verschiedenen Spurweiten darf nie eine gemeinsame Achse angenommen werden; die Linienführung einer Vollspurbahn wird eine ganz andere sein als jene einer S. Ist sie von vornherein (z.B. bei Straßenbenutzung) gegeben oder geht die Bahn durch weites flaches Gelände, so bietet die Schmiegsamkeit der schmalen Spur in der Regel keine Vorteile; diese tritt dagegen sehr kräftig bei der Durchschneidung von Ortschaften hervor (vgl. Ledig u. Ulbricht, Die schmalspurigen Staatseisenbahnen im Königreich Sachsen, Leipzig 1895).
d) Die Umgrenzungslinien des lichten Raumes und jener der Fahrzeuge vgl. Abb. 218 u. 219, Lichtraumprofil.
Diese Maße gelten als Mindestmaße; im übrigen kann z.B. bei den preußischen Kleinbahnen die Umgrenzung des lichten Raumes zumeist nach den zu verwendenden Fahrzeugen von der eisenbahntechnischen Aufsichtsbehörde festgesetzt werden. Für diese Bahnen gilt als Vorschrift, daß die festen Teile der Fahrzeuge, mit Ausnahme von Stromabnehmern, bei Mittelstellung im geraden Gleis von 100 mm bis 1000 mm über Schienenoberkante überall einen Abstand von mindestens 100 mm von der festgesetzten Umgrenzung des lichten Raumes haben sollen.
Wenn Wagen der Vollspurbahn mittels Rollböcken oder Förderplattformwagen über die Schmalspur gehen, so muß die Umgrenzung des lichten Raumes nach den zu verwendenden Fahrzeugen bestimmt werden.
In den meisten Staaten sind die Mindestmaße für die Umgrenzungslinien des lichten Raumes bei S. nicht festgelegt; sie werden fallweise, allerdings gewöhnlich nach gleichen Grundsätzen, aufgestellt.[355]
4. Unterbau.
a) Dämme und Einschnitte.
Die Kronenbreite des Bahnkörpers ist nach Grz. § 27 so zu bemessen, daß der Abstand des Schnittpunkts einer durch die Unterkante der nicht überhöhten Schiene gelegten Wagrechten mit der verlängerten Böschungslinie des Bahnkörpers von der Mitte des Gleises (ideelle Kronenbreite) bei S. mindestens das Maß der Spurweite beträgt. Nimmt man die Höhe der Bettung unter der Unterkante der Schwelle mit mindestens 100 mm (Grz. § 3) und die Schwellenstärke mit 130 mm an, so ergeben sich für das Böschungsverhältnis 1 : 1∙5 die Mindestmaße für die Breite des Bahnkörpers eingleisiger schmalspuriger Bahnen für
s = 1∙00 m | zu | B = 2∙69 m |
s = 0∙75 m | zu | B = 2∙19 m |
s = 0∙60 m | zu | B = 1∙89 m |
In der Ausführung ist man auf diese Maße selten herabgegangen. Für die preußischen Kleinbahnen ist als ideelle Kronenbreite das um mindestens 0∙10 m vergrößerte Maß der Spurweite vorgeschrieben.
Kronenbreite bestehender S.
Auf der äußeren Seite scharfer Krümmungen und bei hohen Dämmen etwa über 5 m empfiehlt sich eine Vergrößerung der Kronenbreite. Die Anordnung von Banketten (Bermen) wird nicht immer für notwendig gehalten; sie erleichtert aber das Begehen der Bahn durch die Bahnüberwachungsbeamten und vermeidet den Verlust abgerollten Bettungsstoffes, der wieder benutzt werden kann. Eine Breite von 2030 cm genügt.
b) Kunstbauten (Mauern, Durchlässe, Brücken, Tunnels) werden durch die Spurweite mittelbar und unmittelbar beeinflußt; mittelbar insofern, als durch die größere Anpassung[356] der schmalspurigen Bahn an das Gelände gewisse Ausmaße des Bauwerks in der Regel geringer ausfallen als bei Vollspur; unmittelbar durch die gewöhnlich kleinere Verkehrslast und die geringere Breite der Unterbaukrone.
Bei Stützmauern kann die Verkehrsbelastungshöhe mit 3 m bei s = 1 m und 0∙75 m und mit 2∙5 m bei s = 0∙60 m gewählt werden. Die kleinste Kronenbreite ist bei Stützmauern nicht unter 60 cm, bei Futtermauern nicht unter 50 cm anzunehmen. Als Beispiel sei angegeben die Kronenstärke der Stützmauern bis zu 1 m Überschüttung bei der Albulabahn und nach den Vorschriften der österreichischen Eisenbahnbaudirektion:
Die Lichtraumumgrenzung der Tunnel ist durch die Umgrenzung des Lichtraums gegeben. Nach § 13 der Grz. soll neben dieser Umgrenzung überall ein Spielraum von mindestens 200 mm verbleiben und in Bögen die etwa geänderte Lage der Umgrenzung berücksichtigt werden. Auch wird die Herstellung geräumiger, in Entfernungen von etwa 50 m einander gegenübergestellter, weiß angestrichener Nischen empfohlen. Gewöhnlich sind die lichten Ausmaße der Tunnel größer bemessen. So haben die ausgemauerten Strecken des Haupttunnels der Albulabahn (s = 1 m) 4∙20 m Sohlenbreite, 4∙50 m Lichtweite in 2∙75 m Höhe und 5 m größte Lichthöhe. Die Genehmigungsbedingnisse in Frankreich bestimmen eine Lichtbreite von 0∙7 m beiderseits der Vorsprünge der Fahrzeuge bis zu 2 m über Schiene und einen freien Raum von 1∙2 m Breite zwischen der inneren Gewölbeleibung und den Fahrzeugen.
Über die Verkehrslasten, die der Berechnung der Brücken bei S. zu gründe zu legen sind, finden sich nicht immer Vorschriften in den Brückenverordnungen. (Die österreichische Brückenverordnung enthält Vorschriften für die Spurweite von 76 cm.) Gewöhnlich werden die tatsächlich verkehrenden Fahrbetriebsmittel in Betracht gezogen. Von besonderer Wichtigkeit ist die Standsicherheit der eisernen Brücken gegen Winddruck, wenn die Hauptträger im Hinblick auf die schmale Spur nahe aneinandergerückt werden.
Beispiele ausgeführter schmalspuriger Brücken und Angaben über Musterpläne finden sich in Birk, Schmalspurbahnen; Hb. d. Ing. W. 1910, Bd. VII, 5. Teil.
5. Oberbau.
a) Spurerweiterung. Nach den Grz. § 2 sind »angemessene Verengungen und Erweiterungen« der festgesetzten Spurweite als Folge des Betriebs in der Geraden zulässig. In den Krümmungen empfiehlt sich auch bei S. eine Vergrößerung der Spurweite; sie darf jedoch, wenn die Fahrzeuge nicht für größere Spurerweiterungen eingerichtet sind, unter Einrechnung der größten, infolge des Betriebs zulässigen Spurerweiterung bei 1 m Spurweite das Maß von 25 mm, bei 0∙75 m Spurweite jenes von 20 mm und bei 0∙60 m Spurweite jenes von 18 mm nicht überschreiten (Grz. § 2, Absatz 3). Für das Höchstmaß der Erweiterung im Bogen schlägt der Ausschuß für technische Angelegenheiten des VDEV. die Formeln vor:
Die Spurerweiterung erfolgt zumeist in Absätzen von 45 mm.
b) Die Überhöhung in Bögen berechnet sich nach der theoretisch entwickelten Formel:
Der im Jahre 1892 vom VDEV. gewählte Ausschuß für technische Angelegenheiten empfiehlt für
Die größte zulässige Überhöhung ist bei den verschiedenen Bahnen sehr verschieden. Zu große Überhöhungen sind eher nachteilig als vorteilhaft; man sollte bei der Meterspur nicht über 100 mm, bei 0∙75 m Spur nicht über 75 mm, bei 0∙60 m Spur nicht über 35 mm gehen.
Die Rhätischen Bahnen (s = 1 m) berechnen die Überhöhungen nach der Formel
wobei V = 40 km/Std. für Steigungen bis 25‰ und V = 30 km/Std. für Steigungen über 25‰ und in Bögen mit R 150 m.
Die Überhöhung des äußeren Schienenstranges gekrümmter Gleise auf eigenem Bahnkörper soll auf eine möglichst große Länge, mindestens aber auf das 300fache ihres Betrags auslaufen.
c) Übergangsbögen werden gewöhnlich, namentlich bei Anwendung größerer Fahrgeschwindigkeiten[357] in der Form der kubischen Parabel (Z = x3/6C) ausgeführt. Der Wert von C ist von der Spurweite, der Fahrgeschwindigkeit und der Übergangssteigung abhängig und liegt in der Regel zwischen 750 und 4500; er kann aber auch mit der Größe des Bogenhalbmessers geändert werden, so daß der Übergangsbogen für flachere Bögen länger, für scharfe Bögen kürzer wird, wodurch in gebirgigem Gelände die Ausführung der Übergangsbögen erleichtert wird (belgische Vizinalbahnen). Große Vorteile würde für diese Fälle Bernoullis Schleifenlinie (Lemniskate) gewähren (vgl. Österr. Wschr. f. öff. Bdst., Bd. III).
d) Bau des Gleises. Die Beanspruchung des Oberbaues einer S. einerseits und seine Widerstandsfähigkeit anderseits sind anders als beim vollspurigen Oberbau. Die geringere Weite des Gleises vermindert seine Standfestigkeit; die höhere Schwerpunktslage der Fahrzeuge im Vergleich zur Größe ihrer Standlinien und die größere Ausladung der Wagenkasten sind von ungünstigem Einfluß. Theoretische Betrachtungen an der Hand der Zimmermannschen Oberbautheorie zeigen, daß der Wert der Größe γ, die das Verhältnis der Steifigkeit der Schiene zur Eindrückbarkeit der Schwellen kennzeichnet, in der Regel zwischen ½ und 1 liegt und der Schienendruck P, der vom Raddruck abhängt, bei S. größer ist als bei vollspurigen Bahnen (vgl. Bernardo Puig, Zeitschrift für Eisenbahn und Dampfschiffahrt, Wien 1896).
Form und Stärke der Schienen werden durch die Spurweite nicht beeinflußt. In der Anwendung überwiegt die breitfüßige Schiene, deren Gewicht nicht zu klein gewählt werden darf, weil schwache Schienen die Erhaltung des Oberbaues verteuern. Vielfach wurden auch bei älteren S. die leichten Schienen in neuerer Zeit durch schwere Schienen ersetzt.
Schienenmaße bei schmalspurigen Bahnen.
Für die Unterstützung der Schienen kommen vorwiegend hölzerne Querschwellen zur Anwendung. Eiserne Querschwellen finden sich auf mehreren deutschen und schweizerischen Bahnen, auf den belgischen Vizinalbahnen, bei den Bahnen mit 60 cm Spurweite, bei Tropenbahnen und Zahnstangenbahnen. Die Ausmaße der Schwellen werden durch die Spurweite beeinflußt. Theoretische Betrachtungen zeigen, daß größere Ausmaße günstig sind und daß die Länge der Schwellen vorteilhaft mit 180 cm für s = 1 m, 150 cm für s = 0∙75 m und 130 cm für s = 0∙60 m bemessen wird.
Bei einer Bettungsziffer C = 3, einem Schwellenquerschnitt von 20 × 15 cm dürfte bei einem zulässigen größten Bettungsdruck von 2 kg/cm2 nach Zimmermanns Theorie der Schienendruck
(worin G den Raddruck darstellt) höchstens betragen:[358]
für | s = 1∙00 m, | Schwellenlänge | l = 180 cm, | P = 3600 kg |
für | s = 0∙75 m, | Schwellenlänge | l = 150 cm, | P = 3000 kg |
für | s = 0∙60 m, | Schwellenlänge | l = 130 cm, | P = 2560 kg |
Abmessungen der Holzquerschwellen bei S.
Für die Entfernung der Schwellen gelten dieselben Grundsätze wie bei den Vollspurbahnen.
Die Art der Befestigung der Schienen auf den Schwellen ist von der Spurweite unabhängig.
Wie bei den vollspurigen, so ist auch bei den schmalspurigen Bahnen eine gute Beschaffenheit des Bettungsstoffes sowie eine entsprechend zweckmäßige und kräftige Gestaltung des Bettungskörpers von großer Wichtigkeit für die Sicherung der Lage des Gestänges und für eine gute, dabei aber billige Unterhaltung des Oberbaues. Häufig kommen Packlagen mit Steinschlag zur Anwendung, aber auch Kies, Schlackenasche, Sand finden sich vereinzelt vor. Die Bettungshöhen liegen zwischen 12 und 36 cm; die obere Bettungsbreite wird so bemessen, daß sie die Querschwellen beiderseits in der Geraden 1025 cm überragt; im Bogen werden diese Maße an der Außenseite wesentlich größer, bis zu 53 cm (sächsische S.) gewählt. Die Zwischenräume zwischen den Schwellen werden bei manchen Bahnen aus Ersparungsrücksichten nicht vollständig ausgefüllt.
Die Anordnung des Schienenstoßes folgt dem Vorbild der vollspurigen Bahnen.
e) Die Gleisverbindungen zeigen in ihrer allgemeinen Anordnung gegenüber jenen bei vollspurigen Bahnen keine Abweichung. Ein Unterschied ergibt sich hauptsächlich durch die Zulässigkeit kleinerer Halbmesser im Weichenbogen und größerer Kreuzungswinkel bei den Herzstücken. Der Halbmesser des Weichenbogens soll nach den Grz. in der Regel bei 1 m-Spur nicht kleiner als 50 m, bei 0∙75 m-Spur nicht kleiner als 40 m und bei 0∙60 m-Spur nicht kleiner als 25 m sein; nur bei entsprechender Bauart der Betriebsmittel können schärfere Bögen vorkommen; bei einer Fahrgeschwindigkeit von höchstens 20 km sind auch Schleppweichen zulässig. Die Herzstückneigung beträgt zumeist 1 : 7 (8° 7' 48'') und 1 : 8 (7° 7' 30''), bei 60 cm Spurweite auch 1 : 5∙16 (11°). Die Zungenvorrichtungen werden der Einfachheit halber symmetrisch gestaltet; Zungenlänge zwischen 2∙2 bis 3∙2 m, selten kleiner; Spurrinne 3335 mm.
Gleiskreuzungen bei gleichen Spurweiten werden nach den Grundsätzen vollspuriger Bahnen angeordnet. Für Kreuzungen schmal- und vollspuriger Gleise in Schienenhöhe kommen jetzt nur noch Schienen der Vollspurbahn zur Anwendung, wodurch die Anlage verbessert und vereinfacht wird. Soll der Schienenstrang des Vollspurgleises keine Unterbrechung erfahren, so wird das Schmalspurgleis entsprechend hoch gehoben; einfacher ist die Anordnung mit Einkerbung der Vollspurschienen.
f) Zweispurige Gleise für den Verkehr schmal- und vollspuriger Fahrzeuge bestehen entweder aus 3 oder 4 Schienensträngen. Schwierigkeiten bietet die Abzweigung des Schmalspurgleises aus dem Vollspurgleis; hier können die Weichenformen sehr verwickelt werden (vgl. Weichenanlagen der sächsischen Schmalspurbahnen, Der Zivilingenieur, 1885, S. 569 u. Die 4schienige Gleisanlage in Kapfenberg, Mitt. ü. Lok.- u. Strbw. 1894, S. 137). Bei 4schienigem Gleis von 1 m-Spur und Vollspur kann eine Vereinfachung der Weichenanlage durch Näherrücken des äußeren schmalspurigen Schienenstrangs an den Vollspurstrang erzielt werden (vgl. Noyelles St. Valéry, Rév. gén. d. chem. 1888, I u. 1891, I).
6. Bahnhofanlagen. Bei rein schmalspurigen Bahnhöfen beeinflußt die Spurweite nur die Abstände der Gleisachsen, die Weichenanordnungen, die Umgrenzung des lichten Raumes, die Größe der Lokomotiv- und Wagenschuppen.
Nach den Grz. soll die Entfernung der Gleisachsen mindestens gleich der um 600 mm vermehrten größten Fahrzeug- oder Ladebreite, wenn diese größer als die Fahrzeugbreite ist, sein. Bei s = 1 m und 0∙75 m beträgt die Gleisentfernung je nach örtlichen Verhältnissen 3∙20 bis 3∙60 m, bei Rollbockverkehr 44∙25 m; bei 0∙60 m finden sich Entfernungen von 2 m bis 2∙50 m. Für die Umgrenzung des lichten Raumes ist das »Verladeprofil« (Abb. 218 u. 219) maßgebend. Die Ausmaße der Schuppen richten sich nach der Anzahl und Größe der einzustellenden Fahrbetriebsmittel.
Bei gemischtspurigen Bahnhöfen (z.B. Anschluß der S. an Vollspurbahn) kommen hauptsächlich[359] in Betracht: die Art des übergehenden Personen- und Güterverkehrs, der Übergang der Vollspurwagen auf die Schmalspur, die Betriebseinteilung auf dem Anschlußbahnhof. Diese Umstände sind entscheidend: ob die Schmalspurgleise in den Bereich der Vollspurgleise und des Vollspurbahnhofs oder unter Anwendung von Verbindungsgleisen außerhalb dieses Bereiches gelegt werden sollen; ob für die Umladung der Güter das Schmalspurgleise dicht neben das Vollspurgleis und in solcher Höhe anzuordnen ist, daß die Fußböden der beiden güterwechselnden Wagen in gleicher Höhe sind, oder ob durch Vermittlung einer Umladehalle die Verladung der verschiedenspurigen Wagen unabhängig voneinander bebewerkstelligt wird; ob die Vollspurwagen mit Hilfe von Rollböcken oder Plattformwagen auf der Schmalspur befördert werden, zu welchem Zweck eine besondere Gleisanlage notwendig wird, oder ob Umladevorrichtungen in Anwendung kommen. Schmalspurige Verschiebegleise werden vorteilhaft getrennt von den Vollspurgleisen angelegt; eine solche Trennung ist auch bei größeren Güterbahnhöfen empfehlenswert, z.B. Güterbahnhof der S. Flensburg-Kappeln in Flensburg, der S. Kapfenberg-Au-Seewiesen (Steiermark) in Kapfenberg.
7. Betriebsmittel der S.
a) Dampflokomotiven. Solange die Schmalspur nur für schwachen Verkehr und geringe Zuggeschwindigkeit bestimmt ist, genügen leichte 2achsige und 3achsige Tenderlokomotiven mit Vorratsräumen für 0∙51∙5 t Kohlen und 13 m3 Wasser; durch kurze Radstände und bei 3 Achsen auch durch seitliche Verschiebbarkeit der Mittelachse wird leichte Bogenläufigkeit ermöglicht. Größere Leistungsfähigkeit der 2achsigen Lokomotive wurde (z.B. auf der Bosnabahn) durch Doppellokomotiven (s.d.) (2 mit den Führerständen aneinandergekuppelte 2achsige Tenderlokomotiven) erreicht; in neuerer Zeit hat man diese Verwendungsart meist wieder aufgegeben und verwendet die beiden Lokomotiven als Zug- und Schiebelokomotive. Die Anwendung großer Steigungen und kleiner Krümmungshalbmesser bei zunehmendem Gewicht der Züge führte zu den gegliederten Lokomotiven (Bauart Meyer, Hagans, Klose, Mallet), mit denen auch größere wirtschaftliche Erfolge erzielt werden. Je größer und wichtiger das Anwendungsgebiet der Schmalspur wurde und je mehr sich der Betrieb schmalspuriger Bahnen in Gliederung des Zugverkehrs (Trennung des Personenverkehrs vom Güterverkehr, Einführung der Schnellzüge), in Schwere der Züge (bis zu 450 t) und Fahrgeschwindigkeit der Züge (bis zu 80 km/Std.) dem der Vollspurbahnen näherte, ohne daß die Eigenart der Schmalspur (kleiner Bogenhalbmesser, innige Anpassung an das Gelände auch durch Anwendung starker Neigungen) preisgegeben wurde, um so größere Fortschritte machte der Bau der Schmalspurlokomotiven in bezug auf Leistungsfähigkeit und Bogenläufigkeit bei wirtschaftlicher Ausnutzung des Brennstoffs (Tenderlokomotiven der Bauart E, F, 1 C, 1 D, D + D; Lokomotiven mit 2- und 3achsigen Schlepptendern; Anwendung der Verbundwirkung, der Dampfüberhitzung; lange Kessel; große Heizflächen bis zu 188 m2; hohe Lage der Kesselmitte; verschiebbare Hohlachse; Klien-Lindner-Achsen; Drehgestell Krauß-Helmholtz u.s.w.). Auch für die Spurweite von 60 cm werden jetzt sehr leistungsfähige, für größere Fahrgeschwindigkeiten geeignete Lokomotiven gebaut.
Die sprunghaft erfolgenden Fortschritte im Bau schmalspuriger Lokomotiven und Fahrzeuge überhaupt finden sich von Oberingenieur Žežula sehr eingehend besprochen in der Ztschr. f. Kleinb. 1908, 19111915. Die nebenstehende Übersicht enthält neuere Angaben über besonders leistungsfähige Lokomotiven.
In Taf. XI, Abb. 1 ist die 1 D-Zwillings-Heißdampflokomotive Serie G 4/5 der Rhätischen Bahn (für Meterspur) dargestellt. Die Lokomotive hat Schlepptender und kann Krümmungen bis zum kleinsten Radius von 100 m durchfahren (Weichenbogen bis zu 90 m). Diese Lokomotive wird auf Strecken bis zu 45‰ Steigung mit sehr gutem Erfolg verwendet. Ihr Adhäsionsgewicht beträgt 41∙6 t ihr Gesamtgewicht 46∙98 t, ihr Radstand beträgt 4050 bzw. 6100 mm, was eine durchschnittliche Belastung von 7∙7 t f. d. laufenden m Gleis ergibt.
Taf. XI, Abb. 2 ac zeigt die D-Verbund-Tenderlokomotive für 750 mm Spurweite der sächsischen Staatsbahnen. Die Anordnung der ersten und letzten Achse als Klien-Lindener-Achsen (s. Art. Hohlachsen) gestattet das anstandslose Befahren von Gleisbögen mit 50 m Krümmungsradius auf der Strecke und von Weichenbogen mit nur 43 m Radius trotz des großen Radstandes von 3900 mm. Der Kessel hat 14 Atm. Betriebsspannung. Die Lokomotive hat 250 PS. und ist eine der leistungsfähigsten Schmalspurlokomotiven. (Eine ähnliche Lokomotive, jedoch als Zwillingslokomotive, wurde auch in Österreich gebaut.) Die näheren wichtigsten Angaben sind in der Tabelle S. 361 enthalten.
Taf. XI, Abb. 3 ac stellt die B B-Verbund-Tenderlokomotive Bauart Meyer der sächsischen Staatseisenbahnen dar. Von dieser Lokomotivbauart haben die sächsischen Staatsbahnen infolge der gemachten guten Erfahrungen 45 Stück beschafft. Durch den großen Radstand von 6200 mm entfallen auf den laufenden m desselben nur 4∙42 t. Das Adhäsionsgewicht beträgt 27∙4 t bei einem größten Achsdruck von 6∙9 t.
Taf. XI, Abb. 4 a u. b stellt die C 1-Verbund-Tenderlokomotive Serie Uv für 760 mm-Spur der österreichischen Staatsbahnen, Taf. XI, Abb. 5 a u. b die C 2-Tenderlokomotive gleicher Spurweite Serie Yv (ebenfalls mit Verbundwirkung) ebenfalls der österreichischen[361] Staatsbahnen dar. Die erstere Lokomotive hat ein Adhäsionsgewicht von 22∙9 t. Ihre Zugkraft am Zughaken beträgt auf der größten Steigung von 32‰ (bei einem Reibungskoeffizienten von 1/6) 2660 kg. Die letztere Bauart (Taf. XI, Abb. 5 a u. b) hat geringeres Adhäsionsgewicht, somit auch geringere Zugkraft. Der Einzelachsdruck der ersteren Bauart beträgt 7∙7 t, das mittlere Gewicht f. d. laufenden m Radstand (4000 mm) beträgt 6∙8 t.
Die gute Einstellbarkeit des Bisselgestells (s.d.), in dem die letzte Achse gelagert ist, sowie die Seitenverschiebbarkeit der letzten Kuppelachse, die durch das Bisselgestell beeinflußt wird, ergibt sehr guten Kurvenlauf der ersteren Bauart. Die in Abb. 5 dargestellte Bauart weist ein Drehgestell unter der Feuerbüchse auf, und wird der ruhige Kurvenlauf (insbesondere beim Einlauf in die Gleisbögen) durch das spurkranzlose Treibrad gesichert. Diese beiden Lokomotivbauarten verdanken ihre besonders hohe Leistungsfähigkeit (270 und 280 PS.) ihrer hohen Kesselspannung (13 Atm.) und der Anwendung der Verbundwirkung. Sie weisen eine Leistungsfähigkeit von 3∙54 bzw. 3∙68 PS. f. d. cm Spurweite und 9∙76 bzw. 10∙57 PS. f. d. t Lokomotivgewicht auf, welche Werte als besonders günstig zu nennen sind.
b) Der elektrische Betrieb hat namentlich bei den kleineren Spurweiten, bei denen man eine zweckmäßige Anordnung kräftiger Motoren anfangs für nicht möglich hielt, verhältnismäßig spät Anwendung gefunden; er geschieht mit Triebwagen und elektrischen Lokomotiven, welch letztere besonders auf schweizerischen Bahnen verkehren (Rhätische Bahnen, Berner Oberlandbahnen u.s.w.).
c) Auch Triebwagen mit Dampfpressluft- oder Gasantrieb finden bei S. Anwendung, doch werden sie in neuerer Zeit immer mehr durch elektrische Triebwagen verdrängt.
d) Personenwagen. Die Forderung eines tunlich geringen Eigengewichts für einen Platz bei einer dem Zweck und der Länge der Fahrt entsprechenden Bequemlichkeit der Reisenden hat zur Anwendung langer Wagen unter Einbau von Drehgestellen geführt; kürzere Wagen erhalten gewöhnlich 2, seltener 3 Achsen. Auf S. mit Hauptbahncharakter verkehren Speisewagen, Schlafwagen, Aussichtswagen und sind auch in die gewöhnlichen Personenwagen Waschräume und Aborte eingebaut. Auch Krankenwagen stehen auf Schweizer Bahnen in Verwendung.
Näheres in der nachfolgenden Übersicht über neuere schmalspurige Personenwagen.
e) Güterwagen, Post-, Dienstwagen. Der Bau der Güterwagen zeigt das Bestreben, bei Steigerung der Tragfähigkeit und Verminderung des Eigengewichts die Schmalspur für die Förderung aller Arten von Gütern geeignet zu machen; Bau und Anwendung von Sonderwagen[362] nehmen daher in großem Ausmaß zu. Gute Ausnützung der Schmalspurgüterwagen fordert, daß deren Tragfähigkeit jener der Vollspurwagen oder einem einfachen Bruchteil derselben gleichkommt (z.B. 2 Schmalspurwagen auf einen Vollspurwagen); es verkehren auf hauptbahnähnlichen S. bedeckte Güterwagen mit 15 t und offene Güterwagen mit 25 t Ladegewicht. Um bei den kleineren Spurweiten die erforderliche Standfestigkeit der Wagen trotz der für große Ladefähigkeit notwendigen größeren Breite des Wagenkastens zu erzielen, wird die Plattform entsprechend niedrig gelegt (z.B. durch Lagerung der Achsen innerhalb des Drehgestellrahmens in halber Höhe des Drehgestellträgers). Neuere Bauweisen zeigt nachstehende Übersicht:
f) Außergewöhnliche Fahrzeuge. Zur Beförderung von Vollspurwagen auf Schmalspurgleisen dienen Rollböcke und Beförderungswagen (Förderplattformwagen).
Für die Verladung des Vollspurwagens auf die Rollböcke oder den Beförderungswagen ist eine besondere Gleisanlage erforderlich.
Bei Rollböcken reicht das schmalspurige Verladegleis auf wenigstens 12 m Länge in das Vollspurgleis hinein, das sich gegen sein Ende zu anfangs allmählich, dann mit einem stärkeren Knick so weit neigt, daß die Räder des Vollspurwagens auf die Roll bocke stoßlos auflaufen; es kann auch das Vollspurgleis wagrecht angelegt und das Schmalspurgleis mit Gefälle geführt werden (beachtenswerte Anlage beschrieben im Zentralbl. d. Bauverw. 1915). Bei Verwendung von Beförderungswagen werden die vollspurigen Wagen den schmalspurigen Fahrzeugen über eine Laderampe zugeführt, die mit einem vollspurigen Gleis in der Höhe und in der Verlängerung der auf dem Beförderungswagen angeordneten Fahrschienen für den Vollspurwagen versehen ist.
Bei der baulichen Anlage der S. muß hinsichtlich des Lichtraumprofils dem Verkehr vollspuriger Wagen Rechnung getragen werden. (Näheres s. Art. Rollböcke.)
8. Die Bauwürdigkeit schmalspuriger Bahnen wird von verschiedenen Eigenheiten der Schmalspur beeinflußt, die in Vergleich mit den betreffenden Eigenheiten der Vollspur zu ziehen sind. Dabei darf aber auch die Größe der schmalen Spur selbst nicht außer acht gelassen werden.
a) Die Leistungsfähigkeit der Schmalspur ist in den letzten Jahren durch Vervollkommnung der Fahrbetriebsmittel und Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit bedeutend gesteigert worden. Es können alle Arten von Gütern (auch Vieh, Langholz, militärische Güter, Kohlen, Erze, zerbrechliche Massengüter) ohne Schwierigkeit befördert werden. Die Bewältigung eines großen Verkehrs ist erwiesenermaßen weit weniger von der Spurweite als von betriebstechnischen Einrichtungen abhängig.
Der größte kilometrische Jahresverkehr im Betriebsjahr 1912/13 betrug auf der S. Christiania-Drammen 970.635 Personen und auf der norwegischen Rörosbahn 146.718 t Güter.
An lebenden Tieren beförderte im Jahre 1913: Rhätische Bahn (1 m Spurweite) 46.165 Stück, darunter 20.516 Ochsen und Kühe und 2658 Pferde; die sächsischen S. (75 cm Spurweite) 24.866 Stück und die Mecklenburg-Pommersche S. (60 cm Spurweite) 6130 Stück, darunter 359 Ochsen, 983 Kühe und 23 Pferde.
[363] Der Bequemlichkeit der Reisenden, namentlich bei langen Fahrten, ist durch Anwendung der auf Vollspurbahnen erprobten Bauweisen der Personenwagen auf vielen S. durch Einführung von Schlaf-, Salon- und Speisewagen und von Schnellzügen in hohem Grad entsprochen worden. Auch hier bleibt die Spurweite ohne Einfluß.
b) Die Umladung der Güter ist auch bei lebhaftem Wechselverkehr zwischen den Bahnen weder so mißlich, noch so teuer, daß die Schmalspur von vornherein auszuschließen wäre. Zweckmäßigkeit der Gleisanlagen und Umladeeinrichtungen vermindert die Umladekosten, die im Durchschnitt 2∙55 Pf. für 100 kg betragen. Ähnlich stellt sich der Frachtsatz für Rollböcke. Die Umladekosten fallen umsoweniger ins Gewicht, je größer der ganze Förderweg des Gutes (auf Voll- und Schmalspur) ist.
c) Die Baukosten schmalspuriger Bahnen liegen selbstverständlich zwischen weiten Grenzwerten. Ganz überschlägig kann man sie in mittelgünstigem Gelände annehmen für: 1 m Spurweite zu 70.000 M., für 0∙75 m Spurweite zu 60.000 M., für 0∙60 m Spurweite zu 40.000 M/km.
Es kosteten durchschnittlich für 1 km Bahnlänge die S. in Sachsen (0∙75 m) 100.000 M., in Württemberg (0∙75 m) 77.000 M., in der Schweiz (1 m) 111.000 M., in Norwegen (1 m und 0∙75 m) 72.000 M. Bei der Mecklenburg-Pommerschen S. (0∙60 m) kostete 1 km 20.655 M., doch wurde der größte Teil des erforderlichen Baugrundes unentgeltlich überlassen. Vgl. die alljährlichen Veröffentlichungen Žežulas in der Ztschr. f. Kleinb.
Ein Vergleich der Baukosten zwischen Voll- und Schmalspur bei gegebener Bahn kann von zwei Voraussetzungen ausgehen: die schmale Spur tritt ohne Achsenänderung an Stelle der Vollspur (Straßenbahn, ebenes günstiges Gelände) oder die Linienführung der S. erfolgt unter Verwertung aller technischen Eigenheiten der Schmalspur, so daß die Achsen der beiden Vergleichslinien sich nicht decken. Im ersteren Fall kann die Ersparnis leicht ermittelt werden, im zweiten Fall ist eine besondere Baukostenberechnung für jede Linie notwendig; allgemeine Schätzungen führen leicht zu Irrtümern. Dieser zweite Fall liegt zunächst auch vor, wenn 2 Linien verschiedener Schmalspurweite verglichen werden sollen.
d) Auf die Betriebskosten bleibt die Spurweite bei fachgemäßer Ausführung der Anlage und der Fahrbetriebsmittel, ferner bei zweckmäßiger Verwaltung, Betriebsweise und Bahnerhaltung im wesentlichen ohne Einfluß. Die Bahnunterhaltungskosten sind bei entsprechend kräftigem Oberbau nicht höher als auf der Vollspur; das gleiche gilt von den Zugförderungskosten bei guter Bauart der Lokomotiven. Die Zahlenwerte der Betriebskosten sind sehr verschiedene. Die Erneuerungskosten des Oberbaues und der Fahrbetriebsmittel sind entsprechend den kleineren Ausmaßen geringer als bei Vollspur.
e) Als Triebkraft steht die Dampfkraft noch im Vordergrund; die Befürchtung, daß elektrische Motoren bei kleiner Spurweite nur sehr beschränkte Ausmaße erhalten können, da sie zwischen die Räder einer Achse eingebaut werden, hat sich nach den Erfahrungen als nicht begründet erwiesen. Man verwendet elektrischen Betrieb bei Bahnen von 75 cm Spurweite und es ist seine Anwendung bei 60 cm Spurweite bei den Fortschritten auf diesem Gebiet wohl auch nur eine Frage der Zeit. Im übrigen besteht kein Zusammenhang zwischen Triebkraft und Spurweite.
Die Lokomotiven der Jungfraubahn (1 m) besitzen Motoren von 165 PS., jene der Rhätischen Bahn (1 m) solche von 300 PS.; die 2achsigen Zahnradlokomotiven der Wengernalpbahn (80 cm) haben Motoren von 150 PS. und fördern einen Zug von 33∙49 t über 250‰.
f) Für die Größe der zu wählenden schmalen Spur sind vielfach örtliche Gründe maßgebend; z.B. wird in Österreich aus militärischen Gründen die seinerzeit für Bosnien durch Zu fall gegebene Spurweite von 76 cm vorgeschrieben. In Betracht kommen wohl nur die Spurweiten von 1 m, 0∙75 m (0∙76 m), 0∙60 m; die von diesen Maßen wenig abweichenden Spurweiten (1∙067, 0∙90, 0∙80 u.s.w.) kommen nur für Gebiete, wo sie schon von früher her in Anwendung stehen, in Betracht. Die Bahnen mit 1 m und 0∙75 m stehen bezüglich der Leistungsfähigkeit fast auf gleicher Höhe; die Spurweite von 0∙60 m ist jedenfalls weniger leistungsfähig, wenn auch die Dampflokomotiven für derartig schmale Bahnen in der Gegenwart eine erfreuliche Entwicklung im Hinblick auf ihre Förderkraft erfahren haben.
Birk.
Buchempfehlung
Schon der Titel, der auch damals kein geläufiges Synonym für »Autobiografie« war, zeigt den skurril humorvollen Stil des Autors Jean Paul, der in den letzten Jahren vor seiner Erblindung seine Jugenderinnerungen aufgeschrieben und in drei »Vorlesungen« angeordnet hat. »Ich bin ein Ich« stellt er dabei selbstbewußt fest.
56 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro