Braten (Subst.)

Braten (Subst.).


1. Bei dem Braten sagt er: »Drauf, drauf!« aber beim Essig: »Meine Zähne vertragen es nicht.«Burckhardt, 417.

Von denen, die das Gute und Angenehme gern haben, aber sich sträuben, wo es Widerwärtiges zu ertragen gilt.


2. Braten ist nicht für den Küster und Denken nicht für die Tornister.


3. Braten und Wein, juchhe! Rechnung und Bezahlung, o weh!


4. Braten und Zähne sind nicht immer beieinander.

Viele haben Zähne, aber keinen Braten; mancher hat Braten, aber keine Zähne. Mancher kommt zu Reichthum, wenn er ihn nicht mehr geniessen kann.

Frz.: Il lui vient du bien quand il n'a plus de dents. (Lendroy, 577.)


5. Dat iss'n schlechten Broten, wo nischt afgeiht. (Ukermark.)


6. Den Braten kann sich jeder schneiden wie er will, aber den Rock schneidet die Mode.


7. Der Braten verbrennt, während der Koch tanzt.

Während man seinen Vergnügungen und Zerstreuungen nachgeht, geht die Hauptsache verloren.

Frz.: Pendant que vous vous amusez, le rôt brûle. (Lendroy, 255.)


8. Der den Braten dreht, bekommt ihn nicht. Scheidemünze, II, 169.


9. Der den Braten nicht genossen, den schmeisst man mit dem Bratspiess.Lehmann, 179, 8.


10. Der eine frisst den Braten und der andere muss den Spiess lecken.Henisch, 479; Gaal, 240; Reinsberg II, 129.


11. Eh' man den Braten macht, muss man Mehl daranthun. (Altröm.)

Manche pflegten den Braten erst mit Mehl zu bestreuen, ehe sie ihn in den Ofen brachten.


12. Erst Braten, dann Brühe.


13. Es ist ein magerer Braten, da nichts davon tropfet.Henisch, 480; Körte, 709; Simrock, 1254.

Frz.: Il n'y a si petit métier, qui ne nourrit son maître. (Gaal, 239.)

Holl.: Tis een magher harst, daer niet af en druupt. (Fallersleben, 675.)

Lat.: Non stillans massa, non est pinguis neque crassa. (Fallersleben, 675.) – Tam probus haud quisquam toto reperitur in orbe, officium qui expers utilitatis habet. (Philippi, II, 211; Seybold, 594; Binder I, 1716; II, 3278.)


14. Man muss den Braten anstecken, weil das Feuer brennt.Winckler, IX, 1.


15. Man muss den Braten nicht vom Spiesse essen.

Lat.: Ne a chytropode cibum nondum sacrificatum rapias. (Hesiod.)


16. Man muss nicht alle Braten an Einen Spiess stecken.


17. Sall de Brôde nit verbrennen, dann mot m'en jau un hant's wengen.Curtze, 329.


18. Van 'n grötern Braden lett sick 'n gröter Stück affsnîden. (Mecklenburg-Schwerin.) – Mussäus, 120, 4.

Grössere Güter geben grössere Erträge.


[447] 19. Wer Braten riecht, greift eher nach der Gabel als nach der Bürste.


20. Wer den Braten betrieft mit anderer Schmalz, ist ein Kaufmann aus dem Salz.


21. Wer den Braten brät, bekommt, wenn auch nicht den Braten, doch zum Brote das Fett.


22. Wer den Braten gegessen, der mag auch die Knochen fressen.


23. Wer den grössten Braten schickt, der hat das grösste Recht.


24. Wer fette Braten will, muss das Futter nicht schonen.


25. Zäher Braten fürchtet stumpfe Messer nicht.Scheidemünze, II, 168.


*26. A roicht a Broten.Gomolcke, 198, 505.


*27. Andern empfiehlt er Braten und kann sich selber nicht rathen.

Lat.: Aliis prospiciens, non sibi. (Philippi, I, 20.)


*28. Bra'n und Sa'n.Eichwald, 169.

Bra'n, Abkürzung von bradn, bratn – Gebratenes und Gesottenes, gehört nach der Meinung des Volks zu einer vollkommenen Mahlzeit. (Richey, 24.)


*29. Das ist Braten für ihn.

Kommt ihm so erwünscht wie der Gottheit ein Opfer.

Jüd.-deutsch: Das is e Korwen (korban) für'n. (Tendlau, 518.)


*30. Das ist (war) kein Braten für ihn.


*31. Den Bra'n dreihn, so lange as he drüppet. Eichwald, 171.


*32. Den Braten hätt' ich gern, doch sollen ihn andere schiessen.

Lat.: Catus amat piscem, sed non vult tangere flumen. (Philippi, I, 16.)


*33. Den Braten merken (riechen, wittern). Körte, 709; Sandvoss, 150.

Irgendetwas merken, vermuthen.

Frz.: Il sent de loin. – Sentir de loin la fricassée.

Lat.: Narem nidore supinor. – Quam canis acer, ubi lateat sus. (Horaz.) – Sagacius unus odoror. – Summis naribus olfacere. (Erasm., 445.)


*34. Den Braten schmecken.Murner, Schelm., 16; Kirchhofer, 252.

»Schmeckenbrätlin ist mein Nam, Schmarotzens ich mich nimmer scham. All Kirchweih, Hochzeit und Banket und wo man gehet früh und spät, da kann ich allzeit voran stohn, wo man bezahlt, lauf' ich davon.« Von Leuten, die herumschnüffeln, um ohne Bezahlung gute Bissen zu essen.


*35. Den Braten vom Spiesse fressen.Eiselein, 91; Henisch, 479.

Lat.: Calidam veruti partem arripere.


*36. Den faulen Braten riechen.

Eine unangenehme Sache spüren, merken.


*37. Der Braten war verzehrt, als er kam.


*38. Er hat den Braten besorgt (bestellt), aber nicht bekommen (gegessen).


*39. Er hat den Braten verzehrt und ich habe die zerbrochene Pfanne.


*40. Er riecht jeden Braten über drei Gassen. Mayer, II, 96.


*41. Er schmeckt den Braten.


*42. Ich gloeb a roicht a Broten.Robinson, 202.


*43. Nach Braten ins Spital gehen.


*44. Seinen Braten in einen kalten Ofen schieben.


*45. Seinen Braten mit anderer Leute Fett betriefen.


[Zusätze und Ergänzungen]

zu10.

Ung.: Nem azé s' sült a' ke forgattga. (Gaal, 240.)


zu13.

In Ostpreussen: Dat öss e schlechter Brade, von dem nuscht afdröppt. (Frischbier, I, 435; Hennig, 53.) – In Neumark: In schlechter Broaden, wüe nischt afdrift. (Engelien, 219, 67.)

Dän.: Det er en mager steg, hvoraf intet drypper. (Prov. dan., 530.)


zu29.

»Dat was vör enen Münd eine angeneme brade.« (Ein gefundenes Fressen.) (Laurenberg, II, 196.)


zu33.

Frz.: Descouvrir le pot aux roses.


46. An Braten, den man einst gegessen, und Kleider, die man zerrissen, denkt man nicht mehr.

Lat.: Vestis et escarum memor est quis preteritarum. (Reuterdahl, 1027.)

Schwed.: Hwa minnis aethin math ok riwin klaedhe. (Reuterdahl, 1027.)


47. Auff ein Wolfenen Braten gehöret eine Hündene seltz.Mathesius, Leichpredigten, 53a.


48. Auff solche Braten gehören solche saltzen. Herberger, II, 471.


49. Bei Braten, Kuchen und Wein ist gut fröhlich sein.Devisenbuch, 220.


50. Es ist kein Braten so mager, es träuft etwas fett ab.Petri, II, 265; Frischbier, I, 435.

»Es wardt kein Braten nie so mager, auch den man vor drey schilling kaufft, das nit dauon ein wenig treufft.« (Waldis, IV, 6.)


51. Fetten Braten braucht man nicht zu spicken.

Dän.: Feed steeg behöver ey at spekkes. (Prov. dan., 162.)


52. Fetter Braten, mager Mus; Mangel folgt auf Ueberfluss.Weingärtner, 39.


53. Guten Braten vermisst man schwer.

Dän.: Feed steeg snages cidi. (Prov. dan., 162.)


54. Hast du auch Braten gestohlen, sagte der kahlköpfige Papagei zu einem Abte mit einer geschorenen Platte.

Ein Papagei hatte in der Küche Gebratenes genascht, die Köchin hatte ihm heiss Wasser auf den Kopf gegossen, dass er die Federn verloren hatte. (Wirth, I, 283.)


55. Man muss den Braten nicht eher zerlegen (schneiden), bis man ihn hat.

Lat.: Non masticetur prius esus quam tibi detur. – Nec gula vescetur viuo quod eundo mouetur. (Reuterdahl, 620.)

Schwed.: Smaka ey för aen thu faar ok aeth ey thaen liwande gaar. (Reuterdahl, 620.)


56. Wein und Braten, oh, oh; addiren und quittiren – oh, oh!Merx, 7.


57. Wen ener dän Broaden ümdreät, ruckt er. (Neumark.) – Engelien, 221, 117.


58. Wier de Brôde wäl iessen, terf Gafel uch Misster net vergiessen. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 275.


*59. Broën rücken. (Meurs.) – Firmenich, I, 400, 3.


*60. Dat wär' noch so e Brade!Frischbier, II, 412.

Es würde sich verlohnen, dies zu erreichen.


*61. Der Braten schmeckt jhm nicht.Nigrinus, Inquisition, 642.


*62. Einem den Braten vor dem Maul wegfressen.


*63. Er hat seinen Braten gespickt.

»Der spicket ja also den Braten.« (Waldis, IV, 81.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
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