Ähnlich

[187] Ähnlich, -er, -ste, adj. et adv. ein wenig gleich, mehrere übereinstimmige Merkmahle habend; zum Unterschiede von gleich, wenn alle Merkmahle überein stimmen. Das Gemählde ist ihm ziemlich ähnlich. Der Sohn sieht seinem Vater im geringsten nicht ähnlich. Das ist der Wahrheit vollkommen ähnlich. Er ist ihm in den Sitten, in der Sprache ähnlich. Das sieht ihm sehr ähnlich, ist seiner Art zu handeln, seiner Gemüthsbeschaffenheit gemäß. Ein ähnlicher Fall ist mir noch nicht vorgekommen. Es geschahe mir ein ähnlicher Antrag. Was hat man wohl von einer ähnlichen Veränderung zu besorgen? In der Mathematik nennet man Dinge ähnlich, wenn sie einerley[187] Verhältnisse haben, d.i. wenn alles bis auf die Größe an ihnen einerley ist; gleich hingegen, wenn auch die Größe einerley ist. Im gemeinen Leben hingegen werden gleich und ähnlich sehr oft für einander gesetzt, S. Gleich.

Anm. Aus der alten Oberdeutschen Schreibart, anachilihho, bey dem Isidor, und angelich noch bey dem Tschudi, erhellet, daß die letzte Hälfte dieses Wortes lich oder gleich ist. In der ersten Hälfte haben schon Wachter und Frisch das Vorwort an erkannt; nur haben sie dessen Nachdruck verfehlet, wenn sie auf die Bedeutung des Ursprunges fallen. Vielleicht leistet und die Niedersächsische Mundart hier bessere Dienste. Hier wird an häufig mit Adverbien und Adjectiven verbunden, wenn nur etwas weniges von der Eigenschaft angedeutet werden soll, in welchem Falle die Hochdeutschen ihr lich anzuhängen pflegen; z.B. angelb, gelblich, anroth, röthlich, ansüß, süßlich, anhart, härtlich, anreich, reichlich, ankleyig, ein wenig kleyig oder lettig u.s.f. Angleich oder ähnlich würde dem zu Folge ein wenig gleich bedeuten, und dessen heutigen Gebrauch sehr gut ausdrucken. S. An Anm. 7. An wird in dieser Zusammensetzung zugleich gedehnt ausgesprochen, woraus sich das seit langer Zeit hergebrachte h in ähnlich erklären läßt. Die Niedersachsen haben dieses Beywort, so viel ich weiß, nicht, ungeachtet ahlic schon bey den Angelsachsen üblich war. Es scheint auch im sechzehnten Jahrhunderte, wenigstens in einigen Oberdeutschen Gegenden, fremd gewesen zu seyn, indem es in der Baseler Ausgabe des neuen Testamentes Lutheri von 1523 mit in das Verzeichniß der unbekannten Wörter gesetzt, und daselbst durch gleich erkläret wird. Es scheinet, daß man von diesem Worte auch ein Verbum ahnen gehabt; wenigstens läßt sich dieses Wort in der alten sprichwörtlichen R.A. Gute Nahmen gern ahnen, conveniunt rebus saepe nomina suis, am besten hierher rechnen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 187-188.
Lizenz:
Faksimiles:
187 | 188
Kategorien: