-Lein

[2015] -Lein, eine Endsylbe, welche den Hauptwörtern angehänget wird, wenn man aus denselben verkleinernde Wörter bilden will. Das Kindlein, Herzlein, Thierlein, Weiblein, Brieflein, Steinlein u.s.f. ein kleines Kind, Herz, Thier u.s.f. zu bezeichnen. Wenn in der ersten oder zweyten vorher gehenden Sylbe einer der Selbstlaute a, o und u folget, so werden selbige in den meisten Fällen in die verwandten Laute ä, ö und ü verwandelt. Lämmlein, Mägdlein, Männlein, Mäuslein, Städtlein, Häutlein, Fräulein, Bäumlein, Brötlein, Söhnlein, Büchlein, Mütterlein, Rüthlein, Hütlein, Hündlein, Brüderlein, Kämmerlein, Klösterlein u.s.f. In einigen wenigen bleiben diese Selbstlauter unverändert, Maulbeerlein, Alraunlein und noch einige andere, wohin auch die meisten eigenen Nahmen gehören, besonders wenn sie anstatt -lein die Sylbe -el bekommen; Rosel, Charlottel u.s.f. Häuslein oder Häusel, von Haus, folgt nebst noch einigen der Regel.

Die Endsylben e und en werden vor der Verkleinerung weggeworfen. Fähnlein, Knäblein, Öchslein, Büchslein, Öflein, Küßlein, Küchlein u.s.f. von Fahne, Knabe, Ochse, Büchse, Ofen, Küssen, Kuchen. Wenn sich aber ein Wort auf ein unbetontes l endet, oder vielmehr, wenn die Sylbe, worin sich das l am Ende befindet, unbetont ist, so bleibt das eine l weg. Engelein, Vögelein, Kügelein, Näbelein, Sesselein u.s.f. von Engel, Vogel, Kugel, Nabel, Sessel. Ist hingegen die Sylbe betont, so leidet in den meisten Fällen der Wohlklang, daher man sich alsdann lieber des gleichbedeutenden, aber mehr Hochdeutschen -chen bedienet. Harte Sprecharten machen freylich von Maul, Stuhl, Mäullein, Stühllein u.s.f. Allein, wem es um den Wohllaut zu thun ist, wird diese Diminutiva ohne Bedenken mit Mäulchen, Stühlchen vertauschen.

Bey der gleichbedeutenden verkleinernden Endung -chen im ersten Bande dieses Wörterbuches, ist bereits angemerket worden, daß die vermittelst der Sylbe -lein gemachten Verkleinerungen der Oberdeutschen Mundart vorzüglich eigen sind, und daher auch in der feyerlichen und höhern Schreibart der Hochdeutschen, welche über dieß die Diminutiva so sehr als möglich vermeidet, den Verkleinerungen auf -chen vorgezogen werden, welche im Hochdeutschen mehr der vertraulichen und geselligen Sprechart eigen sind. S. Chen.

Alle eigentliche Diminutiva haben im Deutschen so wie in den meisten andern Sprachen, außer der eigentlichen verkleinernden Bedeutung noch einen doppelten Nebengebrauch, indem sie theils, und zwar am häufigsten, zugleich Ausdrücke der Vertraulichkeit und Zärtlichkeit sind, wo zugleich der harte Nebenbegriff des Hauptwortes verschwindet, ein kleines artiges Närrlein oder Närrchen; zuweilen aber auch der Verachtung. Ein Dichterlein, Kunstrichterlein, ein verächtlicher Dichter oder Kunstrichter. Einige wenige haben durch den Gebrauch auch andere Nebenbegriffe bekommen. So ist Fräulein ein Ehrennahme unverheiratheter adeliger Frauenzimmer geworden; sein Müthlein kühlen, es sind gute Leutlein, haben die Verkleinerung nebst den Neben-Ideen fast völlig verloren.

Die Verkleinerungen auf -lein sind so wie die auf -chen insgesammt sächlichen Geschlechtes; in der zweyten einfachen Endung bekommen sie ein s und die erste vielfache ist der ersten einfachen alle Mahl gleich.

In den Oberdeutschen gemeinen Mundarten wird diese Endung überaus sehr verändert. In der Schweiz lautet sie -li, um Nürnberg und in der Oberpfalz -la, in Schlesien -le, la, -aln und ang, um Grünberg in Schlesien -lang, in andern Gegenden -ling, (S. diese Endung,) in der Jüdisch-Deutschen Mundart -lich, im Salzburgischen -lach u.s.f.[2015] Bübla, Büble, Bübli, Bübaln, Büblang u.s.f. für Büblein. Die häufigste Zusammenziehung, welche fast in allen Oberdeutschen Gegenden gangbar ist, geschiehet in -el, und wenn ein n vorher gehet, im Österreichischen u.s.f. in -del; Steindel, Mandel, Hähndel, Hahndel, für Steinlein, Männlein, Hähnlein. Oft bleibt auch von dieser Sylbe weiter nichts als ein bloßes l übrig; Wörtl, Klösterl, für Wörtel oder Wörtlein, Klösterlein. Die Hochdeutschen haben manche dieser Wörter auf -el gleichfalls angenommen, Mädel für Mägdlein, von Mad, Magd, Mündel, Ferkel u.s.f. welche man aber mit derjenigen Endung nicht verwechseln muß, wo el ein Werkzeug, ein handelndes Object u.s.f. bedeutet, S. -El.

Bey den ältern Oberdeutschen Schriftstellern, z.B. dem Kero, Ottfried, Notker, Willeram u.a. wo doch überhaupt die verkleinernden Formen selten sind, lautet diese Endung beständig lin. Sie kommt mit den verkleinernden Endungen der Lateiner lus und culus überein, und gehöret außer allem Streite zu dem noch in dem Nieders. und andern nördlichen Sprachen üblichen Worte lehn, leen, mager, klein, ja zu unserm klein selbst, welches, so wie das Angelsächs. hlean, bloß durch Vorsetzung des Hauch- und Gaumenlautes daraus gebildet worden. S. das Beywort 1. Lehne und Klein.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 2015-2016.
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