Absicht, die

[107] Die Absicht, plur. die -en, von dem Verbo absehen.

1) Die Handlung des Absehens in uneigentlicher Bedeutung, und ohne Plural. (1) Die Beziehung auf einen gewissen Gegenstand, auf ein gewisses Verhältniß, wie Rücksicht. Die Erkenntniß der Sünde in Absicht auf Gott, so wohl nach seinem Urtheile, als auch in Erwägung der Folgen in unsern Verhältnissen[107] gegen Gott. In Absicht auf die strenge Kälte. Wenn ich sie gleich den vierten nenne, so ist sie doch in aller Absicht die erste, Less. In dieser Bedeutung wird es ohne Artikel, und nur mit dem Vorworte in gebraucht. (2) Die Bemühung nach einem gewissen Endzwecke, wie das Absehen. Meine Absicht ist darauf gerichtet. Ich habe es in guter Absicht gethan. Er hat eine Absicht auf die junge Witwe hier im Hause.

2) Dasjenige, worauf man absiehet; mit dem Plural. (1) Eigentlich, an den Schießgewehren das Stückchen Metall auf dem Rohre, wodurch man zielet, um den Zweck zu treffen, das Absehen, das Visier. Ingleichen an einigen geometrischen und astronomischen Instrumenten, die Dioptern, die Absehen, wodurch man siehet. Noch mehr (2) im figürlichen Verstande, dasjenige, was man bey einer Handlung mit Bewußtseyn und deutlicher Erkenntniß will, durch dieselbe zu erreichen sucht. Seine Absicht erreichen. Traurig, daß ihm seine Absicht fehl geschlagen war. Ihre Verwandelung hat bloß dein Glück zur Absicht. Unsere Absicht mit dem Briefe schlägt leider fehl, Gell. Die Natur erschuf den Menschen zu größern Absichten, als zu bloßer Betrachtung, Dusch. Sollte er wohl unerlaubte Absichten haben? Da es denn zuweilen auch für Ursache gebraucht wird. Gut, das ist auch die Absicht, warum ich nicht will erkannt werden, Weiße.

Anm. Absicht setzt vermöge der eigentlichen Bedeutung des Verbi absehen, allemahl ein vernünftiges Wesen voraus; Zweck und Endzweck aber können auch unvernünftigen und leblosen Dingen beygeleget werden. Der Endzweck einer Schrift, der Endzweck der Welt; aber, die Absicht Gottes, die Absicht der Natur, so fern der Schöpfer darunter verstanden wird, die Absicht eines Menschen. Die Besserung der Zuhörer ist die Absicht des Predigers, aber der Zweck oder Endzweck seiner Predigt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 107-108.
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