Abtritt, der

[127] Der Abtritt, des -es, plur. die -e, von dem Verbo abtreten.

1) Die Handlung des Abtretens, so fern dieses Zeitwort ein Neutrum ist; ohne Plural. (1) Die Einkehr auf der Reise. Einen Abtritt bey einem nehmen, bey ihm abtreten. (2) Die Entfernung an einen nahe gelegenen Ort. Einen Abtritt nehmen, abtreten. Der Richter befahl den Parteyen, einen Abtritt zu nehmen, sich auf kurze Zeit zu entfernen. (3) Die Begebung eines Rechtes. Wir mußten ihm hundert Thaler für den Abtritt geben. (4) Die Verlassung einer Partey oder Sache, am meisten in Oberdeutschland. Der Abtritt von einem, von einer Gesellschaft, von einer Religion, von einer Meinung u.s.f.

2) Ein Ort, auf welchen man von einem höhern Orte niedertritt, der Absatz. Der Abtritt vor einer Thür. Falle nicht, hier ist ein Abtritt.

3) Ein Ort, an welchen man sich bey Seite begibt. (1) In den Bergwerken, kleine Sitze in den Schächten zum Ausruhen, welche auch Absätze, und Wechselbühnen genannt werden. (2) Im gemeinen Leben, ein abgesonderter Ort zur Erleichterung des Leibes. Da es der Wohlstand nothwendig gemacht hat, manche Dinge nicht bey ihrem rechtem Nahmen zu nennen, so hat man auch diesem Orte schon in den mittlern Zeiten verschiedene theils allgemeine, theils mildere Nahmen gegeben, den damit verbundenen schmutzigen Begriff zu verstecken. So nannte man ihn z.B. ehedem das Ländlein, von Laube, den Gang, Ausgang, das Sprachhaus u.s.f. Und an manchen Orten führet er noch jetzt die Nahmen das Häuschen, die Gelegenheit u.s.f. S. auch Privet und Secret. Abtritt ist eine ähnliche Benennung, welche anfänglich auch dem strengsten Wohlstande nicht anstößig scheinen konnte, aber durch den immer gemeiner gewordenen Gebrauch auch schon niedrig zu werden anfängt, daher sich viele Statt derselben lieber des Ausdruckes heimliches Gemach bedienen.

4) Dasjenige, was abgetreten worden, in der ersten Bedeutung des Activi. So nennen die Jäger dasjenige junge Getreide oder Gras, welches der Hirsch mit seinen Schalen abgetreten hat, den Abtritt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 127.
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