Alter, das

[238] Das Alter, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Die natürliche Dauer eines jeden Dinges, besonders eines Menschen. So bedeutet Alter oder Menschenalter oft einen Zeitraum von so viel Jahren, als ein Mensch ordentlicher Weise zu leben pfleget. Vor der Sündfluth währete das Alter der Menschen gemeiniglich neun hundert Jahr. Ingleichen einen Zeitraum, in welchem alle zugleich lebende Menschen auszusterben pflegen, eine Generation, wofür man eine Zeit von drey und dreyßig Jahren annimmt. Drey Alter, oder Menschenalter machen also ein Jahrhundert aus.

Am häufigsten aber in eingeschränkterer Bedeutung, diejenige Zeit, welche ein Mensch, oder eine Sache durch die Dauer bereits zurückgelegt hat. An Alter zunehmen. Wir sind gleiches Alters, oder von gleichem Alter, in gleichem Alter. Er ist meines Alters, oder in meinem Alter. Das Alter eines Geschlechtes. Dieses Geschlecht ist von hohem Alter. Das Alter einer Stadt, eines Thieres, eines Baumes, u.s.f.

2) Ein gewisser Zeittheil der menschlichen Dauer, und der Zustand des Menschen in demselben. So wird das menschliche Leben von einigen in sieben Alter getheilet. Er ist in seinem besten Alter. Das blühende, das männliche, das hohe Alter. Die Jugend hat ohne glücklich zu seyn, Freuden genossen, welche die folgenden Alter nur zu beweinen haben, Dusch. Die Glückseligkeit muß sich über alle Alter ausbreiten, worin wir empfinden und denken, Dusch. Figürlich wird auch die Dauer der Welt in gewisse Zeiträume eingetheilet, welche gleichfalls Alter genannt werden. Das goldene Alter der Welt, die vorgegebene Zeit der Einfalt und Genügsamkeit, da die Wünsche der Menschen sich noch nicht über die wahren Bedürfnisse der Natur erstreckt haben sollen. So auch, das silberne, das eherne Alter. Glückliches Alter unserer Väter, wie verschieden bist du von dem unsrigen! Dusch. In der Astronomie heißen zuweilen auch die scheinbaren Veränderungen des Mondes, Mondesalter, in welchem Verstande Aetas lunae schon bey dem du Fresne vorkommt. In engerer Bedeutung wird zuweilen auch eine längst verflossene Zeit das Alter genannt, doch nur in den adverbischen Redensarten, vor Alters, ehedem, und von Alters her, von langen Zeiten her. In den Rechten bedeutet von Alters her, seit einer Zeit von dreyßig Jahren.

3) Eine längere Dauer und die damit verbundenen Vorzüge, im Gegensatze eines Jüngern; ohne Plural. So sagt man im gemeinen Leben oft, das Alter haben, oder das Alter vor einem andern haben, länger in dem Besitze einer Sache oder eines Rechtes seyn, als er. Ingleichen in den Bergwerken, sein Alter augenscheinlich machen, sein älteres Recht beweisen; das Alter erlangen, die mit dem ältern Rechte verbundenen Vorzüge bekommen; das Alter erhalten, durch pflichtmäßiges Betragen in dem Besitze dieser Vorzüge verbleiben.

4) Der letzte Zeittheil des natürlichen Lebens der Menschen; ohne Plural. Mein Alter nahet heran, schleicht herein. Das Alter drückt mich noch nicht. Der Jugend Fleiß ist des Alters Ehre. Sprichw. Alter hilft für Thorheit nicht, alte Leute können eben so wohl Thorheiten begehen, als junge. Vor Alter sterben, aus bloßer Erschöpfung der Kräfte. Figürlich werden unter diesem Worte auch alte Personen verstanden. Das Alter ist mürrisch.


Das Alter sucht die Ruh, die Jugend liebt die Freude,

Hofmannsw.


Im gemeinen Leben ist das Alter auch eine Krankheit der Kinder und jungen Leute, wenn sie sehr alt aussehen, auch das Älterlein; da denn der Aberglaube sie in den Backofen zu schieben pflegt, sie wieder jung zu backen.

[238] Anm. Die Alten hatten so wohl dieses Hauptwort Alter, als das verwandte Elt, Aldi, Angels. Ylde, und noch jetzt sind in Oberdeutschland beyde üblich, doch mit einigem Unterschiede. Die Älte, und in Oberschwaben Alri, wird mehr von der Dauer überhaupt, besonders lebloser Dinge, das Elter oder Älter aber vornehmlich von dem hohen menschlichen Alter gebraucht. S. Alt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 238-239.
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