Am

[243] Am, die mit dem m, als dem Casus-Zeichen des Dativi Singularis des männlichen und sächlichen Geschlechtes, zusammen gezogene Präposition an, welche in einigen Fällen nothwendig ist, in andern aber nur geduldet wird.

1. Nothwendig ist diese Zusammenziehung. 1) Vor den Superlativis, wenn sie als Nebenwörter stehen sollen. Am besten. Am größten. Ich sehe ihn am liebsten unter allen. Hier lebt man am vergnügtesten. In diesem Falle verträgt die Präposition den völlig ausgedruckten Artikel schlechterdings nicht, obgleich auf, wenn es auf ähnliche Art gebraucht wird, denselben leidet; z.B. aufs beste, oder auf das beste. Zwischen den mit an und auf als Adverbia gebrauchten Superlativis findet übrigens noch der Unterschied Statt, daß an eine wirkliche Vergleichung voraus setzet, auf aber nur schlechthin einen hohen Grad andeuten soll. Z.B. Er hat uns aufs beste bewirthet, sehr gut; er hat uns am besten bewirthet, unter allen andern hat uns niemand so gut bewirthet. So auch, er ging am prächtigsten gekleidet, und er ging auf das prächtigste gekleidet; er bewies sich noch am billigsten, unter den übrigen, und er bewies sich auf das billigste. 2) Wenn an den Dativum Singularis regieret und vor einem Hauptworte männlichen oder sächlichen Geschlechtes stehet, welches den bestimmten Artikel in diesem Falle nicht leidet, da denn der Casus an der Präposition bezeichnet werden muß. Ein Engel am Verstande. Ihre guten Absichten ersetzen das, was ihr am Verstande fehlet. Arm am Geiste. Krank am Leibe, am Gemüthe. Er ist noch am Leben.


Groß an Gestalt, am Geiste klein,

Weiße.


Besonders, wenn dadurch adverbische Redensarten gebildet werden. Am Anfange, für anfänglich. Sie wird es am Ende doch errathen. Es ist noch hoch am Tage. Es liegt am Tage. Wenn aber vor einem solchen Substantive noch ein Adjectiv stehet, so bekommt dieses, nicht aber die Präposition das m, indem es hier bloß auf die Bezeichnung des Casus ankommt. Zehn Thaler an barem Gelde. An innerm Werthe reich, Haged. Vor Fämininis kann an den Dativ nicht bezeichnen, weil sich das r nicht mit dem n verbinden läßt; folglich reich an Schönheit.

2. Geduldet wird diese Zusammenziehung überall wo an dem stehen sollte, doch nur in der vertraulichen Sprech- und Schreibart, dagegen man sie in der höhern lieber vermeidet; es müßte denn die vollständigere Form den dichterischen Styl matt machen. Der Garten ist gleich am Hause. Am Sonntage. Eine Wunde am Haupte. Am Tage des Gerichtes. So auch wenn ein Adjectiv zwischen an und dem Hauptworte stehet. Am heutigen Tage. Am dritten Tage. Findet aber der Artikel der nicht Statt, sondern es sollte eigentlich der unbestimmte Artikel ein stehen, oder stehet vor dem Substantive ein Pronomen oder ein dem Pronomen ähnliches Adjectiv, so bekommt dieses das m, und an behält seine natürliche Gestalt. Geschiehet das an grünem Holze, wenn man hier grünes Holz unbestimmt, folglich ohne Artikel verstehet; denn im entgegen gesetzten Falle müßte es heißen, am grünen Holze, für an dem grünen Holze. An barem Gelde. An jenem Tage. An einem Tage. An diesem Tage. Es hat mir an meinem Vermögen vielen Schaden gethan. Er arbeitet an deinem Verderben. Dieses gilt auch, wenn ein Genitiv vor dem Hauptworte vorher gehet. An Gottes Segen. In der ohnehin schon halb veralteten Anführungsart der Theologen, Matthäi am letzten Kapitel u.s.f. stehet am für im.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 243.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: