Anker (2), der

[321] 2. Der Anker, des -s, plur. ut nom. sing. Diminutivum Ankerchen. 1) Ein bekanntes mit Widerhaken versehenes Werkzeug, die Schiffe stehend zu machen. Den Anker werfen, auswerfen, oder fallen lassen, ihn seiner eigenen Schwere überlassen, damit er sich in den Grund des Meeres einsenke. Sich vor Anker legen, vor Anker gehen, den Anker auswerfen. Vor Anker liegen, auch in figürlicher Bedeutung, an einem Orte stille liegen, und auf etwas warten. Den Anker lichten, ihn wieder in die Höhe winden. Den Anker aufsetzen, ihn auf den Kranbalken bringen. Den Anker kappen, oder abkappen, das Ankertau abhauen, und den Anker auf der Tiefe lassen. Den Anker schleppen, oder vor Anker treiben, wenn der Anker nicht fest hält, sondern das Schiff wegführen lässet. Den Anker bekleiden, dessen Schaufeln mit Bretern verbinden; S. Ankerschuh. Figürlich ist der Anker alles was Festigkeit und Sicherheit gewähret, daher er auch ein Sinnbild der Standhaftigkeit und der Gelassenheit ist. Wenn auch der Hoffnung ein Anker zugesellet wird, so deutet derselbe weiter nichts an, als daß diese Gemüthsbeschaffenheit uns in den Widerwärtigkeiten erhält und unterstützet. 2) Wegen einer Ähnlichkeit in der Baukunst, gekrümmte Haken, Stein an Stein und Holz an Holz damit zu befestigen, und in weiterer Bedeutung, alle diejenigen Werkzeuge, welche in den senkrecht stehenden Mauern angebracht werden, die Festigkeit derselben zu befördern. Diese sind von mancherley Gestalt, und bestehen gemeiniglich aus einem Zugbande, welches an dem einen Ende ein Loch hat, in welches der eigentliche Anker, der oft nur eine gerade Stange ist, auswendig an der Mauer gesteckt wird. Zuweilen haben diese Anker die Gestalt eines Υ, und alsdann werden sie Vorschieber genannt. In den Marschländern, wird der Grund, worauf ein Deich liegt, gleichfalls ein Anker genannt, vermuthlich, weil derselbe von quer über gelegten Balken, so wie der Anker in einer Mauer, zusammen gehalten wird. 3) Bey den Seidenwirkern, eine Rolle, unten mit einem Bleygewichte, die Leistenfaden damit auszuspannen.

Anm. Der Nahme dieses in der Schifffahrt so unentbehrlichen Werkzeuges, ist aus dem Griech. und Latein. αγκυρα und ancora in alle Europäische Sprachen und Mundarten gekommen. Selbst die Pohlen nennen dasselbe ankra, die Russen aber Jakori. Dem Plinius zu Folge hat Anacharsis, ein Scythe, die Anker mit Widerhaken erfunden. Wenn man nun dabey annimmt, daß auch der Nahme Scythischen Ursprunges ist, so ist sehr glaublich, daß dabey vornehmlich auf die Krümme gesehen worden. S. Anke, Angel, Haken u.s.f.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 321.
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