Anlangen

[330] Anlangen, verb. reg. welches auf gedoppelte Art gebraucht wird.

I. Als ein Neutrum. 1. Mit dem Hülfsworte seyn, von einem entfernten Orte ankommen, welcher Nebenbegriff der Entfernung in der Wurzel lang lieget. An einem Orte anlangen. Bey einem anlangen. Zu Schiffe, zu Pferde, zu Fuße anlangen. Der Bothe ist noch zu rechter Zeit angelanget. Der Gesandte ist in England, in Paris, in Madrit bereits angelanget.

2. Mit haben, * der Gegenstand eines Ausspruches seyn, doch nur im Vordersatze mit was oder so viel und so im Nachsatze, diesen Gegenstand des folgenden Ausspruches zu bezeichnen. Was mich anlanget, so bin ich noch gesund. Was diese Sache anlanget, so halte ich nichts davon. Oder auch im Participio. Die Reise anlangend, so wird selbige nicht erfolgen. Es ist in dieser ganzen Bedeutung im Hochdeutschen meist veraltet, und nur noch in den Kanzelleyen üblich. In den bessern Schreibarten gebraucht man dafür betreffen, nur daß dieses von einem weitern Umfange der Bedeutung ist. Das ohne Noth verlängerte anbelangen ist noch verwerflicher.

II. * Als ein Activum, bitten. Einen um etwas anlangen. Um ein Amt anlangen, um Recht und Gerechtigkeit anlangen. Diese Bedeutung ist nur noch im Oberdeutschen bekannt, im Hochdeutschen aber fast völlig verschwunden, außer daß sie noch hin und wieder in den Kanzelleyen vorkommt. Ältere Beyspiele hat Haltaus h. v. gesammelt, aus welchem zugleich erhellet, daß anlangen ehedem auch für belangen, d.i. in Anspruch nehmen, vor Gerichte verklagen, gebraucht worden.

Das Substantiv die Anlangung, plur. inusit. wird nur in der Bedeutung des ersten Neutrius für Ankunft aus der Ferne gebraucht.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 330.
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