[339] Anmaßen, verb. reg. act. 1) * Sich zu etwas erbiethen, sich dazu fähig und bereit erklären; nur noch in den Rechten, wo man in den Urtheilen mehrmahls lieset: daß Kläger dasjenige, so ihm zu erweisen aufgelegt, und er sich angemaßet, zur Nothdurft erwiesen habe. 2) Sich widerrechtlich zueignen, so wohl mit der zweyten, als auch mit der vierten Endung der Sache. Sich der Regierung, sich eines Titels anmaßen. Sich fremdes Lob, fremde Güter anmaßen. Er will sich noch immer eine Gewalt über meinen Willen anmaßen. Sich des Scepters anmaßen, Can. Die Verbindung mit der zweyten Endung ist die älteste, und der Oberdeutschen Mundart vorzüglich eigen, welche eine große Menge von Verbis mit der zweyten Endung der Sache zu verbinden pflegt, und darin der Griechischen Sprache sehr nahe kommt. Die Hochdeutschen haben diese Wortfügung abkommen lassen, und dafür in den meisten Fällen die vierte Endung eingeführet. Daher ist es geschehen, daß auch anmaßen am häufigsten mit dieser Endung verbunden wird. 3) * Einem etwas anmaßen, für zumuthen, nur noch im Oberdeutschen. So auch die Anmaßung, plur. die -en.
Anm. Die Abstammung dieses Wortes, welches im Holländ. anmatigen, im Niedersächsischen aber anmaten und anmatigen lautet, ist so ausgemacht noch nicht. Die meisten leiten es von Maß, messen her, und erklären es, sich seinen Theil zumessen. Wahrscheinlicher ist die in dem Bremisch-Niedersächsischen Wörterbuche Th. 3, S. 155 geäußerte Muthmaßung, daß es von Macht herkomme, und mit dem alten Gothischen anamathian, bemächtigen, mit Gewalt entreißen, einerley sey. Diese Vermuthung wird dadurch bestärket, daß im Niedersächsischen undermagten und undermaten ehedem gleichfalls bemächtigen und anmaßen bedeutet hat. Vermuthlich haben die Oberdeutschen dieses Wort von den Niederdeutschen angenommen, und das t, ihrer Gewohnheit nach, in den ihnen eigenen Zischlaut verwandelt.