Anthun

[392] Anthun, verb. irreg. act. S. Thun, sein Thun, d.i. seine Handlungen auf einen gewissen Gegenstand richten; ein Verbum, welches eigentlich von sehr weiter Bedeutung ist, jetzt aber nur noch in einigen wenigen Fällen gebraucht wird. 1) Für anlegen, ankleiden, so wohl von der Kleidung überhaupt, als von einzelnen Kleidungsstücken. Sich anthun. Sind sie noch nicht angethan? Ein neues Kleid, die Schuhe, das Hemd u.s.f. anthun. Aber auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet, außer daß das Mittelwort angethan noch zuweilen in der höhern Schreibart vorkommt.


Mit gewebter Luft leicht flatternd angethan,

Wiel.


2) Für zufügen, erweisen. Einem eine Ehre, Schimpf und Schande, Unrecht, Herzeleid anthun. Wenn sie nur die Gewalt hätten sehen sollen, die sie ihrem Herzen anthat, Gell. Sie sehen wohl, daß ich mir ihnen zu Liebe etwas Zwang anthue, ebend. Vielleicht thut ihnen meine Gegenwart einigen Zwang an, ebend. Sie thun mir recht viel Ehre an, ebend. Einem alles gebrannte Herzeleid anthun, im gemeinen Leben. Dem Gratulant verdroß die angethane Schmach, Zach. Man hat mir hier alle Höflichkeit angethan. Er thut uns allen ersinnlichen Verdruß an. Einem den Tod anthun, und sich den Tod anthun, ist nicht mehr üblich; im gemeinen Leben sagt man indessen noch: sich ein Leid, oder ein Leides anthun, für, sich um das Leben bringen. Noch niedriger ist derjenige Gebrauch dieses Zeitwortes, da es so viel als anzaubern bedeutet; es ist ihm angethan, oder sie hat es ihm angethan.


[392] Schier komm ich auf den Wahn,

Wenn ich ihr lang ins Auge seh,

Sie hat mirs angethan,


singt der Bauer bey dem Hagedorn.

Anm. Das Niedersächsische andoon bedeutet außer dem noch anlanden, einlaufen, de Weser andoon, in die Weser einlaufen, 't Land andoon, anlanden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 392-393.
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