Aufsitzen

[537] Aufsitzen, verb. irreg. neutr. (S. Sitzen,) welches mit beyden Hülfswörtern gebraucht wird.

I. Mit dem Hülfsworte haben, auf etwas sitzen, d.i. befestiget seyn. Das Bergleder sitzt zwischen den Klüften der erzhaltigen Steine auf, in der Sprache der Bergleute. Der Ring hat hier aufgesessen.

II. Mit dem Hülfsworte seyn.

1. Aufgerichtet sitzen, im Gegensatze des Liegens. 1) Eigentlich. Im Bette aufsitzen. 2) In weiterer Bedeutung, außer dem Bette sitzen, spät aufbleiben. Die ganze Nacht aufsitzen. Wir sind heute lange aufgesessen.

2. Sich auf etwas setzen, absolute, und ohne Beyfügung des Ortes. Die Hühner wollen aufsitzen, sich auf ihre Stange setzen, welche daher in der Landwirthschaft auch die Aufsitzstange genannt wird. Besonders, sich zu Pferde setzen. Sie alle sitzen auf, Zachar. Sie sind schon aufgesessen. Das Pferd läßt nicht gerne aufsitzen. Daher das Aufsitzgeld, ein Geschenk, welches der Bereiter bey dem ersten Aufsitzen von seinem Schüler erhält. In noch engerer Bedeutung wurde dieses Wort bey der ehemahligen Verfassung des Lebens- und Kriegeswesens von den Vasallen gebraucht, wenn sie auf Verlangen des Oberherrn in ihrer Rüstung zu Pferde wider einen allgemeinen Feind erschienen. Der ganze Adel muß aufsitzen. Es wird daher in den mittlern Zeiten ein Reiter zuweilen auch ein Aufsitzer genannt. Einem aufgesessen seyn, figürlich und nur allein im Participio, widerwärtig gegen ihn gesinnet seyn. Er ist nur mir so aufgesessen.

Anm. In Oberdeutschland hat dieses Zeitwort auch noch die Bedeutung des Aufstehens von dem Sitze.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 537.
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