Ausstehen

[657] Ausstehen, verb. irreg. (S. Stehen,) welches auf doppelte Art gebraucht wird.

I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, außer dem Hause stehen, auswärts stehen. Mit Waaren ausstehen, auf dem Markte.


Der vor dem in fremden Landen,

Als ein Doctor ausgestanden,

Gell.


Oft auch so viel, als am Pranger stehen. Figürlich auch von dem Gelde, welches man bey andern stehen oder zu fordern hat, in welcher Bedeutung man in Oberdeutschland außen stehen sagt. Vieles Geld bey andern Leuten ausstehen, zu fordern, haben. Mein Geld steht noch aus. Ausstehende Schulden.

II. Als ein Activum, bis zu Ende einer bestimmten Zeit stehen. 1) Eigentlich, im gemeinen Leben. Die ganze Predigt ausstehen. 2) Figürlich. a) Bey den Innungen und Handwerkern, die Lehrjahre ausstehen, die erforderliche Zeit über in der Lehre verbleiben. Er hat die Jahre bey mir ausgestanden. b) Leiden, erdulden, Schwed. utstå. Schmerzen, Hitze, Kälte, Angst, Ungemach, Mühe, Arbeit ausstehen. Er hat viel ausgestanden. Ich stehe die größte Qual aus. Ingleichen ertragen, überstehen. Eine schwere Krankheit, lange Belagerung ausstehen. Das ist noch auszustehen. Daher die Ausstehung in den thätigen Bedeutungen.

Anm. In Oberdeutschland gebraucht man ausstehen auch für abziehen. Die Magd wird morgen ausstehen. Aus einem Amte, aus einem Dienste, aus einer Kost ausstehen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 657.
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