[783] Bedürfen, verb. reg. neutr. (S. Dürfen,) mit dem Hülfsworte haben, für den gegenwärtigen Fall unentbehrlich nöthig haben, mit der zweyten Endung der Sache. Die Starken bedürfen des Arztes nicht. Der Herr bedarf ihrer. Ich armer Mann, bedarf ihrer Freundschaft, ihres Trostes, Gell. Um deinen Hunger zu stillen bedarfst du wahrhaftig keiner Welt, ein Feld kann dazu deine Welt seyn, Dusch. Man findet dieses Wort auch zuweilen mit der vierten Endung der Sache; z.B. Gott weiß, was ihr bedürfet, für wessen; allein die zweyte ist doch die üblichste, und daher auch die richtigste. Eben so ungewöhnlich ist es im Hochdeutschen, wenn dieses Verbum anstatt des Nennwortes mit der Partikel daß verbunden wird; z.B. ich bedarf, daß ich von dir getaufet werde.
[783] Ganz richtig wird es hingegen zuweilen impersonaliter gebraucht, das Lateinische opus est auszudrucken.
Was bedorfte des ein wib
Das ich u.s.f.
Dietmar von Ast.
Einen Nero mitten in seiner Glückseligkeit elend zu machen, bedarf es nicht der Gespenster des Seneca oder der Octavia, Dusch. Wenn es aber irgendwo heißt:
Denn es bedurfte dich nur Liebe einzuhauchen,
so ist solches eine unrichtige Wortfügung, welche noch dazu den Fehler der Zweydeutigkeit hat.
Anm. Kero gebraucht anstatt dieses Verbi das einfache duruftigon, und im Oberdeutschen ist dürfen in dieser Bedeutung noch üblich.
Man darf der Waffen nicht, wo Liebe sich erreget,
Opitz.
S. Dürfen. Indessen kommt bithurfan schon bey dem Ottfried und Tatian, und zwar beyde mit dem Genitiv vor. Die Angelsachsen sagten bethearfen und die Niedersachsen im 14ten Jahrhunderte bedroften. Im Oberdeutschen wird es auch für dürfen Macht, Erlaubniß haben, gebraucht.
Die Schiffleur bedorfften sich nit
Weren,
Theuerd. Kap. 32.
Das nyemands ein einiges wort
Bedorfte sagen der Künigin,
Theuerd. Kap. 32.