Befangen

[788] Befangen, verb. irreg. act. S. Fangen, ein vornehmlich im Oberdeutschen übliches Wort, welches in dieser Mundart verschiedene Bedeutungen hat. Es bedeutete nehmlich, 1) * umgeben, in welchem Verstande bifangan häufig bey dem Ottfried und Tatian vorkommt. Hierher gehören auch das alte Bifang, welches eigentlich einen befriedigten oder umzäunten Ort und hernach einen jeden Hof bedeutete, und im mittlern Lateine durch Conceptio für Conseptio übersetzt wurde. Einen solchen Bifang oder Hof hatte Kaiser Carl der Große zu Vargala in Thüringen, den er daher in einer Urkunde terram conceptionis suae nennet, woraus ungeschickte Ausleger das Land seiner Empfängniß gemacht haben. 2) In sich fassen, in sich halten. Das ist schon mit darunter befangen, d.i. begriffen. Das ist nicht der in der Frage befangene Fall. 3) * Wie befallen in der figürlichen Bedeutung. Mit Schlaf, mit Furcht befangen seyn. Note diu[788] mih pefangen habet, Notker. 4) * Sich bemächtigen, überwinden, gefangen halten.


Friuntlih bevangen

Hat mih ein roter munt

Vnd zwei lichtue wangen,

Herzog Johann von Brabant.


5) * In Verbindung stehen. Mit jemanden in naher Verwandtschaft befangen seyn. 6) * Empfangen; daher sagt man in Franken ein befangenes, d.i. bebrütetes, Ey. S. auch Unbefangen.

Anm. Im Oberdeutschen ist befahen, bey dem Kero pivahen, in allen obigen Bedeutungen üblich, ja mit befangen eigentlich nur ein und eben dasselbe Wort, S. Fahen und Fangen. Von allen obigen Bedeutungen kommt im Hochdeutschen nur die zweyte, und auch diese nur selten vor.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 788-789.
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