Bestand, der

[922] Der Bestand, des -es, plur. car. von dem Verbo bestehen, und zwar,

1. So ferne dasselbe ein Neutrum ist. 1) Der Zustand des Bestehens, oder Stehenbleibens überhaupt. Besonders aber, (a) die ununterbrochene und unverletzte Fortdauer einer Sache. Die Sache hat Bestand. Deine Freundschaft wird nicht lange Bestand haben, oder, es wird mit deiner Freundschaft nicht lange Bestand haben. Bis jetzt gehet es gut, ich wünsche nur Bestand.


Hier ist doch kein Bestand, die Menschen müssen sterben,

Can.


Hierher gehören auch die in der Gerichts- und Kanzelleysprache üblichen R.A. mit Bestand der Wahrheit, mit Bestand seines Ansehens, mit Bestand Rechtens, so daß die Wahrheit, sein Ansehen, das Recht dabey bestehen kann; wofür man oft nur Bestand allein setzet. Man kann den Ursprung der Deutschen Lehen mit Bestand nicht wohl über die Zeiten Carls des Großen setzen, mit Bestand der Wahrheit. (b) Widerstand, am häufigsten in Oberdeutschland. Einem Bestand thun, sich ihm widersetzen, ihm die Spitze biethen, von bestehen, angreifen. 2) Dasjenige woraus etwas bestehet; nur in einigen Gegenden. Der Bestand des Waldes ist von tausend Ackern, er bestehet daraus. 3) Dasjenige, was bestehen oder stehen bleibet. In diesem Verstande nennet man in Rechnungssachen, dasjenige, was nach abgezogener Ausgabe von der Einnahme übrig bleibt, den Überschuß, auch den Bestand, und im Plural auch wohl die Bestände. Daher der Cassen-Bestand, was in der Casse übrig bleibt.

2. So fern bestehen ein Activum ist, kommt dieses Hauptwort, am meisten in den Oberdeutschen Gegenden, häufig für Pacht oder Miethe vor. Einem etwas in Bestand geben. Ein Haus im Bestand haben. Ein Gut in Bestand nehmen. Daher der Gartenbestand, der Hausbestand u.s.f. der Pacht eines Gartens, eines Hauses. Ingleichen ein Bestandmann, ein Pachter oder Miethmann; ein Bestandgärtner, Bestandmüller u.s.f. der einen Garten oder eine Mühle im Bestand hat; ein Bestandgut, welches jemanden in Pacht, auch wohl in Erbpacht gegeben worden; das Bestandgeld, das Pachtgeld; der Bestand-Contract, die Bestandzeit u.s.f.

Anm. Wider den Hochdeutschen Sprachgebrauch ist es, wenn einige Dichter dieses Wort für Beständigkeit gebrauchen. Z.B.


Die durch Bestand nicht Gegentreu erhält,

Die wird vom Glück zu grausam hintergangen,

Hag.


Durch mehr als jährigen Bestand

Verehren was man artig fand,

Das war den Vätern vorgeschrieben,

Hag.


Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 922.
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