Birn, die

[1028] Die Birn, plur. die -en, Diminutivum Birnchen, Oberdeutsch Birnlein. 1) Eigentlich die Frucht des Birnbaumes. Zahme Birnen, welche in den Gärten erzeuget werden. Wilde Birnen, welche in den Wäldern wild wachsen, und in einigen Gegenden Knödel, und wenn sie getrocknet worden, in den niedrigen Mundarten Huzeln, und in Baiern Kletzen heißen. An einigen Orten werden die Beeren des Weiß- oder Hagedornes, Crataegus oxyacantha, L. welche gemeiniglich Mehlbeeren heißen, auch unserer lieben Frauen Birnlein genannt. 2) Im gemeinen Leben, verschiedene Körper, welche einer Birn an der äußern Gestalt ähnlich sind. Bey den Drahtplättern ist die Birn ein hölzerner rund gedreheter Schraubenstock, in welchem der Draht sein Wachs zurück lassen muß, ehe er noch die Walzen erreicht. An einigen[1028] Orten steckt man den Inquisiten eine hölzerne Birn in das Maul, um das Schreyen während der Tortur zu verhindern, welche Birn Heil in Iud. et Defens. S. 257 beschreibt.

Anm. Birn, im Oberdeutschen, Biern, Piern, und im Plural Bieren, Pieren, im Nieders. Bere, ist ein altes Wort, welches mit dem Latein. Pyrum genau überein kommt, und ohne Zweifel zu Beere gehöret, wie nicht nur die Niedersächsische Mundart sondern auch die Oberdeutsche beweiset, in welcher Biren noch im 15ten Jahrhunderte für Weinbeere vorkommt. Im Italiän. lautet diese Frucht Pera, im Span. Peras, im Franz. Poiro, im Dän. Peere, im Schwed. Paeron, im Wallis. Peren, im Engl. Pear, im Holländ. Peere und Peyre. Das hohe Alterthum dieses Wortes erhellet aus dem Hebr. פר, welches gleichfalls eine Birn bedeutet. S. Beere. Wachter hält ein so genanntes Celtisches Ber, welches süß bedeutet haben soll, für das Stammwort.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1028-1029.
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