Boden, der

[1108] Der Boden, des -s, plur. die Böden, überhaupt das Unterste einer jeden Sache. Besonders,

1. Die Oberfläche der Erde, im Gegensatze des Himmels, ohne Plural. 1) So fern diese Oberfläche bloß als das Unterste im Gegensatze des Himmels betrachtet wird. Daher, der Erdboden, die ganze Erdkugel, besonders in Rücksicht auf ihre Oberfläche. Siehe das demüthige Veilchen, welches auf der Erde kriecht, und sich kaum über den Boden zu wagen scheinet. Der Boden weicht unter mir. Pfadlos, ach! und rauh ist der Boden! Wenn das Wort Boden von einzelnen Theilen der Erdfläche gebraucht wird, so geschiehet solches in dieser Bedeutung am häufigsten in einigen figürlichen Redensarten. Einen zu Boden treten, ihn unterdrücken. Jemanden zu Boden schlagen, ihn demüthigen, ihm alle Hoffnung benehmen, ihn entkräften u.s.f. Dieß schlägt alle deine Entschließungen auf Ein Mahl zu Boden, Dusch, vernichtet sie, macht sie unnütz. 2) In Rücksicht auf die physische Beschaffenheit des Erdbodens, in der Landwirthschaft. Ein fruchtbarer Boden, ein sandiger, ein kalter, ein hitziger Boden. Sprichw. Das Handwerk hat einen goldenen Boden, es ernähret seinen Meister reichlich. 3) In Rücksicht auf das Recht des Eigenthumes, da dieses Wort gemeiniglich mit[1108] dem Worte Grund verbunden wird. Grund und Boden ist mein.

2. Der unterste Raum eines Gefäßes, Behältnisses, oder was dem ähnlich ist. Der Boden eines Fasses, eines Sackes, eines Gefäßes, eines Zimmers, der auch wohl der Fußboden genannt wird, zum Unterschiede von dem obern Boden eines Gebäudes. Dem Fasse den Boden ausstoßen, in einer niedrigen Figur, eine Sache völlig verderben. Sich zu Boden, oder auf den Boden setzen, sagt man von schweren Körpern, welche sich in einem flüssigen niederwärts senken. S. Bodensatz. So auch von dem Boden oder Grunde des Meeres. Zu Grund und Boden gehen, im gemeinen Leben, völlig verderbet werden. Die Goldschmiede nennen auch die unrechte Seite einer getriebenen Arbeit den Boden.

3. Was die Gestalt des Bodens eines Gefäßes hat. In dieser Bedeutung nennet man nur im Handel und Wandel, ein rundes Stück Wachs oder Talg, welches in eine hölzerne Schüssel gegossen worden, wovon es die Figur angenommen hat, einen Boden Wachs oder Talg.

4. Der Raum eines Gebäudes, welcher zwischen zwey gestreckten Gebälken bleibt, oder der Theil eines Gebäudes, welcher nicht unmittelbar zur Wohnung zubereitet ist. Ein Kornboden, ein Haferboden, ein Malzboden, ein Holzboden, ein Fechtboden, ein Tanzboden u.s.f. Auf den Boden gehen. Daher bey Scheuern oder andern nicht zur Wohnung bestimmten Gebäuden Boden eben das ist, was bey andern ein Geschoß, oder Stockwerk heißt. Ein Thurm, ein Vorrathshaus mit vier Böden. Besonders der oberste Raum eines Hauses unter dem Dache, welcher in einigen Oberdeutschen Gegenden die Bühne, im Nieders. der Böhn genannt wird. Er, der Kater, hatte die Nacht durch einsame Böden durchirrt, Zachar. Ehedem wurde ein solcher oberster Boden auch der Söller genannt, S. dieses Wort. Im Nieders. heißt er auch Oken, und im Osnabrückischen Hyle.

5. In einigen, besonders Niedersächsischen Gegenden wird der Grund bunter oder geblümter Zeuge der Boden genannt, in welcher Bedeutung der Plural ungewöhnlich ist. Stoff mit dunkelem Boden.

Anm. 1. So fern dieses Wort so wohl die Erdfläche, als auch das Unterste eines Behältnisses bedeutet, lautet es bey dem Notker Bodem und Podem, im Angels. Botm, im Engl. Bottom, im Schwed. Bottn, im Holländ. Boden, im Friesischen Boem, im Nieders. Bodden, im Böhmischen Puda, im Pohln. Spod. Frisch hält die Slavonische Partikel bod, unten, für das Stammwort. So viel ist gewiß, daß es ein sehr altes Wort ist, indem schon das Griech. βυθος, βυθμος, πυθμƞν, βενθος, dem Hesychius zu Folge, den Boden bedeutete. Herr Ihre rechnet auch das Latein. Fundus hierher, welches durch Versetzung aus dem Griechischen entstanden. Diese Muthmaßung lässet sich aus dem Dänischen bestätigen, wo Bund, durch eine ähnliche Versetzung den Boden bedeutet. Im Isländ. ist Badmur eine ebene Fläche, ein Feld, und um Lauenburg heißen die Flößen, welche Stamm- und Stabholz nach Hamburg führen, Bodens. Übrigens lautet dieses Wort im Oberdeutschen noch jetzt Bodem, und in der Oberpfalz Büdne. Wenn Boden den Raum eines Gebäudes ausdrückt, so stehet es vermuthlich im Gegensatze des Daches, in dessen Rücksicht ein solcher Boden alle Mahl das Niedrigere ist.

Anm. 2. Der Plural lautet durch ganz Obersachsen, besonders in Meißen, Böden; die Niederdeutschen behalten das o unverändert, welches auch Luther 1 Mos. 6, 16, und 1 Kön. 7, 7, nachgeahmet hat. Die Oberdeutschen sind hier gleichfalls getheilet. Die Schlesier und einige andere Mundarten sprechen Bödemen, dagegen die Oberpfälzer u.s.f. Boden haben.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1108-1110.
Lizenz:
Faksimiles:
1108 | 1109 | 1110
Kategorien: