Brust, die

[1225] Die Brust, plur. die Brüste, Diminutivum das Brüstchen, Oberdeutsch das Brüstlein. 1. Der vordere gemeiniglich erhabene Theil des menschlichen und thierischen Körpers von dem Halse an bis an den Magen. Eine breite, eine hohe Brust haben. Sich an die Brust schlagen. Drücke deinen Freund an deine Brust. Meine Brust klopft mir voll Unmuth, daß mich die Natur nicht männlich schuf, Weiße. Die Kälberbrust,[1225] in den Küchen, der Theil an dem vordersten Kalbesviertel unter dem Buge, der bey dem erwachsenen Rindviehe der Brustkern genannt wird. Zuweilen wird unter dem Nahmen der Brust auch die Brusthöhle, und die in derselben befindlichen Eingeweide, besonders aber die Lunge verstanden. Daher die Redensarten: es liegt mir auf der Brust, wenn sich Schleim in der Lunge gesammelt hat; es beklemmt mir die Brust, wenn das freye Athemhohlen gehindert wird; eine schwache, eine starke Brust, d.i. Lunge, haben u.s.f. Siehe auch die Zusammensetzungen Brustarzeney, Brustbeschwerde, Brustkrankheit u.s.f. Oft verstehet man unter dieser Benennung auch nur die eine Hälfte der Brust, bey beyden Geschlechtern. Einen Stich in die rechte Brust bekommen. In allen jetzt angeführten Fällen dieser ganzen Bedeutung ist der Plural selten, ja fast ganz ungewöhnlich, außer wenn von mehrern Brüsten geschlachteter Thiere die Rede ist.

2. In engerer Bedeutung, die fleischigen Erhöhungen zu beyden Seiten der Brust, besonders bey dem weiblichen Geschlechte, wo sie zugleich zur Absonderung des Milchsaftes dienen. Selig sind die Brüste, die du gesogen hast! Luc. 11, 27. Einem Kinde die Brust reichen oder geben, es an die Brust legen. Ein Kind von der Brust entwöhnen. Sie schütten Segen herab, und tränken Felder wie Brüste, Kleist. Da die Schamhaftigkeit diese Theile des weiblichen Körpers in den gewöhnlichen Fällen zu bedecken befiehlet, so kann es oft den Wohlstand beleidigen, sie im Plural zu nennen, in welchem Falle man aber diese engere Bedeutung unter die vorige allgemeine im Singular versteckt, und z.B. statt schöner Brüste, eine schöne Brust sagt. In der anständigen Schreibart leget man auch solchen Thieren, die ihre Milchgefäße an der Brust haben, Brüste bey; von den übrigen aber ist das Wort Euter gebräuchlich.

3. Figürlich. 1) Eine Bekleidung der Brust, besonders bey dem andern Geschlechte. So wird die ausgesteifte Bekleidung des Oberleibes ohne Ärmel zuweilen eine Brust, und bey Kindern ein Brüstchen, sonst aber auch eine Schnürbrust genannt. An einigen Orten ist das Brüstchen ein kurzes feines Oberhemd mit Ärmeln der gemeinen Weibesleute, welches sie über das Unterhemd ziehen. 2) Was vor der Brust ist. So wird an den Orgeln alles dasjenige Brust genannt, was der Organist bey dem Spielen der Orgel vor sich hat. S. auch Brustwerk. 3) Wegen einiger Ähnlichkeit, besonders in Ansehung der Hervorragung. So wird in den Schmelzhütten die Wand an dem Schmelzofen über dem Herde die Brust genannt, welchen Nahmen auch an der Glättgasse die Abdachung von Asche in der Scharte des Abtreibeherdes führet. Ja in dem Grubenbaue führet diesen Nahmen beynahe eine jede Hervorragung an dem Gesteine. S. Zubrüsten. An den Degengefäßen heißt der massive Theil zwischen dem Griffe und dem Stichblatte gleichfalls die Brust. 4) Die untern Kräfte der Seele, die man sonst auch das Herz nennet, weil dasselbe seinen Sitz in der Brusthöhle hat, besonders bey den Dichtern. Wenn die Dankbarkeit eine weibliche Brust erwärmet.


Sprich, ob ich deiner Brust je werth gewesen bin,

Weiße.


Anm. In der ersten Bedeutung lautet dieses Wort bey dem Ulphilas Brusts, bey dem Ottfried und Willeram Brust, im Angels. Breost, im Engl. Breast, im Isländ. Briost, im Schwed. Brost, im Dän. Bryst, im Böhmischen Prs, Prsni. Andere Mundarten versetzen das r, wie das Nieders. Borst, Bost, bey dem Tatian Burst, im Holländ. Borst, im Russischen Persi, bey den Krainerischen Wenden Perse. Die Abstammung dieses Wortes ist noch ungewiß; denn wenn einige dasselbe gleich von bersten, andere von bären, heben, weil sich die Brust bey dem Athem[1226] hohlen hebet, und noch andere von dem Griech.προθιος, anterior, herleiten; so sind das doch nur bloße Muthmaßungen. Die letzte ist noch die wahrscheinlichste; denn es scheinet, daß man mit diesem Worte zunächst auf die Erhöhung oder Hervorragung gesehen; S. Alberbrosse und Bröschen, und alsdann könnten die figürlichen Arten des Gebrauches im Bergbaue, besonders die letzte, als die eigentlichen und ersten Bedeutungen dieses Wortes angesehen werden. Von den Brüsten des andern Geschlechtes waren ehedem auch die Ausdrücke Spunne, (S. Abspänen) und Manzon üblich, welches letztere bey dem Tatian vorkommt. In einem alten Vocabulario aus dem funfzehenten Jahrhunderte heißt Pectus, Borst, und Mamilla, Memchyn. Doch gebraucht schon Raban Maurus im achten Jahrhunderte Prusti von den Brüsten des weiblichen Geschlechtes. Im Meklenburgischen nennt man eine entblößte weibliche Brust im verächtlichem Verstande die Brüchen. S. auch Bietz, welches diesen Theil des weiblichen Körpers in der niedern Vertraulichkeit bezeichnet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1225-1227.
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