Daß

[1409] Daß, eine Conjunction, welche überhaupt den Gegenstand einer Veränderung mit dem vorher gehenden Verbo verbindet, aber dabey oft von verschiedenen Nebenbegriffen begleitet ist. Sie bezeichnet,

1. Den Gegenstand des vorher gehenden Verbi ganz einfach, ohne einigen Nebenbegriff, in welchem Falle sie oft das bloße Zeichen eines nachfolgenden Satzes ist. Sie hat alsdann,

1) Den Indicativ bey sich, wenn der Gegenstand gewiß ist, oder doch als gewiß vorgestellet wird. Ich sehe, daß er kommt. Ich hörete, daß er sagte, er wolle nicht kommen. Ich fühle, daß mich jemand sticht. Ich weiß, daß es unrichtig ist. Es begab sich, daß der Arme starb. Glaubest du, daß du ein Sünder bist? Der Himmel weiß, daß ich bloß deinetwegen betrübt bin. Es ist doch ein unerträglicher Stolz, daß er mich verläßt, Gell. Ist es nicht möglich, daß ich alleine seyn kann? ebend. Vergeben sie mir, daß ich noch immer den Zerstreueten vorstelle, ebend. Ich fürchte, daß mir diese unglückliche Entdeckung schon mehr als zu bekannt ist, ebend. Ich freue mich, daß es ihnen wohl gehet. Gesetzt, daß es geschehen wird. Das ist die Glückseligkeit des Thoren, daß andere ihn für glückselig halten, Dusch. Ingleichen mit der Verneinung. Ich sehe wohl, daß ich es nicht erlangen werde. Kaum konnte ich mich enthalten, daß ich ihn nicht von dem Pferde riß, Weiße. In welchem Falle denn gemeiniglich der Nominativ des Hauptwortes und ein jeder Casus des persönlichen Fürwortes zwischen dem daß und nicht stehet.

Zuweilen kann auch die gewöhnliche Folge der Wörter versetzet, und der Satz, der zu dem daß gehöret, voran geschicket werden. Daß er gelehrt ist, habe ich lange gewußt. Daß er kommt, sehe ich.

Die Conjunction kann in dieser Bedeutung auch füglich einigen andern Redetheilen beygesellet werden, anstatt sich auf ein Verbum zu beziehen. Wir empfinden die Liebe oft, ohne daß wir wissen, daß es Liebe ist, Gell. für: und wissen nicht, daß u.s.f. oder: ohne zu wissen, daß u.s.f. So stirbt er, ohne daß ers nützt, Weiße. In der Zeit, daß ich auf ihn wartete. Indessen, daß ich auf ihn wartete. Nach welchem Umstandsworte das daß auch ausgelassen werden kann.


Indeß der Überfluß auf jede seiner Spuren

Ein ganzes Füllhorn leert,

Raml.


Und wo man bundsverwandte Nationen

Bequem zur Schlachtbank schickt,

Indessen man, sein Heer zu schonen,

Von sichrer Höh weit um sich blickt,

Raml.


Indeß nicht weit davon in frisch gepreßtem Wein

Zween Satyrn ihre Kehlen baden,

Wiel.


Die Conjunction kann in dieser einfachen Bestimmung des Gegenstandes in mehrern Fällen ausgelassen werden, und alsdann kann ihre Stelle durch den Infinitiv, mit und ohne zu, ersetzet werden.[1409] Wir empfinden die Liebe oft, ohne zu wissen, daß es Liebe ist. Es ist doch ein unerträglicher Stolz, mich zu verlassen. Freylich lässet sich diese Wortfügung nur in wenig Fällen anbringen, ob sie gleich im Oberdeutschen häufiger ist. Ohne daß ich den geringsten Bericht erhalten, dergleichen vorhanden zu seyn. Wir glauben nicht, möglich zu seyn. Wir leben der Hoffnung, dieselben uns erlauben werden.


Allein der erste Blick beym Eintritt schon erkannte,

Dieß Zimmer eben das zu seyn,

So mich u.s.f.

Wiel.


Welche Wortfügungen auch dem härtesten Hochdeutschen Ohre unerträglich fallen müssen. Die Verba sehen und hören bekommen den bloßen Infinitiv ohne zu. Ich sehe ihn kommen, ich sahe ihn reiten, ich höre ihn schreyen, wir höreten ihn blasen u.s.f. In andern Fällen wird bey der Auslassung des daß nur die Folge der Wörter verändert. Ich höre, er wird kommen, für daß er kommen wird. Ich weiß, du wirst es thun.

2) Ist hingegen der Gegenstand der Handlung noch ungewiß, oder wird derselbe doch als ungewiß vorgestellet, so folget nach dem daß der Conjunctiv. Ich besorge, daß du stolz werden möchtest, oder werdest. Ich bath ihn, daß er es thun möchte. Ich rathe dir, daß du es nicht thuest. Er wollte, daß ich zu dir kommen sollte. Ich wünschte, daß du zu ihm gingest, oder gehen möchtest. Es ist nicht möglich, daß er eine solche Niederträchtigkeit begehen sollte, Gell. Ehe wollte ich glauben, daß mein Vater ihm geschrieben hätte. Aber woher wüßte ichs, daß du die Laute hättest haben wollen? Gell. Sollte man es ihm wohl ansehen, daß er zornig wäre? d.i. seyn könnte.

Besonders gebraucht man den Conjunctiv gern, wenn man seine Worte oder die Worte eines andern anführet, zumahl wenn man an der Rede keinen Theil nehmen will, sondern die Wahrheit oder Unrichtigkeit derselben dahin gestellet seyn lässet. Er sagte, daß die Zärtlichkeit eine Schwachheit sey. Ihr habt ja immer gesagt, daß er ein vernünftiger Mann sey. Ich erwies ihr, daß sie verbunden wäre, zu heirathen. Wir antworteten, daß dieses nicht Statt haben könne.

Im gemeinen Leben, selbst in der historischen Schreibart, ist es sehr gewöhnlich, das Bindewort bey dieser anführenden Art zu erzählen, durch einen Zwischensatz von seinem Satze zu trennen. Er meldete mir, daß, als er sich zu Wien befunden habe, ihm ein Zufall begegnet sey, der u.s.f. Welche Wortfügung zuweilen aus Noth geduldet werden muß, aber fehlerhaft wird, wenn dadurch die natürliche Construction des daß zerrissen wird, z.B. daß, als er sich zu Wien befunden habe, so sey ihm u.s.f.

Indessen gibt es Fälle, wo ungeachtet der Anführung seiner oder fremder Worte der Indicativ stehen kann, wenn nehmlich der angeführte Satz gewiß und ausgemacht ist, oder doch dafür angenommen wird. Sage ihr, daß sie eine Närrinn ist. Ich sagte es dir vorher, daß nichts daraus werden wird. Ich wollte ihr sagen, daß der Papa nach ihr gefragt hätte, Gell. besser hat. Sage ihr, daß er 50.000 Thaler bares Geld hätte, ebend. besser hat.

In andern Fällen findet so wohl der Indicativ als Conjunctiv Statt, je nachdem der Gesichtspunct ist, aus welchem man den Satz ansiehet. Ich hätte nicht gedacht, daß sie so zärtlich wäre, oder ist. Sie hat mir gesagt, daß sie schön wären, oder sind; daß sie alle mögliche Hochachtung verdienten, oder verdienen.

In Obersachsen ist es indessen sehr üblich, das Bindewort daß mit dem Conjunctive zu verbinden, wo der Verstand den Indicativ fordert. Der Spiegel erinnert mich, daß es Zeit sey (besser[1410] ist,) ernsthaft zu werden, Raben. Ich habe ihm die Versicherung gegeben, daß bey uns nicht die Musketier so galant thäten (besser thun), wenn sie in der Schenke wären, (sind,) Gell. Wenn sie wüßte, daß wir von ihrer Andacht sprächen (besser sprechen,) ebend.

Wenn dieses Wort einen Conjunctiv nach sich haben sollte, kann es auf verschiedene Art ersetzet werden, die widrige Zusammenkunft mehrerer daß zu vermeiden. (a) Durch Auslassung der Conjunction und Veränderung der Folge der Wörter. Ich besorge, du möchtest stolz werden, für daß du stolz werden möchtest. Er wollte, ich sollte zu dir kommen. Welches besonders bey Anführung seiner oder fremder Worte Statt findet. Er sagte, die Zärtlichkeit sey eine Schwachheit. Sage ihr, sie sey eine Närrinn. Die Conjunction aber zu verschweigen, und doch die Construction unverändert zu lassen, ist nur im Oberdeutschen üblich. Also können wir nicht umhin, Ew. -zu belangen, Ihro allergnädigst gefallen wolle, u.s.f. Ew. – anheim zu stellen, Ihro erleuchtest belieben wolle. (b) Durch den Infinitiv und das Wörtchen zu. Ich bath ihn sehr, es mir zu geben. Ich rathe dir, es nicht zu thun. Ein gutes Gehör muß entscheiden, in welchem Falle diese Ersetzung thunlich ist. Mir scheint der beste Rath, die Füße nicht zu sparen, Wiel. für, daß man die Füße nicht spare, wird manchen anstößig seyn. (c) Durch, als, als ob, als wenn, welche Wortfügung im gemeinen Leben häufig ist, aber in der edlen und anständigern Schreibart eine schlechte Figur macht, zumahl wenn sie ohne Noth und zu oft angebracht wird. Es sey ferne, daß ich damit sagen wollte, als müsse man, oder als ob man müsse, oder als wenn man müsse. Er hat meinen Vater überreden wollen, als ob ich ihn liebte, und als wenn du hingegen den Herren Damis liebtest, Gell. klingt äußerst unangenehm. S. Als 6.

2. Oft bezeichnet dieses Bindewort auch das Verhältniß der Ursache zu ihrer Wirkung, oder der Wirkung zu ihrer Ursache, welcher Gebrauch mit dem vorigen genau zusammen hänget, und eigentlich nur eine Unterart desselben ist. Es begleitet aber,

1) Die Ursache, oder den Grund des in dem vorher gehenden Satze enthaltenen Begriffes. Ich freue mich, daß du gesund bist. Man verwundert sich, daß er noch lebt. Wundere dich nicht, daß die Gottlosen glücklich sind. Ich danke dir, daß du an mich gedacht hast. Ich erschrecke, daß ich sie so bestürzt sehe, Gell. Da der Satz, welcher die Conjunction vor sich hat, in dieser Bedeutung wohl nicht leicht ungewiß oder zweifelhaft ist, so hat hier auch alle Mahl der Indicativ Statt.

Zuweilen lässet sich das daß hier auch durch wie ersetzen. Wenn die Liebe nichts ist, als eine Pflicht, so wundert michs, wie sie so viele Herzen an sich ziehen kann, Gell.

Unangenehm klingt es, wenn daß in dieser Bedeutung die Stelle des weil vertreten soll. Dieß kam alles daher, daß er es nicht bey Zeiten gemeldet hatte. Darum, daß sie mich verlassen haben, 1 Kön. 11, 33.

2) Die Wirkung. Was kann ich dafür, daß sie mich rühret? Gell. Was hat er dir denn gethan, daß du ihm diese Ehre nicht auch erweisest? ebend. Ich habe es nicht verschuldet, daß man so mit mir umgehet. Er hat mich zur Wüsten gemacht, daß ich täglich trauren muß, Klagel. 1, 13. Oft thut die Inversion hier eine gute Wirkung. Daß dieser nur in Kleinigkeiten betriegt, daran ist seine Armuth Schuld.


Daß er so wenig redt, das macht, er meint es treu,

Gell.


für: er meint es treu, und das macht, daß er so wenig redet.

[1411] Besonders stehet diese Conjunction, wenn zwischen der Wirkung und ihrer Ursache gleichsam eine Vergleichung angestellet wird, da denn in dem Vordersatze so vorher gehet. Er schwatzt so gelehrt, daß ihn kein Mensch versteht, Weiße. Mache es so, daß man dich loben kann. Es ist so schwer, daß ich es kaum heben kann. Ich bin bloß deswegen betrübt, weil sie mein Herz für so niedrig halten, daß ich meiner Schwester ihr Glück nicht gönnen sollte, Gell. Oft gesellet sich das so unmittelbar zu dem daß. Er macht seine Sachen vortrefflich, so daß ihn jedermann loben muß, für: so vortrefflich, daß u.s.f. Er ward krank, so daß er seine Geschäfte nicht mehr verrichten konnte. Oft aber wird es ausgelassen. Es schmerzt, daß man vergehen möchte. Er schreyt, daß man taub werden möchte.

Ingleichen mit der Verneinung. Es ist so schwer, daß ich es nicht heben kann. Oft wird die Verneinung vermieden, wenn dem daß noch das Wörtchen als vorgesetzet, in dem Vordersatze aber zu eingeschaltet wird. Es war zu schwer, als daß ich es heben konnte. Ich war zu zärtlich geruhret, als daß ich viel reden konnte, d.i. ich war so zärtlich gerührt, daß ich nicht viel reden konnte.

Auf eben diese Art kann man auch einem bejahenden Satze eine verneinende Gestalt geben, wobey der Nachdruck alle Mahl gewinnet. Er ist viel zu billig, als daß er mir sein Wort nicht halten sollte, für: er ist so billig, daß er mir sein Wort halten wird. Ihr Beyfall ist mir zu kostbar, als daß ihn meine Eigenliebe nicht mit Vergnügen anhören sollte, Gell. für: ihr Beyfall ist mir so kostbar, daß ihn meine Eigenliebe mit Vergnügen anhöret. S. Als 1.

Wenn diese Conjunction der Wirkung zur Begleitung dienet, so kann der Satz, vor welchem sie stehet, zweifelhaft seyn, und alsdann muß auch der Conjunctiv stehen. Er ist so gelehrt, daß man es kaum glauben sollte. Es ist zu schwer, als daß ich es heben könnte. Ich bin zu zärtlich gerührt, als daß ich viel reden könnte. Der Indicativ würde hier fehlerhaft seyn. Ich bin viel zu redlich, als daß ich ihr einen Mann mit so großem Vermögen entziehen will, Gell. für wollte, oder besser sollte.

Im Oberdeutschen wird in dieser Bedeutung für daß oft um gebraucht, welches aber im Hochdeutschen nicht erlaubt ist. Es ist schon mit solchen kräftigen Gründen bestärket worden, um es einer fernern Ausführung nicht zu bedürfen, für: daß es einer fernern Ausführung nicht bedarf.

3. Eine andere Verrichtung dieser Conjunction bestehet darin, eine Endursache zu begleiten, in welchem Falle sie alle Mahl den Conjunctiv bey sich hat, weil diese Endursache noch zukünftig, ihre Erreichung also auch noch ungewiß ist. Komm her, daß ich dich betrachte. Zeige mir es, daß ich sehe, ob es richtig ist.


Daß ihr Jünger

Wahrheit und blendenden Trug erkenne,

Raml.


Ein Fehler ist es alle Mahl, die Conjunction in dieser Bedeutung mit dem Indicative zu verbinden. Wir wollen sie in die Mitte nehmen, daß ihr das Gehen nicht so sauer wird, Gell.


Und daß sein kleines Horn die Nymphen nicht erschreckt,

Es unter Rosen schlau versteckt,

Wiel.


Diese Bedeutung des Wortes daß ist in der höhern Schreibart am üblichsten, in der gewöhnlichen Art zu reden ist damit häufiger. Indessen gehören doch verschiedene Arten des Ausdruckes auch aus dem gesellschaftlichen Leben hierher. Aber, daß ich wieder auf das Hauptwerk komme, so u.s.f. Ich bin[1412] ein ehrliches Mädchen, daß sie es wissen, d.i. ich sage es ihnen, daß, oder damit sie es wissen.

Ehedem war es sehr gewöhnlich, das daß in dieser Bedeutung noch durch auf zu verstärken. Ehre Vater und Mutter, auf daß es dir wohl gehe.


Auf daß ich nichts begehe wider Pflicht,

Opitz.


Allein im Hochdeutschen fänget dieser Gebrauch an zu veralten, außer, daß man beyde Wörter in dieser Verbindung noch zuweilen in der höhern Schreibart gebraucht. In der Deutschen Bibel kommen sie sehr häufig vor.

Hat das daß eine Verneinung bey sich, so wird selbige auch hier durch einige dazwischen gesetzte Wörter von demselben getrennet. Daß es uns künftig nicht an Mitteln fehle. Hierher gehöret

4. Auch, wenn dieses Wort einer Bedingung zur Begleitung dienet, welche Bedeutung mit der vorigen genau zusammen hängt, die hier nur durch einen Nebenbegriff eine andere Bestimmung erhält. Da die Bedingung gleichfalls eine noch künftige und folglich auch noch ungewisse Sache enthält, so stehet auch hier größten Theils der Conjunctiv. Mit der Bedingung, daß er selbst komme. Ich will es thun, doch daß du es niemanden sagest. Ich will es erlauben, nur daß du kein Unheil anstiftest. Indessen gibt es doch auch Fälle, wo der Indicativ, ohne einen Fehler zu begehen, gesetzt wird. Wie sie befehlen, nur daß ich mich nicht zu lange in der Luft aufhalten darf, Gell.

5. Zuweilen bezeichnet diese Conjunction auch eine Zeit; und zwar, 1) eine vergangene Zeit, da sie für seit, oder seit dem stehet. Es sind nun bald dreyßig Jahr, daß ich hier lebe. Es sind schon zehen Jahre, daß ich ihn nicht gesehen habe. In der kurzen Zeit, daß ich hier bin. Es ist noch keine Stunde, daß ich ihn gesehen habe. 2) Eine zukünftige Zeit, in welchem Falle sie das Wörtchen bis vor sich hat. Warte, bis daß ich komme. Gedulde dich, bis daß es gefunden wird. Er will so lange da bleiben, bis daß die Cur geendiget seyn wird. Indessen ist dieser Gebrauch im Hochdeutschen beynahe schon veraltet, weil man dafür lieber bis allein setzet. S. Bis II. Endlich dienet dieses Wort auch

6. Sehr oft, den Ausdruck der Leidenschaften und Gemüthsbewegungen zu begleiten, da es denn in den meisten Fällen elliptisch ist, und, wenn es aufgelöset wird, sich alle Mahl auf eine der vorigen Bedeutungen, am häufigsten aber auf die erste, zurück führen lässet. Der Modus des Verbi, mit welchem es verbunden werden muß, hänget alle Mahl von dem gewissen oder ungewissen Zustande des Satzes ab, den dieses Wort nach sich hat. Es bedeutet aber, 1) einen Wunsch, da es am häufigsten das Imperfect, oft aber auch das Präsens des Conjunctivs bey sich hat. O, daß du den Himmel zerrissest! Ach, daß doch dieses niemahls geschehen wäre! Verflucht sey ihr Nahme! daß ich ihn doch nie gehöret hätte! Daß er doch aus dem Buche der Lebendigen vertilgt würde! Less. Daß ich ihn doch nimmermehr wiedersehen dürfte! ebend.


Daß doch dein Geist den Zorn der Könige versöhne,

Der jetzt die Welt verheert,

Raml.


Ingleichen zuweilen auch mit dem Indicative. Ich will von Herzen wünschen, daß ihr Loos den größten Gewinn mag erhalten haben, Gell. Hier kann es auch weggelassen werden, aber alsdann wird die Folge der Wörter verändert und das Verbum voran gesetzet. Ach, zerrissest du den Himmel! Wäre ich doch nicht hingegangen! Hätte ich es doch nicht gesagt! 2) Eine Bestürzung. Ach, daß Gott! da kommt der Papa! Ach, daß Gott erbarme! 3) Einen Unwillen, einen Verweis. Daß man dich doch alle Mahl suchen muß, wenn man dich[1413] haben will! Daß doch immer die alte Hexe dabey seyn muß! Gell. Daß er doch gleich kommen muß! 4) Eine Klage. Daß wir doch unsern Augen und Ohren nicht trauen wollen! Daß du doch so ungläubig bist! O, daß ich nicht längst einen Freund ihres Gleichen gehabt habe! Less. 5) Ein Verboth. Daß du mir nur nicht ungehorsam bist! Daß du nicht vor die Thüre gehest! 6) Eine mit Hohn oder Unwillen begleitete Verneinung, besonders im gemeinen Leben. Daß ich nicht gar ein Jude wäre! Was ist es denn? -- O, daß ichs ihnen doch gleich sagte! Sie müssen rathen. Nein, daß ich mich nicht mit den Advocaten einließe! Gell.


Auf sein Versprechen, Herr, mag es ein andrer wagen,

Daß ich kein Narre bin!


sagt Hans in der Beichte bey Lessing. 7) Eine Verwunderung. Ich weiß nicht, daß ich heute allen so verdächtig vorkomme, Gell. 8) Eine Warnung. Daß wir nur nicht etwa behorcht werden.

Anm. 1. Es ist leicht, diese und andere ähnliche elliptische Arten des Ausdruckes, woran die Sprache der Leidenschaften so reich ist, aufzulösen. Im gemeinen Leben hat man noch eine andere Art des Gebrauches dieses Wortes, da es für so viel stehet. Er hat, daß ich nur weiß, schon sechs Häuser gekauft, so viel ich nur weiß. Nein, daß ich nicht weiß, oder, daß ich nicht wüßte. Niemahls, daß ich wüßte, hat mich das Vorurtheil für diejenigen, die ich liebe, blind gemacht, Wiel.

Anm. 2. Im Oberdeutschen ist es sehr häufig, dieses Wort allerley andern Partikeln beyzugesellen, die sich im Hochdeutschen in dieser Verbindung nicht gebrauchen lassen, zumahl, da alle Mahl eine von beyden Partikeln müßig stehet. Die vornehmsten dieser Wörter sind:


Dieweil oder Weil.

Erzeigte sich die Hoffnung nicht bey mir,

Der Gütigkeit des Herren zu genießen,

Dieweil, daß ich noch bin auf Erden hier,

Opitz,


für das einfache weil, oder so lange.

Um.


Was weint ihr Mütter viel, um daß euch durch den Streit

Die Söhne sind erlegt in ihrer jungen Zeit,

Opitz,


für darum daß.


Ich muß mit Danke Gott erheben,

Um daß er seine Gütigkeit

Euch mitgetheilet dieser Zeit,

Opitz,


für weil.

Wenn.


Wenn daß du auf dein Pferd erhitzt gesessen bist,

Opitz,


Wenn daß dein Herze nun die großen Thaten siehet,

Opitz,


für das einfache wenn.

Wie.


Und schlägt beherzt den Feind, wie daß er Lob erwirbt,

Opitz,


für damit.


Herr – Wie daß du so bedenkest den Sterblichen!

Opitz,


für daß.


Der vierte macht Geschrey,

Wie daß sie an Geduld der Lea Schwester sey,

Scultet.


für daß.

Welcher Pleonasmus im Hochdeutschen auch im gemeinen Leben nicht selten ist. Man hat Nachricht erhalten, wie daß die ganze Stadt abgebrannt ist.

[1414] Wo. Wirf alles das, was Welt ist von dir hin,

Wo daß du willt, was göttlich ist, erlangen,

Opitz,


für wo oder wenn.


Wo daß wir etwann gehen wollen,

So schließen sie uns Mitten ein,

Opitz,


für wo.

Anm. 3. Da der Imperativ der Ausländer einen Deutschen Übersetzer oft in eine nicht geringe Verlegenheit setzet, so hat man den Vorschlag gethan, diesen Imperativ vermittelst des Bindewortes daß auszudrucken, und für: Laßt uns also auf die Erde, worauf wir wandern, unsere Aufmerksamkeit richten, zu sagen: daß wir also u.s.f. Der Oberdeutsche empfindet die Schwierigkeit nicht, denn dieser sagt, ohne dem Verstande des Originals etwas zu vergeben: Richten wir also unsere u.s.f.

Anm. 4. Daß lautet im Nieders. dat, im Dän. at, im Lat. ut, quod, im Griech. ὁτι, und im Russischen da, dabi. Ehedem schrieb man diese Conjunction, den Artikel das, und das Pronomen das auf einerley Art. Bey dem Kero lauten sie daz, bey dem Übersetzer Isidors dhazs, bey dem Ottfried und Tatian thaz, und nach ihnen daz und das. Das Nieders. dat, Engl. that, das Schwed. thet, das Goth. thated, das Angels. thaet, und selbst das Latein. quod, sind so wohl das Bindewort, als auch das ungewisse Geschlecht des Artikels, oder doch des Fürwortes. Merkwürdig ist doch, daß, so wie die Lateiner außer dem quod noch ihr ut haben, auch die Dänen, Schweden und Isländer ein Bindewort besitzen, welches at, att, lautet, und gleichfalls für daß gebraucht wird. Aus diesem allen erhellet, daß unser Bindewort daß nichts anders ist, als das ungewisse Geschlecht des Artikels oder vielmehr des Fürwortes der, welches auch durch dessen Bedeutung bestätiget wird. Ja man findet Spuren, daß für das Neutrum das in den nöthigen Fällen auch das männliche Geschlecht der für daß gebraucht worden. So heißt es mehrmahls bey dem Ottfried the ih, theih, für daß ich. Um dieses gemeinschaftlichen Ursprunges willen hat man auch das Bindewort und den Artikel und das Fürwort viele Jahrhunderte lang auf einerley Art geschrieben. Erst in dem sechzehenten Jahrhunderte fing man an, das Bindewort mit dem ß zu schreiben. Wenigstens lautet es in dem 1514 gedruckten Deutschen Livius beständig daß. Allein, es währete noch sehr lange, ehe diese Gewohnheit allgemein wurde, welches vermuthlich nicht eher, als um die Mitte des vorigen Jahrhundertes geschehen ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1409-1415.
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