Dorf, das

[1522] Das Dorf, des -es, plur. die Dörfer, Diminut. das Dörfchen, Oberdeutsch das Dörflein, eine Sammlung mehrerer Häuser bey einander, ohne Ringmauern und Stadtrecht, welche von Ackerleuten oder Bauern bewohnet wird. Von Dorf zu Dorfe gehen, von einem Dorfe zu dem andern. Ein Kirchdorf, in welchem sich eine Kirche befindet. Ein Pfarrdorf, in welchem ein Pfarrer wohnet, u.s.f. Das sind ihm Böhmische Dörfer, sagt man, wenn jemanden eine Sache fremd, sonderbar vorkommt, vielleicht von den Nahmen der Böhmischen Dörfer, welche einem Deutschen seltsam und ungewöhnlich klingen. Das schmeckt nach dem Dorfe, nach der ungekünstelten Einfalt, die sich noch auf den Dörfern erhalten hat. Die Frau schmeckt gewiß nach dem Dorfe, die ihrem Manne treu bleibt, Weiße. Oft bedeutet[1522] Dorf auch so viel als das Land, im Gegensatze der Stadt. Auf dem Dorfe wohnen, d.i. auf dem Lande. Wird ein individuelles Dorf verstanden, so wohnet man in dem Dorfe.

Anm. Dorf lautet bey dem Tatian Thorp und Thorf, bey dem Ottfried Thorf, bey dem Willeram Dorf, im Nieders. Dörp, im Dän. Dorp, im Angels. Dorpe, im Altengl. Thorpe, im Schwed. Torp, im Isländ. Thorp. Unter den vielen Ableitungen, welche man versucht hat, ist diejenige noch immer die wahrscheinlichste, die es von Trupp, ein Haufe, eine Sammlung mehrerer Dinge Einer Art abstammen lässet. Das Schwedische Torp hat diese Bedeutung gleichfalls gehabt; im Isländischen bedeutet Thyrpa eine Vereinigung, und thyrpast versammeln, und im Wallisischen ist Torf eine Menge, womit auch das Lat. Turba und Griech. δορυβος überein kommen. In Westphalen bedeutet Dorf ein mit einer Kirche versehenes Dorf, ein Kirchdorf, dagegen ein Dorf ohne Kirche daselbst eine Bauerschaft heißt. Das Hauptwort der Dörfer, ist nur in den zusammen gesetzten eigenthümlichen Nahmen üblich. Ein Hermannsdörfer, der aus Hermannsdorf gebürtig ist. Im Schwedischen hingegen bedeutet Torpare einen jeden Einwohner eines Dorfes. Man hat viele Zusammensetzungen mit diesem Worte. Diejenigen, welche ohne Mühe verstanden werden können, wie Dorfpfarrer, Dorfgeistlicher, Dorfprediger, Dorfküster, Dorfschulmeister, Dorfbäcker, Dorffleischer, u.s.f. habe ich übergehen zu können geglaubt, und nur einige angeführet, deren Bedeutung nicht gleich bey dem ersten Anblicke in die Augen fällt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1522-1523.
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