El

[1785] El, eine Endsylbe vieler Nennwörter, besonders einer großen Menge von Substantiven, welche von einem sehr hohen Alterthume ist, indem sie, obgleich unter allerley zufälligen Abänderungen, fast in allen Europäischen Mundarten angetroffen wird. Indessen ist sie nicht in allen Wörtern von einerley Ursprung und Bedeutung. 1) In vielen Wörtern ist sie die Oberdeutsche verkleinernde Endung lein, welche im gemeinen Leben sehr häufig in le und el verkürzet wird; wie in das Dingel, das Mädel, das Bübel, das Bündel, das Bürgel, das Mündel, das Fässel u.s.f. Alle diese Wörter sind, so wie alle Diminutiva, ungewissen Geschlechtes. Indessen ist es noch nicht ausgemacht, daß diese Endung eben in allen hierher gehörigen Wörtern aus lein entstanden ist, weil sie weit älter als diese Endung zu seyn scheinet. Von den Griechen und Lateinern ist es bekannt, daß ihre Diminutiva sich auf ιλλος, ilus, ellus u.s.f. endigten. Die alten Gothen machten ihre Verkleinerungswörter gleichfalls auf ilo, und sogar die alten Lettischen Völker auf ello, ele, elis u.s.f. 2) In andern Wörtern bedeutet diese Sylbe eine Person oder Sache, die etwas thut, und in weiterer Bedeutung, ein Subject, von welchem die Bedeutung der Wurzelsylbe gesagt wird, und alsdann ist sie durch eine sehr gewöhnliche Verwechselung der Buchstaben r und l aus der Endsylbe er entstanden; S. -er. Die meisten dieser Hauptwörter sind männlichen Geschlechtes, wie der Weisel für Weiser, der Büttel, von biethen, das Oberdeutsche Pichel, der Pech brennet, das gleichfalls Oberdeutsche Wärtel für Wärter, Igel, von Egg, Eck, der da sticht, Ekel, von einem ähnlichen Zeitworte, Hebel, Sauerteig, von heben, Schlingel, Sprenkel, Gräuel, Mangel, was manget, d.i. fehlet, Schwengel, Stöpsel, Schwindel, Wirbel, und vielleicht auch die Abstracta Dünkel, Frevel, Kitzel, Tadel, Wandel, Wechsel u.s.f. Ferner die Fäminina, die Fackel, die Wachtel, die Scheitel, und andere; ingleichen das Neutrum, das Friesel, welches friesen oder frieren macht. Hierher gehören auch diejenigen Hauptwörter, die mit gewissen Zeitwörtern auf -eln in genauer Verbindung stehen, von denen es aber noch nicht ausgemacht ist, ob sie von den Zeitwörtern oder diese von jenen abstammen; dergleichen sind Handel, Hobel, Lümmel, Prudel, Strudel, Schaukel, und andere mehr. 3) Noch andere haben eine passive Bedeutung, oder bezeichnen etwas, das gethan wird; wie Speichel, was ausgespien wird, Findelkind, ein gefundenes Kind, Wickelkind u.s.f. 4) Noch größer aber ist die Anzahl derjenigen Hauptwörter auf -el, welche ein Werkzeug andeuten, oder dasjenige, womit etwas gethan wird. Hier[1785] ist die Endung el gleichfalls aus der Endung er geworden, und nur eine Figur des vorigen zweyten Falles. Dergleichen Wörter sind die Masculina, der Schlägel, Stachel, Stichel, Flügel, Beitel, so fern es ein Werkzeug zum Schlagen bedeutet, Hebel, Schlüssel, Zügel, Meißel, Klöpfel, Henkel, Knebel, Deckel, Ziegel, Rüssel, Würfel, Nagel, Spiegel, Schnabel, Kräuel, Pinsel, Sattel, Sessel, Stößel, Zwickel u.s.f. Ingleichen die Fäminina, Angel, Deichsel, ein Werkzeug zum Hauen, von dem alten deichen, diken, graben, Fuchtel, Gabel, Hechel, Nadel, Raspel, Schaufel, Sichel, Spindel, Staffel, Windel, Klingel, Striegel u.s.f. 5) Nach Ihren würde diese Endung in vielen Wörtern auch etwas Rundes bedeuten. Dahin würden die Wörter Hagel, Kugel, Kegel, Wirbel, Spindel, Gürtel, Lägel, Buckel, Knauel, Kunkel, Triesel, Apfel u.s.f. gehören. Allein, obgleich Hwel im Gothischen und Angelsächsischen ein Rad bedeutet, (S. Welle,) so ruhet doch die Bedeutung der Ründe in diesen Wörtern nicht auf der letzten, sondern auf der ersten Sylbe, und die letzte ist entweder das Zeichen des Werkzeuges, oder auch bloß des Subjectes; daher diese füglicher zu dem ersten, zweyten und vierten Falle gerechnet werden. 6) Indessen gibt es viele Wörter, in welchen die Endsylbe, so wie das ganze Wort fremden Ursprunges ist, daher sie auch nicht zu einem der vorigen Fälle gerechnet werden können. Z.B. Ammelmehl, von dem Griech. αμυλον, Mispel, von μεσπιλον, Mandel, von dem Ital. Mandola, Kümmel, von Cuminum, Spargel, von Asparagus, Mantel, von Mantelum, Epistel, von επισολƞ, Engel, von αγγελος, Siedel, von Sedile, Orgel, von Organum, Schachtel, von Scatula, und andere mehr. In andern Wörtern ist die eigentliche Bedeutung der Endsylbe noch dunkel, weil die Abstammung des Hauptwortes ungewiß ist, wie in Pudel, Löffel, Eichel, Vogel, Adel, Himmel u.s.f. Zweifel, Runzel. Die Wörter auf -sel, -tel und andere gehören nicht hierher, sondern in diesen ist die Endsylbe ein von der Endung el ganz verschiedenes Wort.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1785-1786.
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