Erhaben

[1897] Erhaben, -er, -ste, adj. et. adv. welches eigentlich das Participium des Verbi erheben, in die Höhe gehoben, ist, aber doch in verschiedenen Bedeutungen für sich allein gebraucht wird. 1. Eigentlich, doch nur im Oberdeutschen. Erhabene Hände gen Himmel ausstrecken. 2. Figürlich. 1) Über der Oberfläche hervor ragend. Diese Stelle ist ein wenig mehr erhaben, als die andere. Ich fühle etwas Erhabenes auf der Haut. Eine erhabene Gegend, die sich über den Horizont erhebet. Ein etwas erhabener Ort. Erhabene Arbeit, der Metallarbeiter, wo durch den Hammer allerley Figuren in die Höhe getrieben werden. Halb erhabene Arbeit, der Bildhauer und Bildgießer, die an dem Hintergrunde anhängt, im Gegensatze der ganz erhabenen, welche an keinem Hintergrunde befestiget ist. 2) Weit über der jedesmahligen Oberfläche hervor ragend, hoch, in der edlern Schreibart. Ein erhabener Hügel, Es. 2, 14. Erhabene Cedern, B. 13. Ich sahe den Herren sitzen auf einem hohen und erhabenen Stuhle, Kap. 6, 1. 3) Andere ähnliche Dinge so weit übersteigend, daß es Ehrfurcht und Bewunderung erweckt; eine Unterart dessen, was groß und hoch ist. Er ist weit über mich erhaben.


Verschämte Muse sags nicht nach,

Was ein erhabnes Ungeheuer

Zu einem frommen Weibe sprach,

Gell.


Dergleichen Proben sind für eine gemeine Tugend zu schwer, nur eine erhabene Tugend kann sie aushalten. Diese standhafte Zärtlichkeit ist ein Ruhm, den nur ein erhabenes Herz zu schätzen weiß, Gell. Eine erhabene Gesinnung, erhabene Denkungsart, u.s.f. Die erhabene Schreibart, welche das Erhabene an einem Gegenstande so darstellet, daß es Ehrfurcht und Bewunderung erwecken kann. S. die Lehre von dem Deutschen Style, Th. 2, S. 146. Der Dichter muß nach dem Erhabenen streben. Der Charakter eines Porträtes muß edel, erhaben und wohl ausgedruckt seyn.

Anm. Schon bey dem Notker lautet dieses Wort irhauen und erhauen. Es ist freylich das im Hochdeutschen veraltete Mittelwort des Zeitwortes erheben, welches jetzt erhoben lautet.[1897] Allein in der Gestalt eines Bey- und Nebenwortes hat es sich unter den Hochdeutschen behauptet; daher diejenigen noch wenig Beyfall erhalten haben, welche dafür erhoben einführen wollen. Noch weniger Dank verdienen diejenigen, welche dieses Wort in der eigentlichen Bedeutung erhoben, in den figürlichen aber erhaben schreiben und sprechen wollen. Wo wollten wir mit unserer Sprache hin, wenn es zur Regel werden sollte, die eigentlichen Bedeutungen auf solche Art von den uneigentlichern zu unterscheiden? S. Erheben.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1897-1898.
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