F

[1] F, der sechste Buchstabe des Deutschen Alphabetes, welcher mit den Lippen ausgesprochen und zugleich mit einem merklichen Winde begleitet wird, daher er auch zu den so genannten Blaselauten gehöret. Er wird gemeiniglich wie ein v, aber stärker als ein w ausgesprochen. Nur in der Mitte einiger Wörter kommt er im gemeinen Leben, nach dem Vorgange der Niedersachsen, dem letztern nahe, Briefe, Hafen, Hafer, prüfen, Schwefel; welche, aber sehr irrig, wie Briewe, Hawen, Hawer oder Haber, prüwen, Schwefel lauten. Nach einem gedehnten Vocale wird dieser Buchstab so wenig verdoppelt als nach einem Consonanten, Graf, Schlaf, Hof, rufen, laufen, greifen, scharf, dürfen, werfen, Wölfe; wohl aber nach einem geschärften, Affe, schlaff, straff, treffen; selbst wenn dieser aus einem gedehnten entstanden ist, soff, pfiff, griff. Am Ende einiger fremden Wörter, Laxativ, Perspectiv, Domitiv, u.s.f. schreibt man richtiger ein v als ein f.

Die Niederdeutsche Mundart gehet mit diesem Buchstaben sparsamer um, als die Oberdeutsche, welche so viel bläset, zischet und hauchet, als nur möglich ist. Wenigstens gebrauchen die Niedersachsen für unser ff beständig, und für das einfache f sehr oft ein p; drepen für treffen, apen für offen, slapen für schlafen, ropen für rufen, deep für tief, Piper pip up für Pfeifer pfeif auf, wo sich die Oberdeutsche Fülle des Mundes in ihrer ganzen Größe zeiget. Nach einem gedehnten Vocale schiebt die Niedersächsische Mundart dem Hochdeutschen f sehr oft ein v unter, welches alsdann wie das gelindeste w lautet, Düvel, Teufel, to Have, zu Hofe, kiven, keifen. Dagegen die Oberdeutschen, denen f und ff noch nicht hart genug sind, das erstere oft noch durch ein p verstärken, pflegen, Pfriem, pflügen, Tropfen, stopfen. S. Pf.

Daß b, s, v, w und p, so wie alle Buchstaben, welche mit einerley Sprachwerkzeugen werden, sehr oft in einander übergehen, ist bekannt. Daher schreibt man voll und füllen; vor, fordern, firn und für; Volk und folgen; fest, vest; Hefen, heben, heftig und Holl. hevig; geben und Gift; Schöppe und Schöffe; graben und Gruft; treiben und Trift;[1] Wapen und Waffen; Flitz, Blitz und plötzlich; Fahne, Band. pannus, und winden; Fuß, Pfote, Pfad, Boden, pes, Padde; flach, Blatt, platt, breit, πλατυς; bären, heben, ferre. φερειν; beren oder peren, schlagen, ferire; Bruder, frater; ab, Nieders. af; haben, Hast, haften; reiben, rapere, Schwed. rifwa u.s.f. Im Niederdeutschen und Oberdeutschen wechseln sogar st und cht oft mit einander ab; häften, Niedersächs. und Holl. hechten; Schaft, Nieders. Schacht; Luft, Nieders. Lucht; Heft, Nieders. Hecht; sacht, Nieders. soft; schichten, Nieders. und Holl. schiften, Schwed. skifta; Kraft, Holl. kracht; Stift, Nieders. Sticht, Holl. stickt; züchtigen, Isl. tyfta u.s.f. Zu Anfange der Wörter gehöret dieser Buchstab nicht alle Mahl zur Wurzel, und fast nie vor dem r und l, welche so gern einen Lippenbuchstaben vor sich haben. Man muß daher diesen und die mit ihm verwandten Buchstaben vorher wegwerfen, wenn man der Wurzel eines solchen Wortes nachspüren will, welche in den Mundarten und verwandten Sprachen noch oft ohne diesen Blaselaut angetroffen wird. So findet sich das Stammwort von Flur noch in dem Wallis. Llawr, der Boden, Platz, von Flocke in dem Deutschen Locke, von fragen in dem Alemann. rahha, eine Erzählung, und dem Latein. rogare, von flau in dem Niederd. lau, von flach in dem Holl. lag, breit, und dem Deutschen liege, lege, von Flamme in dem Angels. und Dän. lioma und Lat. lumen, von Flanke in dem Nieders. Lanke, von treffen in dem Deutsch. reißen, raden, rotten, und Latein. rodere, von Frucht in dem Deutsch. Rocken, von frisch in dem Niedersächs. risch, rasch, von Pfrieme in dem Deutschen Rieme, rammen u.s.f. Siehe die mit Fl und Fr anfangenden Wörter. In allen diesen Fällen scheinet das f ein bloser willkührlicher Laut ohne Bedeutung, eine zufällige Eigenschaft der Sprachwerkzeuge zu seyn; ob es gleich auch Fälle gibt, wo es wenigstens wahrscheinlich wird, daß die Partikel be mit der Zeit in ein bloßes blasendes f übergegangen ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1-2.
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