[39] Fangen, verb. irreg. act. ich fange, du fängst, er fängt; Imperf. ich fing; Mittelwort gefangen; vermittelst Ergreifung mit der Hand in seine Gewalt bringen, am häufigsten von solchen Körpern, welche in einer schnellen Bewegung sind. 1. Eigentlich, haschen. Einen Ball fangen, wenn er im Fluge ist. Flöhe fangen. Grillen fangen, S. Grille. Der Raubvogel fängt Hasen, Vögel u.s.f. wenn er sie mit seinen Fängen oder Klauen erhaschet, und die Hunde fangen ein Thier, wenn sie es mit den Zähnen ergreifen. In weiterer Bedeutung wird fangen bey den Jägern auch von dem Beißen der Hunde überhaupt gebraucht. Der Hund fängt in das Hängeseil, wenn er hinein beißet. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. 1) Einen Fliehenden[39] erhaschen und in seine Gewalt bekommen. Einen Verbrecher fangen. Und fingen zween Fürsten der Midianiter, Richt. 7, 25. Aber er jagte ihnen nach und fing die zween Könige der Midianiter, Kap. 8, 12. In der edlen Schreibart ist dieser Gebrauch außer den zusammen gesetzten Zeiten veraltet, wo man Fliehende lieber gefangen nimmt oder gefangen macht; S. das Mittelwort Gefangen an seinem Orte besonders. 2) Durch List, und vermittelst künstlicher Werkzeuge in seine Gewalt bekommen. Vögel, Fische, Mäuse u.s.f. fangen. Mit dem Garne, mit dem Netze, mit dem Kloben, mit der Angel, mit der Schlinge fangen. Es hat sich nichts gefangen. Ingleichen figürlich. Jemand fangen, etwas durch Worte, durch List von ihm heraus locken. Du hast dich fangen lassen. Jemanden mit seinen eigenen Worten fangen. Auch durch Schönheit, durch Reitze einnehmen, sich ergeben machen. Ihre Schönheit fing sein Herz, Judith 16, 11. 3) Einschließen, befestigen, der Freyheit berauben; doch nur in einigen Fällen. Die Leine fangen, bey den Jägern, die Leine eines Garnes an einem Baume befestigen. Ein Ort, wo sich der Wind fänget, wo er keinen freyen Durchgang hat, sondern eingeschlossen wird; S. Windfang. Den Rauch fangen, einschließen; S. Rauchfang. Der Bergmann wird von der einschießenden Wand gefangen, wenn sie auf ihn fällt, und ihn erschlägt. 4) Erstechen, bey den Jägern. Eine Sau fangen, mit dem Fangeisen. Einen Hirsch fangen, mit dem Hirschfänger. S. Abfangen. In welcher Bedeutung dieses Wort mit pungere, figere u.s.f. verwandt zu seyn scheinet. 5) Feuer fangen, durch einen von außen kommenden Funken entzündet werden. Das Schießpulver will nicht fangen. Schwamm, Zunder fängt leicht Feuer. Ingleichen figürlich. Er fängt leicht Feuer, er wird bald zornig. Wie auch, Liebe empfinden.
Seitdem fing mancher Schäfer
Aus Chloris Augen Feuer,
Haged.
Anm. Das Hauptwort die Fangung ist nur in den Zusammensetzungen üblich. Dieses Wort lautet im Niedersächsischen gleichfalls fangen, im Angels. fengan, bey dem Notker und Isidor fangan, im Dän. fange, im Engl. to fang, im Schwed. fånga. Es ist durch eine härtere Aussprache aus dem Oberdeutschen fahen entstanden. Das Zeitwort fassen ist genau damit verwandt. Das Stammwort von allen ist noch in dem Schwed. und Isländ. få, nehmen, empfangen, übrig. Verschiedene veraltete Bedeutungen des einfachen Zeitwortes werden noch in den zusammen gesetzten unterfangen, verfangen, umfangen u.s.f. angetroffen. Im Ital. ist Vangiuola, eine Art eines Fischnetzes. S. auch Finger. In einigen Oberdeutschen Gegenden gehet dieses Zeitwort auch regulär, du fangest, er fanget, ich fangete u.s.f. Die Schreibart des Imperfectes fieng, gründet sich, so wie in hieng und gieng, bloß auf eine veraltete Oberdeutsche Aussprache, ist aber der geschärften Hochdeutschen Aussprache völlig zuwider.