Fell, das

[105] Das Fêll, des -es, plur. die -e, Diminut. das Fellchen. 1. * Überhaupt alles, was einer Sache zur Decke dienet, womit sie bedecket ist; in welchem nunmehr veralteten Verstande, ehedem verschiedene, besonders kostbare Arten von Kleidern, z.B. purpurne Kleider, Phelle genannt wurden. In diesem Sinne gebraucht noch Stryker dieses Wort:


Von almerischen (Armenischen) seiden

Truech man reiche phelle dar,

Die waren schone goltvar,

Kap. 13. Abschn. 9.


Im Dithmarischen ist Peel noch jetzt ein kostbarer Hauptzierath der Weiber. Auch bey den Schwäbischen Dichtern ist Pfellot und im Schwed. Pell eine Art kostbaren seidenen Zeuges. 2. Im engern und noch jetzt üblichen Verstande bezeichnet dieses Wort die natürliche Decke der Thiere, die Haut, und zwar 1) in der weitesten Bedeutung, in welcher es nur in der niedrigen Sprechart gebraucht wird. Einem das Fell gerben. Ihm das Fell über die Ohren ziehen. Es steckt zwischen Fell und Fleisch. 2) Am häufigsten mit einigen Einschränkungen. (a) Häute von Thieren, welche noch mit ihren Haaren, und Häute von Vögeln, welche noch mit Federn versehen sind, werden Felle genannt. So sagt man ein Seehundfell, ein Schwanenfell, ein Kalbfell, Lammfell, Tiegerfell, Wolfsfell, Hasenfell u.s.w. Hingegen nennen die Kürschner und Jäger bloß die kleinen Thierdecken, welche nicht abgestreifet werden, Felle, zum Unterschiede von den Bälgen und Häuten. (b) In vielen Fällen werden aber auch gegärbte und ihrer Haare beraubte Thierdecken mit dem Nahmen der Felle beleget. Im gemeinen Leben nennet man die Decken der kleinern Thiere Felle, der größern aber Häute. Ein Kalbfell, Lammfell, Schaffell, Ziegenfell, Bockfell, Hundsfell u.s.f. aber eine Pferdehaut, Ochsenhaut, Kuhhaut. Die Jäger nennen alle Thierdecken, welche abgestreifet werden, Bälge, die übrigen aber Häute, ausgenommen die Haut der Rehe, welche kunstmäßig ein Rehfell heißet. S. Balg und Haut. In Schurzfell stehet es für Leder. Wie ferne Fell und Leder unterschieden sind, ist unter den Kürschnern, Schustern und Gärbern mehrmahls gestritten worden; woraus wenigstens der noch[105] sehr unbestimmte Sprachgebrauch in Ansehung dieser Wörter erhellet. 3. Figürlich. 1) Verschiedene Arten von Häuten, wenn sie gleich nicht zur thierischen Decke dienen. Dergleichen sind das Zwergfell. S. dieses Wort. Das Fell im Auge, ein unnatürliches Häutchen, welches über dem gemeinschaftlichen Häutchen entstehet, die durchsichtige Haut oder den Stern des Auges bedecket, und das Sehen verhindert; im gemeinen Leben der Hank. Wenn es weiß aussiehet und einem Nagel gleichet, so wird es ein Nagel genannt. 2) In den niedrigen Sprecharten eine liederliche, verächtliche Person weiblichen Geschlechtes. Ein altes Fell, ein liederliches Fell.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Ottfried Fell, im Nieders. und Schwed. gleichfalls Fell, im Angels. Felle, im Engl. Fell und Pelt, im Lat. Pellis und Vellus, bey dem Ulphilas Fill. So alt dieses Wort auch ist, so scheinet es doch sehr wahrscheinlich von einem alten Zeitworte felen abzustammen, welches so wohl active bedecken, als auch in der Mittelgattung bedeckt, verborgen seyn, bedeutete, und wovon noch viele Sprachen Überbleibsel aufzuweisen haben. Dahin gehören das Schwed. fela, das Nordengl. feal, das Goth. filhan, das Lat. velare, und das Hebr. bala, bedecken, das Griech. θωλαιν, verborgen seyn, nebst dem davon abgeleiteten φελλος, die Baumrinde, velum, pallium, palla u.s.f. S. auch Fehlen, Fillen, Kafiller, Pelz, Fließ, Wolle u.s.f.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 105-106.
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