Fleiß, der

[202] Der Fleiß, des -es, plur. car. 1. * Eigentlich, Eilfertigkeit, das Eilen. So du mit deinem Widersacher vor den Fürsten gehest, so thue Fleiß auf dem Weg, daß du seiner los werdest, Luc. 12, 58. Thue Fleiß, daß du vor dem Winter kommest, 2 Timoth. 4, 21. In diesem Sinne ist es im Hochdeutschen veraltet, wo man es nur noch 2. in einigen figürlichen Bedeutungen gebraucht. 1) Die Fertigkeit, alles was man zu thun hat, aus eigenem Antriebe und ohne Zeitverlust zu verrichten, thätiger Beweis der Lust zu arbeiten. Ein anhaltender Fleiß. Man muß seinen Fleiß um seiner Gesundheit willen zurück halten. Sein Fleiß hat gar sehr nachgelassen. Ich schenke es dir zur Belohnung deines Fleißes. Jemanden zum Fleiße antreiben. Sprichw. Der Jugend Fleiß ist des Alters Ehre. 2) Sorgfalt, Aufmerksamkeit, Richtung der Empfindungs- und Verstandeskräfte auf das, was man thut. Vielen Fleiß auf etwas menden. Das Gemählde, die Bildsäule, das Stück ist mit großem Fleiße gearbeitet. Mit allem Fleiße, im Oberd. alles Fleißes, bestes Fleißes. Ich will es an meinem Fleiße nicht ermangeln lassen. Die biblischen Ausdrücke Fleiß thun, anlegen, ankehren u.s.f. sind im Hochdeutschen ungewöhnlich. 3) Der Vorsatz, Vorbedacht, ohne Artikel und nur mit dem Vorworte mit. Ich habe es nicht mit Fleiß gethan, aus Versehen, aus Übereilung. Mit Fleiß wird er es wohl nicht gethan haben. Entweder sie verstellen sich mit Fleiß, oder sie kennen sich selbst nicht.

Anm. Dieses Wort lautet in den heutigen Bedeutungen bey dem Ottfried und Willeram Fliz, im Nieders. Fliet, im Holl. Vlyt, im Dän. Fliid, im Schwed. Flit. Das es eigentlich das Eilen bedeutet habe, erhellet noch aus den verwandten Sprachen; denn im Engl. ist to flit, und im Schwed. flyta noch jetzt eilen, und im Isländ. bedeutet fliotr schnell. S. Flitzbogen. Ottfried gebraucht für Fleiß auch Agáleiz, welches seiner letzten Sylbe nach gleichfalls hierher gehöret. Nach einer andern Figur bedeutet Flyz schon bey dem Kero Zank, Streit, und Notker nennet den Teufel Widerfliez, Widersacher. Aus allem erhellet, daß auch dieses Wort zu dem zahlreichen Geschlechte derer gehöret, welche ursprünglich eine Bewegung bezeichnen. Siehe Fließen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 202.
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