Gehaben

[489] * Gehaben, verb. irreg. act. (S. Haben,) welches im Oberdeutschen für das einfache haben gebraucht wurde, im Hochdeutschen aber veraltet ist. 1) Für haben, habere. Solche Werkzeuge muß man im Vorrathe behalten, damit, so deren eins verloren wird, daß man ein anders gehaben möge, Fronsb. 2) Sich betragen; als ein Reciprocum. Gihabet iuih baldo, gehabt, betragt euch tapfer. Kehabe dih comelicho, gehabe dich männlich, Notk. Er gehabt sich übel, stellet sich ungeberdig, geberdet sich übel. Im Niedersächsischen gebraucht man auch das einfache haben in diesem Verstande. Wie hat er sich? wie geberdet, beträgt er sich? 3) Sich befinden, dem Leibe und Gemüthe nach; auch als ein Reciprocum.


Ich gehabe mih wol,

Reinm. der Alte.


Das ich mih wol gehabe als e,

Reinm. der Alte.


Ich gräme mich und gehabe mich übel, Jer. 8, 21. Warum weinest du? – Und warum gehabt sich dein Herz so übel? 1 Sam. 1, 8. Gehabt euch wohl! eine veraltete Schlußformel in Briefen, welche noch Apost. Gesch. 15, 29 vorkommt. 4) Für halten. Thara gihabet iuih zua, dazu haltet euch, Ottfried. 5) Für weggehen. Gehabe dih, hebe dich weg, Willeram.

In allen diesen Bedeutungen ist es jetzt im Hochdeutschen unbekannt. Im Schwedischen bedeutet Åthäfwa die Geberde und eine jede Art zu handeln, und hafwa sig sich betragen, wohin auch das Engl. Behaviour gehöret. S. Haben.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 489.
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