Gelüsten

[542] Gelüsten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, Lust, d.i. sinnliche Begierde empfinden, und zwar am häufigsten von unordentlichen Begierden, als ein Impersonale, oder doch in der dritten Person, mit der vierten Endung der Sache. Weil deine Seele Fleisch zu essen gelüstet, 5 Mos. 12, 20. Laß dich nicht gelüsten deines Nächsten Haus, 2 Mos. 20, 17. Das die Albern gelüstet, tödtet sie, Sprichw. 1, 12. Das Fleisch gelüstet wider den Geist, und den Geist wider das Fleisch, Gal. 5, 17. Einen gelüstet dieses, den andern jenes. Laß dich nicht gelüsten, mir ungehorsam zu seyn. Es gelüstet sie, oder sie gelüstet nach seltsamer Speise. Der Kranke läßt sich oft schädliche Dinge gelüsten. Zuweilen auch, besonders im Oberdeutschen, mit der zweyten Endung der Sache. Laß dich nicht gelüsten deines Nächsten Weibs, noch seines Knechtes, 2 Mos. 20, 17. Daß wir uns nicht gelüsten lassen des Bösen, 1 Cor. 10, 6. Deß gelüstete mich, Jos. 7, 21. In der Deutschen Bibel findet man es auch mehrmahls mit der sonst ungewöhnlichen dritten Endung der Person. Der suchet, was ihm gelüstet, Sprichw. 18, 1. Er thut was ihm gelüstet, Pred. 8, 3. Eben daselbst wird es auch einige Mahl von einem jeden Verlangen, von einer Neigung zu etwas gebraucht. Welches auch die Engel gelüstet zu schauen, 1 Petr. 1, 12. Mich hat deines Diensts nicht gelüstet, sind Worte Gottes, Es. 43, 23. Wen sollte noch gelüsten zu leben? 1 Macc. 2, 13. Gelüstets ihn aber nicht, dich zu nehmen, ist es ihm nicht gefällig, Ruth 3, 13.

Anm. Schon bey dem Ottfried gilusten, mit der zweyten Endung der Sache. Bey andern kommt statt dessen das einfache lüsten vor, welches so wohl in der Deutschen Bibel gefunden wird, als auch noch in Nieders. so wohl persönlich, als unpersönlich üblich ist. S. Lüsten. Im Hochdeutschen druckt man die Sache lieber mit dem Vorworte nach aus. In den gemeinen Mundarten kennet man auch das Frequentativum gelüstern. Es gelüstert mich darnach. S. Lüstern.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 542.
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