Gelegenheit, die

[528] Die Gelêgenheit, plur. die -en, von dem vorigen Bey- und Nebenworte. 1) * Die Lage eines Ortes überhaupt; eine im Hochdeutschen veraltete, im Oberdeutschen aber noch sehr gangbare Bedeutung. 2) Die innere Einrichtung eines Ortes, die Lage seiner Theile. Alle Gelegenheit eines Hauses, eines Gartens, eines Waldes, oder in einem Hause u.s.f. wissen. 3) Die Beschaffenheit einer Sache, im Oberdeutschen und zuweilen[528] auch im gemeinen Leben der Hochdeutschen. Müssen wir nach Gelegenheit der Sachen zuweilen die Gebothe ändern, Stücke in Esth. 5, 7. 4) Die Neigung, eine Handlung nach seinem Gefallen, zur gelegenen Zeit zu verrichten; im gemeinen Leben. Seiner Gelegenheit pflegen, warten bis es uns gelegen ist. Etwas mit seiner guten Gelegenheit thun. S. Ungelegenheit. Ingleichen ein bequemer Ort, ein bequemer Zustand. In diesem Verstande sagt man zuweilen, sich eine Gelegenheit auf dem Lande kaufen, für, sich ein Landgut kaufen. Eine Gelegenheit suchen, d.i. einen Dienst, eine Condition. Auch das heimliche Gemach pflegt man an einigen Orten im höflichen Reden so wohl die Gelegenheit, als auch die Bequemlichkeit zu nennen. Am häufigsten aber, 5) diejenige Verbindung der Umstände, wodurch eine Handlung so wohl veranlasset, als auch erleichtert wird; die Gelegenheit zum Guten, zum Bösen. Gelegenheit zu etwas geben, diese Umstände so einrichten. Gelegenheit bekommen. Wenn es die Gelegenheit gibt, wenn sich Gelegenheit dazu findet. Ein Mensch, der in einem Winkel der Erde eingeschlossen ist, hat wenig Gelegenheit, das, was unter dem menschlichen Geschlechte vorgehet, zu sehen. Gelegenheit macht Diebe. Eine Gelegenheit fahren lassen, sie aus den Händen lassen. Sich einer Gelegenheit bedienen, sie ergreifen, in Acht nehmen, der Gelegenheit wahrnehmen. Gelegenheit suchen. Mit der ersten Gelegenheit. Die Gelegenheit zum Bösen fliehen. Einem Gelegenheit zu murren, zu sündigen, zu spotten geben. Die Gelegenheit auskaufen, sich jeder Gelegenheit sorgfältig bedienen. Zuweilen bedeutet es im gemeinen Leben auch die Art und Weise, Personen und Güter fortzuschaffen. Mit seiner eigenen Gelegenheit kommen, mit seinem eigenen Fuhrwerke. Eine fahrende Gelegenheit bekommen. 6) In dem weitesten Verstande, eine jede Begebenheit, so fern dieselbe auch nur eine entfernte Veranlassung einer Handlung abgibt, mit dem Vorworte bey. Bey einer solchen Gelegenheit muß wohl ein jeder in Verwirrung gerathen. Sie betrug sich bey dieser Gelegenheit sehr ungeberdig. Es erhob sich ein Sturm, und uns war bey dieser Gelegenheit nicht wohl zu Muthe, bey diesem Vorfalle.

Anm. Nieders. Legenhed, Schwed. Lägenhet, Dän. Leilighed, Beleilighed. Gelegenheit bezeichnet eigentlich nur die Verbindung der Umstände, wodurch eine Handlung möglich gemacht oder erleichtert wird; Anlaß schließet aber auch die Bewegungsgründe und Reizungen dazu mit ein.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 528-529.
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