Gestehen

[636] Gestehen, verb. irreg. (S. Stehen,) welches das mit der Vorsylbe ge verlängerte Zeitwort stehen ist, aber im Hochdeutschen nur in einigen Bedeutungen desselben vorkommt.

I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, gerinnen, geliefern, von flüssigen oder flüssig gemachten Körpern, wenn sie eine mehrere Consistenz annehmen. Gestandene Milch, geronnene Milch. Das Fett gestehet, wenn es erkaltet. S. Gerinnen.

Im Oberdeutschen bedeutet dieses Neutrum noch. 1) Einem gestehen, ihm stehen, ihm zu Dienste stehen. Seine Mannschaft ist ihm nicht gestanden, hat sich zu seinem Dienste nicht eingestellet. Einem auf den Degen gestehen. 2) Sich gestehen, sich unterstehen. Er gestehet sich nicht herein zu kommen. 3) Stehen bleiben, bestehen, so wohl eigentlich, als figürlich; in welcher Bedeutung gestan schon bey dem Notker vorkommt. Die Tiefe des Wassers gestehet oben, Hiob 38, 30. Ir muigent vor im wol gestan, der Burggr. von Rietenburg. Weltlich ere nit gestat, ebend. Dabey kann ich nicht gestehen, bestehen.

II. Als ein Activum. 1) Auf Befragen bejahen, doch nur von Fehlern, Versehen, oder Verbrechen. Seinen Irrthum, seinen Fehler gestehen. Der Dieb hat noch nichts gestanden. Der Beklagte gestand alles. Gestehe mir die Wahrheit. S. Eingestehen und Geständig. Zuweilen auch in weiterer Bedeutung, für einräumen, zugeben. Ich gestehe, daß ich dir Unrecht gethan habe. Ich hätte es vermeiden können, ich gestehe es. Ich gestehe ihm diese Schuld nicht, räume sie ihm nicht ein. S. Zugestehen und Geständig. Bey dem Notker gestan, im Niedersächs. bestaan. 2) * Gestatten, Freyheit geben oder lassen, etwas zu thun; eine nur im Oberdeutschen übliche Bedeutung. Das kann ich dir nicht gestehen. Es wird ihm aller Muthwillen gestanden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 636.
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