Gleißen (1)

[719] 1. Gleißen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und eigentlich mit glänzen einerley Bedeutet, aber doch nur von einem geringern und schwächern Grade des Glanzes gebraucht wird. Das Gold gleißet nicht, wenn man den Rost nicht abwischet, Bar. 6, 23. Es ist nicht alles Gold was gleißet. Iz ne ist niht alles golt thaz tha glizzet, Fragm de bello Caroli.


Isn sei auch alles golt niht

Das man doch gleisen siht,

Stryk.


Und wenn du dich gleich mit Laugen wüschest -so gleißet doch deine Untugend desto mehr vor mir, Jer. 2, 22; wo es in weiterer Bedeutung für sichtbar seyn stehet. Im Hochdeutschen ist es im gemeinen Sprachgebrauche veraltet, und kommt daselbst nur zuweilen noch bey den Dichtern vor.


Wenn er ein wenig Licht von oben her sieht gleißen,

Opitz.


Laßt ihr nur darum ewge Baue gleißen,

Um schnell dieselben wieder einzureißen?

Kleist.


Anm. Im Boxhorns Glossen clizzan, im Dän. glise. Im Oberdeutschen gehet es in einigen Gegenden irregulär; Imperf. ich glíß, Mittelw. geglissen, bey dem Opitz. Das Hautwort der Gleiß, oder die Gleiße, Glanz, bey dem Notker Glizeme, ist im Hochdeutschen völlig veraltet. Im gemeinen Leben gebraucht man für gleißen auch glitzen, glinzen, glitzern, Engl. to glister, glitter, Isländ. glitta, Schwed. glittra. S. Glänzen, Glas, Glatt, Glühen u.s.f.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 719.
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