Graben

[766] Graben, verb. irreg. act. ich grabe, du gräbst, er gräbt; Imperf. ich grub; Mittelw. gegraben; Imperat. grabe. 1. Mit einem härtern Werkzeuge Figuren in Metall, Stein u.s.f. durch Vertiefung bringen. 1) Eigentlich. Eine Schrift in einen Felsen, in Marmor graben. Eines Nahmen in Erz, in Metall graben, ein Wapen in Gold, ein Petschaft in Stein graben; wofür doch stechen üblicher ist, so daß graben in dieser ganzen Bedeutung in der höhern und dichterischen Schreibart noch am häufigsten gebraucht wird. Und sollt zween Onychsteine nehmen, und darauf graben die Nahmen der Kinder Israel, 2 Mos. 28, 9. Gott habe sie (die Gesetztafeln) selbst gemacht, und selber die Schrift darein gegraben, Kap. 32, 16. S. Grabstichel. 2) Figürlich. Die Empfindungen der Männer dringen langsamer ein und graben sich tiefer, Gell. 2. Besonders, auf ähnliche Art Höhlungen in die Erde machen; S. Grabscheit. Mit dem Finger, mit dem Grabscheite in die Erde graben. Tief in die Erde graben. Durch einen Berg graben. Nach Wasser graben. Ingleichen durch Graben hervor bringen. Eine Grube graben. Einem eine Stube graben, figürlich, ihm einen Unfall vorbereiten. Einen Brunnen, einen Keller, einen Canal graben. Einen[766] Grund graben, den Raum dazu in die Erde graben. Ingleichen figürlich, für ausgraben, durch Graben aus der Erde bringen. Kräuter, Wurzeln graben. Lehm, Torf, Steinkohlen u.s.f. graben. Schätze graben. Im gemeinen Leben auch mehrmahls für umgraben. Im Garten graben lassen, d.i. die Erde umgraben lassen, um sie zum Säen oder Pflanzen der Gewächse locker zu machen. Graben mag ich nicht, Luc. 16, 3. Das Hauptwort die Grabung ist nur in den Zusammensetzungen üblich.

Anm. Schon bey dem Ulphilas graban, bey dem Ottfried und Notker graben, im Nieders. graven, im Dän. grave, im Schwed. grafwa, im Wallis. crafa, alles in beyden Bedeutungen dieses Wortes, besonders in der ersten, in welcher auch das Franz. graver üblich ist. Da die älteste Art des Schreibens darin bestand, daß man die verlangten Züge in einen festen Körper grub, so bedeutet γραφειν im Griech. und to grave im Engl. auch schreiben, woraus durch Vorsetzung des Zischlautes das Lat. scribere und unser schreiben geworden. Graben selbst gehöret zu dem Geschlechte des Zeitwortes reiben, von welchem es durch die Vorsetzung des ge oder g gebildet worden. S. Grübeln, Grube und Gruft. Übrigens ist für graben in der zweyten Bedeutung im Nieders. auch gruppen, welches das Intensivum davon ist, ingleichen spitten und sloten üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 766-767.
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