Haßlich

[998] Háßlich, -er, -ste, adj. et adv. 1. Eigentlich, in einem hohen Grade ungestaltet, so daß dadurch Ekel, Schrecken und Abscheu erwecket wird, im Gegensatze des schön. Ein häßliches Gesicht. Häßlich ausehen. Häßliche Geberden machen. 2. In engerer Bedeutung, schmutzig, unrein, garstig; nur im gemeinen Leben. Sich die Hände häßlich machen. Wie ist das Gold so gar verdunkelt und das seine Gold so heßlich worden! Klagel. 4, 1. Häßliche Wäsche, häßliche Kleider, beschmutze. Häßliche Gassen, tothige. 3. Figürlich. 1) Im moralischen Verstande, schändlich, in einem hohen Grade lasterhaft. Ein häßlicher Mensch. Häßliche Reden führen. Ein häßliches Laster. 2) In weiterer Bedeutung wird es im gemeinen Leben häufig von einem hohen Grade einer jeden unangenehmen oder bösen Sache gebraucht. Einen häßlichen Fall thun, einen sehr gefährlichen. Es ist sehr häßliches, unangenehmes, unfreundliches, Wetter. Ein häßlicher Fehler, ein sehr grober, schimpflicher Fehler. Ein häßlicher Verweis, ein derber.

Anm. Bey dem Grafen Werner von Honberg, einem der Schwäbischen Dichter, hessuilich, von der Gestalt; im Dän. häslich, im Schwed. haesslig, haskelig und hiskelig. Man leitet dieses Wort gemeiniglich von Haß ab, und erkläret es durch, Haß erweckend, Haß verdienend; eine Ableitung, welche wahrscheinlich genug ist, zumahl da auch die Niedersachsen von Haar, Haß hätsch, hätsk, haben, solches aber nur noch für heftig, von der Kälte gebrauchen. Indessen verliert doch diese Ableitung viel ihrer Wahrscheinlichkeit, wenn man erwäget, daß häßlich in dieser Gestalt bey alten Schriftstellern sehr sparsam vorkommt, wohl aber bey dem Ottfried egislich, und bey spätern Oberdeutschen Schriftstellern aislich, welches eigentlich fürchterlich, schrecklich bedeutet, und wohin auch das heutige Nieders. aisk, eisch, häßlich, garstig, das alte Oberdeutsche und noch jetzige Nieders. aisen, fürchten, grauen, schaudern, das Angels. Oga, Ege, Egsa, Furcht, Entsetzen u.a.m. gehören. Der Hauch findet sich auch im Schwed. wo Haske, Isländ. Haski, Gefahr ist; ingleichen in den ältern Oberdeutschen Mundarten, wo hasen für schrecken, und erfahren für erschrecken vorkommt. Auf ähnliche Art scheint häßlich aus aislich entstanden zu seyn. Man mag nun eine Abstammung annehmen, welche[998] man will, so wird dieses Wort in allen Fällen richtiger mit einem ä als mit einem e geschrieben.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 998-999.
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