Heim, das

[1075] * Das Heim, des -es, plur. die -e, oder die Heime, plur. die -n, ein, wenigstens im Hochdeutschen, völlig veraltetes Hauptwort, welches nur um der folgenden Wörter willen zu merken ist. Es bedeutete, 1) einen Zaun; welche Bedeutung Schilter als die erste und ursprüngliche annimmt, und sich dabey auf den Kilian beruft, der es durch sepes, sepimentum, septum, und heimen durch sepire, obvallare, erkläret. In Oberschwaben ist heimen noch jetzt so viel als einzäunen und hägen. Indessen scheinet es in dieser Bedeutung zunächst zu Hain und mit[1075] demselben zu Hag zu gehören; ob es gleich nicht an Wortforschern fehlet, welche Heim und Hain für einerley Wort halten, wenigstens beyde aus Einer Quelle herleiten. 2) Ein umzäunter oder eingehägter Bezirk, ein in seinen Gränzen eingeschlossenes Gebieth, eine Flur, eine Mark, S. Heimbuch, Heimbürge, Heimfeld, Heimgereuth, Heimrath. 3) Ein Gezelt, eine Hütte, ein Wohnhaus mit seinem Zubehör; eine im Deutschen und allen verwandten Sprachen überaus alte Bedeutung. Schon im Salischen Gesetze kommt Cham in verschiedenen Zusammensetzungen, die ich im folgenden anführen werde, vor. Das Angels. Ham, das Nieders. Heime, das Schwed. Heim, das Engl. Home, und andere mehr haben eben diese Bedeutung. Frisch führet aus dem Tschudi die R.A. an, um Haus und Heim kommen, wofür man jetzt sagt, um Haus und Hof kommen. In vielen eigenthümlichen Nahmen der Örter kommt diese und die folgende Bedeutung noch jetzt vor. Das gräfliche Öttingische Bergschloß und heutige Oberamt Hohenhaus, wird in den mittlern Zeiten häufig Hürnheim, und in Lateinischen Urkunden Alta domus, Altum castrum genannt, hundert anderer Beyspiele zu geschweigen. In engerm Verstande bedeutet es ein eigenes Wohnhaus, in welcher Bedeutung auch Haus in den R.A. gebraucht wird, um Haus und Hof kommen, von Hause kommen, nach Hause gehen u.s.f. welche sich vorzüglich in dem folgenden Nebenworte erhalten hat. 4) Eine Sammlung mehrerer Häuser, ein Dorf, ein Flecken. Bey dem Ulphilas sind Bourgs und Haimos Städte und Flecken, im Griech. κωμαι. Bey dem Hesychius sind εἱμαδες Fischerwohnungen. Auch das Franz. Hameau, mittlere Lat. Hama und im Diminut. Hamelus, Hamelettum, und das Lettische Kaimo, Kiemas, ein Dorf, gehören hierher, anderer zu geschweigen. 5) In engerer Bedeutung, der Ort, wo jemand zu Hause ist, woher er gebürtig ist, und in weiterer Bedeutung, ein solches Land, das Vaterland; eine gleichfalls sehr alte Bedeutung, in welcher dieses Wort in dem Salischen Gesetze Cham, bey dem Ottfried Heime, Heiminge, im Nieders. Heime, bey den Schwäbischen Dichtern das Heim, lautet. In dem folgenden Nebenworte und in Heimath hat sich auch diese Bedeutung erhalten. In noch weiterm Verstande bezeichnete es im Schwedischen auch die Welt, und Heims Kringla den Weltkreis, das gemeinschaftliche Vaterland aller Menschen.

Anm. Das Wort ist zu alt, als daß man dessen Abstammung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit sollte bestimmen können. Die beste Ableitung ist noch die, die es von dem alten hemen, hemmen, bedecken, abstammen lässet, S. Hemd und Himmel, welche aus eben dieser Quelle herfließen; obgleich Ihre es umkehret, und hemmen, bedecken, von Hem und Heim ableitet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1075-1076.
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