Kreißen

[1771] Kreißen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, eigentlich, vor Schmerzen ächzen, wimmern, doch am häufigsten figürlich, in Geburtsschmerzen liegen oder begriffen seyn. Es ist im Oberdeutschen und in der dichterischen Schreibart der Hochdeutschen am üblichsten. Eine kreißende Frau, welche in Geburtsschmerzen liegt. Im Kreißen liegen.


Ihr Götter rettet, Menschen flieht!

Ein schwangrer Berg beginnt zu kreißen,

Haged.


Wie, wenn die Erde kreißt, zerberstet, Dampf

Und Flammen in Wirbeln sich gen Himmel drehn,

Weiße.


Anm. Es ist mit schreyen, kreischen und andern dieser Art genau verwandt, und druckt eine Art des Ächzens und Stöhnens sehr natürlich aus. In einem alten Vocabulario von 1482 heißt auchtzen, kreißen, trentschen, crisari. Ohne Gaumenlaut ist bey dem Ottfried und seinen Zeitgenossen riazen, riuzen und ruzen, wehklagen, weinen, jammern, ächzen. In einigen Gegenden wird kreißen irregulär abgewandelt; Imperf. ich kriß, Mittelw. gekrissen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1771.
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