Löwe, der

[2116] Der Löwe, des -n, plur. die -n, Fämin. die Löwinn, ein fünfzehiges, fleischfressendes Thier von gelbrother Farbe, mit einem fleischigen und fast viereckigen Kopfe, einem büscheligen aber ungetheilten Schwanze und einer lockigen Halsmähne. Er ist in den heißen Sandwüsten von Afrika zu Hause und wegen seiner Stärke, Tapferheit und Unerschrockenheit ein altes Sinnbild tapferer Helden und Krieger. Weil er alle Thiere überwältiget, aber nur von wenigen überwunden wird, so führet er schon von Alters her den Nahmen des Königes der Thiere. Figürlich ist auch eines der himmlischen Zeichen unter dem Nahmen des Löwen bekannt.

Anm. Im Isidor und noch bey verschiedenen Oberdeutschen Schriftstellern des 14ten und 15ten Jahrhundertes, wie z.B. im Theuerdanke Leo, bey dem Notker und Willeram Leuuo, bey dem Stryker Lebe, bey andern ältern Oberdeutschen Schriftstellern Leob, Löbe, Löb, im gemeinen Leben mancher Gegenden und selbst bey verschiedenen Schriftstellern Leue. So heißt es z.B. bey dem Opitz:


Als wie ein edler Leue

Sich mit gerechter Treue, u.s.f.


Im Nieders. Lauwe und im Diminut. Lauke, im Dän. Love, im Schwed. Lejou, im Angels. Leo, im Isländ. Leon, im Franz. und Engl. Liou, im Böhm. Lew, im Lat. Leo, im Griech. λιων, welches wiederum von dem Hebr. לביא abstammet. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß dieses Thier von seinem fürchterlichen Brüllen, welches Menschen und Thieren schrecklich ist, seinen Nahmen hat. Dieses Brüllen wird durch das noch im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens übliche leuen, Angels. hlewan, Engl. to low, Holländ. loeyen, in Boxhorns Glossen luan, sehr bestimmt nachgeahmet, wo es auch von dem Brüllen des Rindviehes vorkommt. Der Ochs fing an zu lüwen, im Buche der Weisheit der alten Weisen. Selbst Laur, Leben, Lob und andere mehr gehören zu dieser Verwandtschaft, ob sie gleich schwächere Arten des Schalles ausdrucken. Luen bedeutet bey dem Hornegk krachen. Im mittlern Lat. bedeutet Leo einen wilden Eber, welches Wort aber zunächst zu unserm Deutschen Lehne, ein wildes Schwein weiblichen Geschlechtes, gehöret, S. 2. Lehne. Wenn im Oberdeutschen eine von den Bergen herab rollende Masse Schnee zuweilen eine Löwinn genannt wird, so ist es alsdann aus Lawine oder Lauwine verderbt, S. das letztere.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 2116.
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