Lauf, der

[1931] Der Lauf, des -es, plur. die Läufe, von dem Zeitworte laufen. 1. Die Handlung, oder vielmehr der Zustand da ein Ding läuft; gemeiniglich, einige wenige Fälle ausgenommen, ohne Plural. 1) In eigentlicher und weiterer Bedeutung, der beschleunigte Gang eines Thieres, die schnelle Bewegung eines Körpers; wo es in den meisten Fällen üblich ist, in welchen das Zeitwort gebraucht wird. Einen Hasen im vollen Laufe schießen. Jemanden im vollen Laufe aufhalten. Stracks Laufs, für hurtig, auf der Stelle, Apostelg. 16, 11, Kap. 21, 1, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Schafe nach dem Laufe verkaufen, wie sie einzeln aus der Hürde heraus kommen, ohne[1931] sie auszusuchen. Den Lauf eines Flusses hemmen. Den Lauf der Sterne beobachten, ihre kreisförmige Bewegung. Sich auf den Himmelslauf verstehen, auf den Lauf der Himmelskörper. Der schnelle Lauf der Zeit. Ottfried gebraucht in dieser eigentlichern Bedeutung das Wort Louft auch im Plural: Folgeta in then louftin. 2) Figürlich. (a) * Die Begattung der Thiere und die Zeit, wenn sie sich zu begatten pflegen; eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutung, in welcher Luther dieses Wort einige Mahl gebraucht. Wenn der Lauf der Frühlingsherde war, 1 Mos. 30, 41. In der Spätlinge Lauf, V. 42. Wenn die Zeit des Laufs kam, Kap. 31, 10. (b) Der Fortgang einer Sache. Der Tod unterbrach den Lauf der Siege Alexanders, oder, unterbrach die Siege Alexanders in ihrem besten Laufe. Was seiner eingebildeten Glückseligkeit in ihrem Laufe entgegen stehet. Seiner Einbildungskraft freyen Lauf lassen. Der Gerechtigkeit ihren Lauf lassen. Ich will der Sache ihren Lauf lassen. Am Ende unsers Laufes, unsers Lebens. Der Lebenslauf, der Erfolg der Begebenheiten während des Lebens einer Person, und deren Erzählung; in welcher Bedeutung man auch wohl im Plural die Lebensläufe sagt. (c) In engerer Bedeutung, die in dem Wesen der Dinge gegründete Bestimmung ihrer Veränderungen. Der Lauf der Natur, der ganze Inbegriff der Veränderungsgesetze aller erschaffenen Dinge. Man bemerket, daß in dem gemeinen Laufe der Dinge einerley Erfolge oft wieder kommen. Der Lauf der Welt, oder der Welt Lauf, die Gewohnheit der Menschen in der Welt, ihre gewöhnliche Art zu denken und zu handeln. (d) In den Zusammensetzungen Zeitläufte, Kriegesläufte, ist noch das sonst veraltete Lauft, aber nur allein im Plural üblich. Kriegsläufte, Krieg und Kriegszeiten. Zeitläufte, die Zeiten in Ansehung der Veränderungen in denselben. Im Oberdeutschen ist es auch außer der Zusammensetzung üblich. Wegen damahliger trübseliger Läufte, Gryph. d.i. Zeitumstände. Nieders. Luften.

2. Das Werkzeug, vermittelst dessen ein Thier läuft; in welchem Verstande die Jäger die Beine aller vierfüßigen wilden Thiere Läufe und Läufte zu nennen pflegen. Der Hinterlauf oder Hinterlauft, der Vorderlauf oder Vorderlauft. Einem Hasen einen Lauf abschießen.

3. Dasjenige worauf ein Ding läuft, oder sich schnell bewegt, ingleichen der Raum, in welchem es läuft, in verschiedenen einzelnen Fällen. Der Lauf eines Flusses, dessen Bett oder Canal; besonders im Niederdeutschen. Ein von Bretern gemachter Gang für die Karrenschieber wird häufig ein Lauf genannt. Bey den Jägern ist der Lauf oder Laufplatz derjenige Platz, auf welchem das Wild bey dem Abjagen vorlaufen muß. In der Anatomie ist der Lauf eines von den sieben Beinen des Vorderfußes, welches sechs Seiten hat, und den Beinen des Schienbeines zur Grundlage dienet; Os balistae, Aitragalus. An einem Schießgewehre, besonders kleinerer Art, ist der Lauf die hohle Röhre, in welche man die Kugel hinein laufen lässet. An den Kanonen wird er die Seele genannt. Bey den Mörsern hingegen behält er den Nahmen des Laufes, wo er der Kammer und dem Stoße oder Boden entgegen gesetzet wird. Die Siebmacher pflegen den runden Reifen eines Siebes, welcher sonst die Trommel heißt, auch den Lauf zu nennen; und an den Mühlen ist der Lauf oder die Zarge die breterne Einfassung des untern Mühlsteines, gegen welche der Läufer oder der obere Mühlstein das gemahlne Getreide, so wie er es zermalmet hat, hinstößet.

Es stehet dahin, ob das Wort Lauf zu diesen letzten Fällen, wo es einen hohlen Raum bedeutet, nicht vielmehr zu einem andern Stamme gehöret, von welchem auch Laube, in der[1932] Bedeutung eines bedeckten Raumes, herkommt. Lop, Löp ist im Schwed. und Lof im Liefländischen ein Getreidemaß, welches dort den sechsten Theil einer Tonne hält. S. Lof.

Anm. Als das Abstractum von laufen, im Nieders. Loop, im Dän. Lop, und im Schwed. Lopp.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1931-1933.
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