Mannigfaltig

[61] Mannigfaltig, -er, -ste, adj. et adv. von manch, so fern es ehedem mannig, manig, lautete, und mehr, viel, bedeutete, und faltig. 1. * Eigentlich, mehrere oder viele Falten habend; eine veraltete Bedeutung, in welcher der dritte Magen der wiederkäuenden Thiere, und besonders des Rindviehes, im gemeinen Leben einiger Gegenden noch der Mannigfalt, oder das Tausendfach genannt wird, weil er aus vielen Falten bestehet, daher er auch der Blättermagen und im Nieders. der Salter heißt. 2. Figürlich. 1) * Was mehrmahls oder vielmahl ist und geschiehet, und in der adverbischen Gestalt oft, vielfältig; eine gleichfalls ungewöhnlich gewordene Bedeutung. 2) Mehrere oder viele Abänderungen habend, in der Mehrheit verschieden; am häufigsten als ein Beywort, mehrfach, vielfach. Die mannigfaltige Weisheit Gottes, Ephes. 3, 10, so fern sie sich auf mehrere verschiedene Arten offenbaret. Ein Mann von mannigfaltiger Gelehrsamkeit. Leite meinen Geist, o Tugend, durch die mannigfaltigen Scenen des Lebens. Schlanke Kräuter durchirren das Gras mit zarten Ästen und mannigfaltigem Laube, Geßn. Wie glänzt das mannigfaltige Grün von der Sonne beschienen! ebend. Da lächeln mannigfaltige Freuden um ihn her, ebend. Die Schönheit ist die Einheit in dem Mannigfaltigen, oder das Mannigfaltige auf Einheit zurück gebracht, Sulzer. Zuweilen obgleich seltener auch als ein Nebenwort. Wir fehlen alle mannichfaltig, Jac. 3, 2. Ehedem pflegte man auch das Beywort gern an das Ende der Rede zu setzen, und da lautete es verkürzt mannigfalt.


Lebt wohl mit euren tiefen Gründen

Und grünen Wiesen mannigfalt,

Opitz.


Abentheuer gegent in manchfaldt,

Theuerd.


Anm. Bey dem Ottfried managfalt, managfalto, in dem alten Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter menhualt, bey dem Willeram mannigslahtig, bey dem Ulphilas managfalth, im Nieders. manigvuldig, im Angels. maenigfeald, im Engl. manifold, im Dän. mangfoldig, im Schwed. mångfaldig und margfaldig, von marg, viel. Es ist nach dem Lat. multiplex gebildet, so daß manch, seiner Verwandtschaft mit Menge zu Folge, hier den hervor stechenden Begriff der Menge, der Vielheit hat, daher Ottfried es auch für viel gebraucht. In dem Preußischen Stadtrechte von 1251 stehet es für all: manicvalden cristes geloubigen, an allen gläubigen Christen; und gleich darauf: Wisse uver Manicvaldekeit. In dem Isidor kommt auch chimanacfaldit, als das Mittelwort des veralteten Zeitwortes mannigfaltigen, vor, wofür jetzt vervielfältigen üblich ist. Es ist unnöthig, dieses Wort nach der verkürzten Form manchfaltig[61] zu schreiben, zumahl da mannigfaltig die Aussprache und längere Gewohnheit für sich hat.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 61-62.
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