Michael

[198] Míchael, ein ursprünglich Hebräischer eigenthümlicher Nahme, welcher von מי, wer, כ, wie, und אל, Gott, abgeleitet, und durch wer ist wie Gott? erkläret wird, ob es gleich immer sehr wahrscheinlich ist, daß er mit dem folgenden michel, groß, Eines Geschlechtes ist. Die Hebräische Etymologie bedarf, so wie die Etymologie aller Sprachen, noch einer großen Aufräumung. Ein anderer Hebräischer weiblicher Nahme, Michal, welcher vermuthlich auch hierher gehöret, wird gemeiniglich von מים, Wasser, und כל, all, abgeleitet, und soll lauter Wasser bedeuten. Besonders ist in der christlichen Kirche der Erzengel Michael berühmt geworden, dessen Fest, welches das Michaelis-Fest, der Michaelis-Tag, im gemeinen Leben aber nur Michǟl heißt, im Herbste den 29sten Sept. gefeyert wird. Daher das Michaelis-Huhn, ein Zinshuhn, welches um die Zeit dieses Festes, oder im Herbste entrichtet werden muß; das Herbsthuhn. Durch den Nahmen des Erzengels ist dieses Wort auch ein männlicher Taufnahme geworden, welcher im gemeinen Leben nur Míchel lautet, Wend. Micha, aber auch in den niedrigen Sprecharten mit allerley Beysätzen, zuweilen im verächtlichen Verstande gebraucht wird. Ein dummer Michel, ein dummer Mensch. Ein grober Michel, ein grober Mensch. Ein Deutscher Michel, welcher nur allein seine Muttersprache verstehet, da er auch andere Sprachen verstehen sollte, oder welcher in andern Sprachen fehlerhafte Germanismen macht. Welches Schicksal dieser Nahme mit Hans, Matz, Drews und so vielen andern gemein hat, daher man nicht nöthig hat, mit G. Zennern den bekannten protestantischen General im dreyßigjährigen Kriege, Hans, Michael Obentraut, mit in das Spiel zu[198] mengen, oder Michel hier für das folgende Wort zu halten, weil die alten Deutschen große starke Leute gewesen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 198-199.
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