Pflücken

[746] Pflücken, verb. reg. act. 1) Mit den Spitzen der zwey vordern Finger ausziehen, wo man es besonders im Oberdeutschen, und nicht selten auch im Hochdeutschen, für rupfen gebraucht. Vögel pflücken, sie rupfen, ihnen die Federn ausziehen. Gepflückte Vögel, gerupfte. Hühner, Gänse pflücken. Wir haben noch ein Hühnchen mit einander zu pflücken, figürlich, wir haben noch eine unangenehme Sache mit einander auszumachen. Nach einer noch weitern Figur wird man im gemeinen Leben gepflückt, wenn man nach und nach von dem andern seines Vermögens beraubt wird, wofür das Zeitwort rupfen noch üblicher ist. 2) Mit den Spitzen der zwey vordern Finger auslesen, klauben; wo es besonders im Oberdeutschen üblich ist. Die Wolle, den Salat, die Petersilie pflücken, lesen, klauben, das Unreine mit den Fingerspitzen wegnehmen. 3) Mit den Spitzen der zwey vordern Finger abbrechen. Brot in die Milch pflücken, in den Küchen. Gepflückte Semmeln. Ein gepflückter Hecht, in den Küchen, ein in kleine Bissen gebrochener gesottener und von den Gräten befreyeter Hecht, welcher in einer Schüssel mit Kapern, Citronen u.s.f. gedämpfet wird. Besonders in den R.A. Hopfen pflücken, Nüsse pflücken, Erdbeeren pflücken u.s.f. sie mit den vordern Fingern abreißen. In weiterer Bedeutung gebraucht man es auch, doch nur in einigen Fällen, für abbrechen, besonders von den Blumen und dem Obste. Eine Blume pflücken. Blumen pflücken. Obst pflücken. Äpfel, Birnen, Kirschen pflücken u.s.f. S. auch Abpflücken. So auch das Pflücken.

Anm. In Nieders. plücken, im Angels. pluccian, im Engl. to pluck, im Ital. von Vögeln pelare, und von Weintrauben piluccare, im Schwed. plocka. Es ist sehr wahrscheinlich, daß es vermittelst des starken Blaselautes von dem noch im Nieders. üblichen luken, ziehen, zupfen, Angels. lukan, Schwed. luka, gebildet ist. Im Schwed. ist auch flåcka, im Isländ. fleika, theilen, zerreißen, welches zunächst zu unserm Fleck, ein Stück, ein Theil, zu gehören scheinet, zu welchem auch pflücken gerechnet werden kann. S. auch 2 Pflug.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 746.
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