Quer

[892] Quêr, adj. et adv. welches doch in Gestalt eines Nebenwortes am üblichsten ist. Es bedeutet, 1. eigentlich, der Richtung in der Breite nach, nach einer Linie oder Richtung, welche mit einer andern für die Länge angenommenen Richtung oder Linie einen rechten Winkel macht. Einer queren Hand breit, so breit, als die Hand der Breite nach beträgt. Eines queren Fingers breit. Leisten einer queren Hand breit, Ezech. 40, 43. Außer diesen und vielleicht einigen wenigen andern Fällen ist es in der Gestalt eines Beywortes im Hochdeutschen veraltet, indem für quere Linie, queres Holz u.s.f. die Zusammensetzungen Querlinie, Querholz u.s.f. gebraucht werden. Es ist daher in Gestalt eines Nebenwortes am üblichsten, die Länge nach einem rechten, oder ungefähr rechten Winkel durchschneidend. Quer über den Weg gehen. Quer über das Feld reiten. Ein Holz quer auf das andere befestigen. Eine Linie quer über die andere ziehen. Quer durch den Fluß waten. Mit dem Balken quer durch die Thür, quer in das Haus wollen. Quer Feld ein kommen, (nicht, wie einige zu schreiben pflegen, querfeld ein. Du kommst mir querfeld ein, Rost, indem das Querfeld ganz anders bedeuten würde,) quer über das Feld kommen; ingleichen figürlich, etwas nicht zur Sache gehöriges vorbringen, etwas verkehrt vortragen. Für das Oberdeutsche überquer, ist im Hochdeutschen überzwerch üblich, S. Zwerch. 2. * Figürlich, wo es ehedem in mehrern [892]

uneigentlichen Bedeutungen üblich war, welche aber im Hochdeutschen veraltet sind. 1) Verkehrt. So siht mans in der werlte twerhes stende, Reinmar der Alte. Im Angels. ist thweor, thwyr, im Engl. thwart, und im Nieders. dwars, dwas, gleichfalls verkehrt, widersinnig. 2) Erzürnet, böse; schon bey dem Ulphilas hvairhs, im Schwed. tvär. So wirde ich mit twerhen ougen schilhend angesehen, Hermann von der Vogelweide.

Anm. Auch dieses Wort ist so wie Quehle ein merkwürdiger Beweis von dem Übergange der Consonanten in einander. Die Niederdeutschen sagen zwar auch quer, wie die Hochdeutschen, doch ist bey ihnen dweer, dwars und dwas üblicher. Im Oberd. lautet dieses Wort mit angehängtem Hauchlaute querich, noch häufiger aber zwerch, welches in einigen Fällen auch im Hochdeutschen gangbar ist, bey den Schwäbischen Dichtern twerh, bey dem Ulphilas thvairh, im Angels. thweor, thwyr, im Schwed. tvär, im Engl. queer und thwart, im Isländ. tuer. Wachter leitet es von dem Celtischen gwyr, krumm, Lat. curvus, her, und erkläret es überhaupt, von der geraden Linie abweichend. Es kann seyn, daß es mit diesem Worte verwandt ist, allein alsdann stammet es mit demselben von einem ältern gemeinschaftlichen Stamme her, welcher das alte queren, drehen, (S. Quern, eine Handmühle,) ist, von welchem vertere, verrere, varus für transversum, und vara, ein Querholz, werren, wirren, nur durch den weggelassenen Gaumenlaut, kehren aber durch den unterdrückten Blaselaut, unterschieden sind. S. Querlen. Daher kommt es denn auch, daß im Nieders. Dwerlicht ein Irrlicht bedeutet, und es stehet dahin, ob nicht irren und errare selbst hierher gehören. Wenigstens muß man das bey den Tischlern und Holzarbeitern noch übrige überhöre, oder vielmehr über höre, hierher ziehen, indem es gleichfalls in die Quere, oder überquer, überzwerch, bedeutet. Das Holz überhöre arbeiten, in die Quere, nicht nach den Faden des Holzes. s. Quere, Quieren und Zwerch. In einigen der folgenden Zusammensetzungen scheinet quer, Nieders. dwer, aus zwey, zwier, Nieders. twe, entstanden zu seyn. S. Queraxt, Quernacht und Quersack.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 892-893.
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