Redlich

[1015] Rêdlich, -er, -ste, adj. et adv. welches nach Maßgebung des größten Theils veralteten Red, Rede, ehedem in verschiedenen Bedeutungen üblich war, und es zum Theil noch ist.

1. * Von dem veralteten Rede, Vernunft, eine figürliche Bedeutung unsers heutigen Rede, war redlich ehedem vernünftig. In diesem Verstande kommt so wohl redelicho als redihaft bey dem Ottfried und Notker vor, und das Holländische redenlik, redelik, und Nieders. redelik hat noch eben die Bedeutung, und ist dem redelos, unvernünftig, entgegen gesetzet. Da denn auch Redelichkeit, Redlichkeit, die Vernunft ist. Im Hochdeutschen ist diese Bedeutung veraltet.

2. * Von dem veralteten Red, Rath, ist redlic im Angelsächsischen, mit Rath, mit Bedacht, mit Überlegung, behuthsam, im Gegensatze des redeleas, redelos, unbesonnen. Auch diese Bedeutung kennen wir nicht mehr.

3. * Eine andere veraltete Bedeutung kommt bey dem Kero vor, der redalihho für strenue gebraucht, wo es zu Rad, reiten, in der weitesten Bedeutung einer schnellen raschen Bewegung, zu gehören scheinet. S. Bereit.

4. Von dem veralteten Red, Schwed. Rätt, welches ehedem für Recht üblich war, (S. die Anmerkung zu diesem Worte,) kommt es außer einigen gleichfalls veralteten Bedeutungen noch in verschiedenen Fällen vor.

1) Von Red, Recht, so fern es ein Gesetz und den Inbegriff mehrerer Gesetze bezeichnet. (a) * Rechtmäßig; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Redliche Kinder, eine redliche Ehe, redliche Nachkommen u.s.f. für rechtmäßige, in den Schriften der vorigen Jahrhunderte. (b) In engerer und figürlicher Bedeutung ist es noch im Oberdeutschen für das Hochdeutsche ehrlich üblich, doch nur so fern es den angenommenen Begriffen der äußern Ehre gemäß bedeutet. Die Abdecker und Henker sind nicht redlich, d.i. nicht ehrlich. Sich redlich nähren, Ps. 37, 3. Ich will nicht redlich seyn, nicht ehrlich. (c) Erlaubt, durch kein Gesetz verbothen, rechtmäßig; noch in einigen Fällen des gemeinen Lebens. Sich redlich nähren, auf eine erlaubte Art. Es gehet hier nicht redlich zu, nicht rechtmäßig.

2) Von Recht und folglich auch dem veralteten Red, Übereinstimmung mit der Pflicht, Absicht und dem Endzwecke, ist redlich noch jetzt, besonders in der vertraulichen Sprechart, so wie rechtschaffen, seiner Pflicht, seiner Absicht, seinem Endzwecke vollkommen gemäß. Er hat das seinige redlich gethan. Seine[1015] Mutter war eine redliche Gehülfinn ihres Mannes. Sich redlich wehren. Ein redlicher Mann. Ein redliches Gemüth. Redlich mit jemanden umgehen. Dein Verfahren gegen mich ist nicht redlich. Es gehet hier nicht redlich zu. Ein redlicher Freund. Mit redlichen Leuten ist gut handeln. Alles was die Kunst aus den großen, hervor ragenden, stieren, starren Augen der Gräfinn Gutes machen kann, das haben sie redlich daraus gemacht. – – Redlich, sag' ich? – – – Nicht so redlich, wäre redlicher, Less. in der Emil. Galotti; wo es so viel sagen will, sie haben zwar alle Kräfte daran gewandt, alles daraus zu machen, sie haben ihr aber auch dabey geschmeichelt, die Wahrheit überschritten. Ingleichen dem Versprechen, der Zusage gemäß, wo es auch von Rede abstammen kann, seiner Rede gemäß. Jemanden redlich bezahlen. Er hat sein Wort redlich gehalten.

3) In engerer Bedeutung, geneigt und Fertigkeit besitzend, das was recht und billig ist, darum zu thun, weil es recht und billig ist, für rechtschaffen; eine im Hochdeutschen größten Theils veraltete Bedeutung, in welcher es im engern und theologischen Verstande noch mehrmahls in der Deutschen Bibel vorkommt. Wer redlich ist, und auf die Götter traut, der wandelt nicht auf triegendem Sumpf, Geßn.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1015-1016.
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