Rotte, die

[1180] Die Rotte, plur. die -n, mehrere bey einander befindliche lebendige Dinge Einer Art. 1) Eigentlich, wo es ehedem in allen Fällen von mehrern bey einander befindlichen Thieren Einer Art, oder auch von mehrern in einer und eben derselben Absicht versammelten Personen gebraucht wurde, jetzt aber nur noch in einigen einzelnen Fällen üblich ist. Die Jäger nennen mehrere bey einander befindliche Wölfe eine Rotte Wölfe; von andern Thieren ist bey ihnen das verwandte Rudel üblich. Bey den Fleischern einiger Gegenden bestehet eine Rotte aus einem Paare, oder zwey zum Schlachten bestimmten Thieren verschiedener Art, d.i. aus einem Rinde und einem Schafe. Besonders war es ehedem im Kriegswesen üblich, einen Haufen unter einem gemeinschaftlichen Befehlshaber stehender Soldaten zu bezeichnen, wo die Rotte keine gewisse Zahl hatte, sondern aus 6 bis 100 Mann bestand, am häufigsten aber nur von kleinern Haufen gebraucht wurde; der Vorgesetzte einer solchen Rotte hieß der Rottmeister, und die einzelnen Personen dieses Haufens gegen einander hießen Rottgesellen. Frisch führet folgende Stelle aus dem Fronsberg an: »Es[1180] wurden zehen Hakenschützen und einfache Knechte in Eine Rotte gestellt, desgleichen auch sechs Doppelsöldner in Eine Rotte, dieselben sechs oder zehen wählten sich einen Rottmeister aus ihrer Zahl, der empfieng ihre Balleten, ihren Proviant, und führte sie, wohin er sollte, seine Rotte hießen auch seine Rottgesellen.« Noch jetzt ist es in dieser Bedeutung nicht ganz veraltet, indem die Compagnien in einigen Gegenden noch in Rotten abgetheilet werden, und rottenweise marschiren, obgleich in den meisten dafür das Französische Division üblicher ist. Die streifenden Rotten erschraken, 1 Sam. 14, 15. In den Niedersächsischen Städten werden die Bürger-Compagnien noch in Rotten abgetheilet, und da ist eine Rotte so viel wie eine Corporalschaft, und der Rottmeister so viel wie ein Corporal. Im Pohln. ist Rota und im Schwed. Rote noch in eben diesem Verstande üblich. Im engern Verstande begreift eine Rotte so viel Mann, als hinter einander gestellt werden, so wie die neben einander gestellten ein Glied heißen. So viel Mann jedes Glied hat, so viel Rotten hat der Zug. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung gebraucht man dieses Wort nur im härtesten und verächtlichsten Verstande, von Personen, welche sich zu einer lasterhaften oder schädlichen Absicht versammelt, und in weiterer Bedeutung vereiniget haben. Korah und seine Rotte, 4 Mos. 16, 5. Die Rotte der Philister, 1 Sam. 23, 13. Der Gottlosen Rotte beraubet mich, Ps. 119, 61. Eine Rotte Diebe, Straßenräuber, Bettler; die Diebesrotte, Mörderrotte, Räuberrotte. Cartouche und seine ganze Rotte. Ingleichen von Secten, Parteyen, Spaltungen, doch immer in diesem harten und verächtlichen Verstande. Denn es müssen Rotten unter euch seyn, 1 Cor. 11, 19. Zank, Zwietracht, Rotten, Haß, Mord, Gal. 5, 20. Die halsstarrigen Juden machten eine Rotte und richteten einen Aufruhr an, Apost. 17, 5.

Anm. Bey dem Hornegk im männlichen Geschlechte, der Rott, im Nieders. Rot, Rott, Angels. Ryd, Cread, Cruth, im Schwed. Rote, im Engl. Rout, im Finnländ. Routu, im Ungar. und Böhm. Rota, im Ital. im verächtlichen Verstande Frotta, im Wallis. Rhawd, im Irländ. Ruta, im Arab. Rotuow, Rataon und Rottaon, alle in der Bedeutung einer größern oder geringern Menge bey einander befindlichen Volkes. In der Schweiz ist die Roode ein abgetheilter Haufe der Einwohner eines Cantons, ein einzelner Bezirk, und das auch im Hochdeutschen übliche Rudel bedeutet gleichfalls eine Menge mehrerer Dinge Einer Art. S. das folgende.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1180-1181.
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