Rund

[1212] Rund, -er, -este, adj. et adv. welches dem, was eckig ist, entgegen gesetzet wird. Im schärfsten Verstande ist eine Fläche rund, wenn alle Puncte der Oberfläche gleich weit von dem Mittelpuncte abstehen, und da findet freylich keine Comparation Statt. Allein im gemeinen Leben ist auch ein Körper schon rund, wenn er sich dieser mathematischen Ründe nur nähert, da denn allerdings Grade möglich sind. Das bey diesem Bey- oder Nebenworte befindliche Hauptwort muß es allemahl bestimmen, in wie fern ein Körper rund ist, oder welche Fläche an demselben rund ist. Eine runde Kugel, eine runde Walze, eine runde Scheibe u.s.f. sind alle rund, aber in verschiedenen Verhältnissen. 1. Eigentlich. Ein runder Tisch. Ein runder Thurm. Die Dose ist rund. Kugelrund, zirkelrund, eyrund, halb rund u.s.f. Etwas rund machen, es ründen. Das Nebenwort rund wird auch so wohl für sich allein, noch häufiger aber mit den Partikeln um und herum gebraucht, eine kreisförmige Bewegung zu bezeichnen, für rings. Die Haare rund abschneiden, noch häufiger, rund herum, oder rund um den Kopf. Um das Haus rund herum gehen, rund um das Haus gehen. Er kommt, das Haupt mit Strahlen rund umwunden, Raml. Das Rund, als ein Hauptwort, ein runder Körper, ist nur bey den Dichtern üblich, und leidet auch alsdann weder die Declination, noch den Plural. Das große Rund der Erden, Opitz. Daß einer über uns dieß große Rund verwalte, ebend. 2. Figürlich. 1) Fett, fleischig, weil dergleichen Körper und ihre Theile sich der runden Gestalt mehr nähern, als magere. Ein junges Mädchen,


Das sich von fetter Milch die Backen rund gegessen,

Rost.


2) Aufrichtig, gerade heraus, ohne Umschweife und Rückhalt. Etwas rund heraus sagen, aufrichtig, ohne Umschweife. Mit einer Sache rund heraus gehen. Als ein Beywort gebraucht man es hier im Hochdeutschen nicht gern, ob es gleich in andern Mundarten üblich ist. Die runde Wahrheit sagen, die reine. Ein rundes Bekenntniß, ein wahres, aufrichtiges. Das Schwedische rund hat eben diese Bedeutung, so wie das Franz. rondement, weil die runde Figur, wie Cicero sagt, nil habet inclusum angulis, nil anfractibus. Im Nieders. ist rundburstig freymüthig, der alles rund von der Brust wegsagt. 3) Eine runde Zahl, nach dem Lat. numerus rotundus, eine aus lauter Zehnern, Hundertern oder Tausendern bestehende Zahl, anstatt einer aus Einern bestehenden. Z.B. 100, anstatt der Zahl 99, 98 u.s.f. 4) Das ist mir zu rund, ist über meinen Begriff.

Anm. 1) Der Comparativ und Superlativ lauten im gemeinen Leben häufig ründer und ründeste, allein in der edlern Sprechart bleibt der Vocal lieber unverändert. Rund ist dem entgegen gesetzt, was merklich eckig ist, so wie krumm dem, was gerade ist. 2) Im Schwed. und Nieders. gleichfalls rund, im Engl. round, im Franz. rond, im Wallis. mit vorgesetztem Gaumenlaute crwnn. Es stammet, so wie Ring, von rennen, rinnen, ab, und bezeichnet zunächst die schnelle Bewegung eines runden Körpers um seine Achse. Mit vorgesetztem t ist davon im Nieders. tründeln, rollen, wälzen. Das Lat. rotundus gehöret zunächst zu unserm Rad, wie teres zu drehen. Unsere ältesten Oberdeutschen Schriftsteller kennen dieses Wort nicht, sondern gebrauchen dafür sinwell, Angels. sinevealt, Schwed. sinwalf, dessen letzte Hälfte zu Welle, wälzen gehöret.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1212.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: