Schacht, der

[1316] Der Schacht, des -es, plur. die Schächte, ein Wort, welches besonders in einer dreyfachen Hauptbedeutung gebraucht wird, welche dem Ansehen nach sehr verschieden sind, aber doch darin überein kommen, daß sie insgesammt ausgedehnte Räume oder ausgedehnte Körper bedeuten.

1. Einen bloß in die Länge ausgedehnten Körper. In diesem Verstande ist im Nieders. Schacht und Schecht eine hölzerne Stange, Hopfenschächte Hopfenstangen u.s.f. Auch der Schaft an einem Spieße heißt im Nieders. und Holländ. Schacht und Schicht. Wir gebrauchen dafür in vielen Fällen Schaft, welches auf eben die Art von schaffen abstammet, wie Schacht von schachen.

2. Eine in die Länge und Breite ausgedehnte Fläche. 1) Überhaupt; in welchem Verstande es besonders im Forstwesen für Gegend üblich ist. Dieß ist ein schöner Schacht Holz, eine schöne mit Holz bestandene Gegend, ein schönes Holz. Feldschächte sind daselbst die Feldhölzer, oder kleinen auf dem Felde mit Holz bewachsenen Gegenden. 2) In engerer Bedeutung. (a) Ein Körper, welcher beynahe so lang als breit, aber nach dem Verhältniß der Länge und Breite sehr dünn ist, S. Schicht. In diesem Verstande ist es in der Feldmeßkunst u.s.f. eine körperliche Größe, woran die Breite und Länge einander gleich ist, die Dicke aber nur den zehnten Theil der Länge beträgt. Ein Schacht oder Schiffschuh ist ein Körper, der z.B. eine Ruthe lang und breit und einen Fuß dick ist, welcher denn zur nähern Bestimmung ein Ruthenschacht genannt wird. Ein Schuhschacht ist ein Körper, der einen Schuh lang und breit, aber nur einen Zoll dick ist. So auch Zollschacht, Linienschacht u.s.f. Daher das Schachtmaß, die Art und Weise, die Körper auf diese Art zu messen, die Schachtruthe, eine solche Ruthe, der Schachtschuh oder Schachtfuß, der Schachtzoll, die Schachtlinie u.s.f. (b) Ein jedes Quadrat, d.i. ein gleichseitiges Viereck, ohne den Nebenbegriff der Dicke. In dieser Bedeutung lautet es in einigen Gegenden auch Schach, Ital. Scacco; daher einige den Nahmen des Schachspieles daher leiten wollen, weil es auf einer in solche Schache oder Schächte getheilten Fläche gespielet wird.

3. Ein in die Tiefe ausgedehnter Raum; in welchem Verstande es ehedem eine jede Grube bedeutete. Hornegk gebraucht es noch für eine Grube oder einen Graben, im mittlern Lat. Schachta; in Golii Oaomast. heißt ein Abtritt der Schacht. In der Hochdeutschen Mundart kommt es wenig mehr vor, doch haben die Bergleute es noch aufbehalten, bey welchen es in einem doppelten Verstande üblich ist. 1) Der oberste Theil der viereckten Höhlung eines hohen Ofens, durch welchen die Kohlen und Eisensteine eingestürzet werden, heißt der Schacht, im Gegensatze des Herdes. 2) Ein von der Dammerde gerade in die Tiefe gemachtes Loch, wodurch man in die Erzgruben aus- und einfähret, Erz, Berge und Wasser hinauf schaffet u.s.f. Gemeiniglich gehen die Schächte senkrecht, aber nach Beschaffenheit der Umstände werden sie auch nach einer schiefen Richtung geführet. Am häufigsten sind sie viereckt, obgleich auch dieß nicht wesentlich ist. Nach Maßgebung ihres Endzweckes bekommen sie verschiedene Nahmen; daher hat man Fahrschächte, Förderschächte, Kunstschächte u.s.f. Einen Schacht abteufen oder absinken, ihn graben, verfertigen; ihn austonnen, mit Bretern ausschlagen; ihn auswechseln, mit[1316] frischem Holze anstatt des faulen auszimmern u.s.f. Der Plural lautet im Hochdeutschen beständig Schächte, im Oberdeutschen aber auch Schachte.


Du hast

Der Schachten Erz aus Sand geschmelzt,

Hall.


Anm. In dieser letzten Bedeutung im Schwed. Skackt, im Böhm. Ssachta, im mittlern Lat. Xafetus, nach einer gewöhnlichen Verwechselung der Hauch- und Blaselaute, daher auch im Griech. σκαπθειν graben ist. Schacht stammet von schachten, oder vermittelst des intensiven t unmittelbar von dem veralteten schachen, her, welches eine schnelle Bewegung überhaupt, und eine Bewegung nach verschiedenen Arten von Richtungen besonders bedeutet. Im Nieders. ist schachten schnell hin und her laufen. Zu der zweyten Bedeutung der Tiefe, der Höhlung, gehöret auch unser Schachtel. S. dasselbe, ingleichen Schächer.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1316-1317.
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